Langsam, aber sicher müssen die Öffentlich-Rechtlichen um die jungen Zuschauer fürchten. Im Mai 2007 schnitt beispielsweise das ZDF mit einem Marktanteil von 5,7 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen so schlecht ab wie noch nie. Zwar sah es zuletzt wieder ein wenig besser aus, doch Grund zur Besorgnis besteht nach wie vor. Und so verwundert es nicht, dass der Mainzer Sender sein Programm für die Jüngeren attraktiver machen möchte.
Für viel Zündstoff sorgte in den vergangenen Wochen die Ankündigung, die bisher donnerstags ausgestrahlten Volksmusik-Shows aus dem Programm zu nehmen. Für Reihe wie «Zauberwelt der Berge», «Das Sommerhitfestival» oder «Lustige Musikanten» ist fortan kein Platz mehr. Die Angst vor einem „Generationenabriss“, wie es ZDF-Intendant Markus Schächter nennt, ist wohl zu groß geworden. Kritik hagelte es für die Entscheidung zuhauf, Schlager-Urgestein Heino forderte sogar die Zuschauer auf, einen „Volksmusik-Euro“ bei der GEZ-Zahlung einzubehalten.
Von Diskriminierung kann jedoch keine Rede sein, wie auch ZDF-Unterhaltungschef Manfred Teubner vor kurzem gegenüber der „Hörzu“ betonte. „Wir zeigen weiter Volksmusik, aber konzentrieren uns auf große Shows am Wochenende. Es gibt eine Akzentverschiebung, aber keine Diskriminierung.“ Ohnehin wolle man künftig mehr auf „Einzelereignisse“ setzen. Teubner: „Wir denken an Personality-Shows, Quiz, Casting, Wettbewerbe mit Gewinnchancen.“
Einen Vorgeschmack gab es zuletzt offenbar mit der neuen Abend-Show «Wie schlau ist Deutschland?», in der Johannes B. Kerner schon zwei Mal das Wissen der Deutschen testete. Ab dem kommenden Jahr wird die Sendung aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr donnerstags, sondern bereits am Mittwochabend ausgestrahlt. Die bislang mittwochs gezeigten Serien und das Magazin «zdf.reporter» nehmen im Gegenzug den Donnerstag für sich in Anspruch. Doch der Mittwochabend soll nicht ausschließlich mit Shows bestückt werden – auch eine auf 90 Minuten verlängerte Ausgabe von «Aktenzeichen XY… ungelöst» und „frauenaffine“ Spielfilme finden dort schon bald ihren Platz.
Das bereitet besonders den Kollegen der ARD Sorgen, setzt man dort doch schon seit Jahren auf eigenproduzierte Spielfilme. „Ich finde das Vorgehen des ZDF alles andere als witzig“, zeigte sich WDR-Fernsehdirektorin Verena Kulenkampff vor einigen Tagen verärgert über die Pläne aus Mainz. „Es ist ein unfreundlicher Akt, leichte Filme gegen sperrige Filme zu programmieren, denn auf diese Weise wird viel Geld vergeudet.“ Die Entscheidung des ZDF werde sich nachhaltig auf die Marktanteile der ARD-Filme auswirken – und in der Folge möglicherweise auch auf die Quoten der Talk-Show «Hart aber fair».
Frank Plasberg (Foto) wird ab Herbst 2007 bekanntlich mit seinem Polit-Talkshow vom WDR ins Erste wechseln, wo seine Sendung immer mittwochs um 21:45 Uhr gezeigt werden soll. Mit einem starken Film im Vorprogramm hätte man den Start sicherlich erleichtern können – nun schwebt ein wenig Ungewissheit sicherlich im Raum. Ohnehin wirkt der Mittwoch aus Sicht der ARD-Zuschauer durchaus verwirrend: Durch «Hart aber fair» können die «Tagesthemen» bald erst um 23:00 Uhr auf Sendung gehen, nur noch montags, dienstags und donnerstags wird der mit Mühe durchgesetzte – eigentlich feste – Sendetermin um 22:15 Uhr eingehalten.
Der Wechsel von «Hart aber fair» hat zudem Auswirkungen auf die Zukunft von Harald Schmidt. Seine Sendung wird, wie berichtet, in ihrer bisherigen Form nicht fortgesetzt. Gemeinsam mit seinem neuen Show-Partner Oliver Pocher erhält der zuletzt lustlos wirkende Schmidt am Donnerstagabend nach den «Tagesthemen» eine komplette Stunde Sendezeit. Zeitgleich – und damit 90 Minuten später als zuletzt – soll demnächst im ZDF das «auslandsjournal» gezeigt werden. Maybrit Illners Polit-Talk wandert aller Voraussicht nach auf den Dienstagabend, was wiederum Frank Plasberg und «Hart aber fair» einige Zuschauer kosten könnte. Ohnehin ist der Wettbewerb politischer Gesprächsrunden so hart wie noch nie, denn Anne Wills Christiansen-Nachfolgesendung steht schon in den Startlöchern.
Festzuhalten bleibt, dass Informationssendungen bei ARD und ZDF in naher Zukunft im Abendprogramm weiter in den Hintergrund rücken werden. Im Zweiten trifft es das «auslandsjournal», im Ersten fallen die eher mäßig erfolgreichen Natur-Dokus am Montagabend zugunsten neuer Familienkrimis weg. Gleich drei neue Formate dieser Art will man zunächst testen, den Anfang macht «Ein Fall für Nadja». Immerhin: Das ZDF schenkt seinem Geschichtsmagazin «History» einen deutlich besseren Sendeplatz. Anstelle des späten Sonntagabends wird die Sendung schon um 18:30 Uhr gezeigt.
Insgesamt haben die Verantwortlich durchaus schlüssige Entscheidungen getroffen, doch ob das alleine reicht, um das ZDF aus der Krise beim jungen Publikum zu holen, ist fraglich. Die kürzlich gestartete Arzt-Serie «Doktor Martin» wurde zwar von Kritikern gelobt, fand bei den 14- bis 49-Jährigen allerdings kaum Anklang. Die Neuauflage von «Der Bergdoktor» hat wohl ebenfalls nur geringe Chancen auf großen Erfolg bei den Jungen. Dabei ist das Credo von Programmdirektor Thomas Bellut klar: „Bei den unter 50-Jährigen sind acht bis zehn Prozent ein Muss“, zitierte ihn die „Hörzu“. Hohe Ziele in schlechten Zeiten. Bald sind wir schlauer.