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23.15 Uhr – das neue Zuhause der Serials?

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Serien mit fortlaufender Geschichte tun sich schwer in Deutschland. Der Marktführer der Zielgruppe, RTL, hat jetzt gezeigt, wie man mit cleverer Programmierung auch solche Formate zu einem Erfolg machen kann.



In den USA waren Serials lange Zeit ein echter Renner. Serials sind Serien mit einer On-Going-Story. Einem Thema, das sich über ganze Staffeln zieht – die einzelnen Episoden werden nach 42 Minuten also nicht wie bei «CSI» oder «Law & Order» abgeschlossen. Weil die Amerikaner diese Formate so sehr liebten, setzten die Macher in den vergangenen Jahren auf diesen Trend. Doch in Amerika neigt sich dieser langsam dem Ende zu. In der neuen TV-Saison überwiegen wieder Serien mit abgeschlossenen Episoden. Grund hierfür: Rückläufige Quoten bei Vorzeige-Serials wie «24», «Lost» und «Desperate Housewives». Neue Formate dieses Genres überlebten im Jahr 2006 oftmals nur kurz: «The Nine» hielt etwa einen Monat durch, «Kidnapped» flog nach drei Wochen aus dem NBC-Programm.



In Deutschland taten sich Serie dieser Art von Anfang an schwer. Bestes Beispiel hierfür ist die qualitativ sehr hochwertige Serie «24», die nicht für den deutschen Fernsehmarkt geeignet scheint. Die DVD-Verkäufe der Serie mit Kiefer Sutherland laufen in Deutschland hervorragend, RTL II kann allerdings kaum mehr als eine Million Menschen mit der Echtzeitserie begeistern. Warum? Unterhält man sich mit Otto-Normal-Zuschauern, bringen diese oftmals das Argument, sich nicht wochenlang festlegen zu wollen, zu einem bestimmten Zeitpunkt vor dem Fernseher zu sitzen. Was ist, wenn ich da irgendwo eingeladen bin? Verpassen darf man kaum eine Episode der komplexen Serie, das wissen die Zuseher. Und so machen sie es sich lieber mit einer DVD der Serie gemütlich – zumal sie dann auch das Tempo bestimmen können.



Für die Fernsehmacher macht dies die Programmierung ungleich schwerer. In den vergangenen Monaten hat sich aber ein deutlicher Trend herausgestellt. Je später die Serials anfangen, desto erfolgreicher schneiden sie ab. Und offenbar ist es nicht einmal zwingend so, dass Zuseher verloren gehen. Der Marktführer der jungen Zielgruppe, RTL, hat dabei offenbar alles richtig gemacht. Die US-Serie «Prison Break» (Foto) wurde ursprünglich in Doppelfolgen (ab 22.15 Uhr) programmiert. Da die erste Folge zu früherer Stunde jeweils klar unterhalb des Senderschnitts lag, nahm man diese aus dem Programm.






Wie die Quoten zeigen, war dies das Beste, was dem Sender hatte passieren können. Zum einen fiel so der schwache Start weg und zum anderen hilft nun der Ersatz, «CSI», der Serie weiterhin auf die Sprünge. Dank des starken Lead-Ins und der Tatsache, dass «Prison Break» eine treue Fangemeinde vorweisen kann, blieben die Zuschauerzahlen konstant. Auch um 23.15 Uhr verfolgen rund 1,80 bis 1,90 Millionen Bundesbürger die Geschichten um Michael Scofield und Lincoln Burrows. Mit über 19 Prozent Marktanteil lief es für die beiden Einzelepisoden hervorragend. RTL entschied, die zweite Staffel der Serie direkt im Anschluss zu senden.



Ein Trend, der Mode machen könnte. Im Winter setzte RTL II bei «24» auf drei Folgen an einem Abend. Lag die erste – um 21.10 Uhr – gezeigte Episode bei schwachen viereinhalb Prozent Marktanteil in der Zielgruppe, durchbrach die Folge, die ab 23.00 Uhr lief, an fünf von acht Ausstrahlungstagen die Acht-Prozent-Marke. Geringere Reichweiten waren aber nicht wirklich festzustellen. Insgesamt kam Staffel fünf der Echtzeitserie auf durchschnittlich 0,96 Millionen Zuschauer ab drei Jahren. Die vierte Staffel, die man zunächst von 20.15 bis 22.00 Uhr (am Ende bis 23.00 Uhr) zeigte, holte dagegen nur 0,93 Millionen Menschen vor die Bildschirme.



Und auch dem US-Hit «Lost» droht bei ProSieben ein „unprominenter“ Sendeplatz. Vermutlich wird es wohl nicht 23.15 Uhr – Stefan Raab belegt diesen Slot seit Jahren – aber 22.15 Uhr erscheint realistisch. Bereits die letzten Episoden der zweiten Season mussten auf diesen Sendeplatz ausweichen – auch wenn hier wohl nicht nur die zuvor schwächeren Quoten schuld waren. Drei der fünf nach 22.00 Uhr gezeigten Episoden holten mehr als zehn Prozent Marktanteil.



Und dann gibt es noch Ausnahmen, wie von vielen Dingen im Leben: So schlagen sich die «Desperate Housewives» sehr ordentlich im Programm von ProSieben. Es wird spannend zu sehen, wie sie auf ihrem neuen Sendeplatz zu Recht kommen. Auch «Grey’s Anatomy» liefert eine gute – wenn nicht gar herausragende - Leistung ab.



Für die Fans von Serials ist die Lösung, die RTL gefunden hat, möglicherweise die Optimale. Zu später Stunde unter der Woche sind die meisten Werberelevanten ohnehin zu Hause. Die TV-Ausstrahlung wird so nicht zu einem Pflichttermin, sondern zu einem allwöchentlichem Genuss, der den Abschluss eines Tages darstellt.

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