Pro & Contra

Schawinskis TV-Falle: Gehört es sich, Interna auszuplaudern?

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Der ehemalige Sat.1-Geschäftsführer Roger Schawinski veröffentlichte am Freitag sein Buch „Die TV-Falle – Vom Sendungsbewusstsein zum Fernsehgeschäft“ und plaudert darin über die Machenschaften beim deutschen Fernsehen. Fabian Böhme und Fabian Riedner diskutieren, ob das Buch ein Fluch oder ein Segen ist.

Von Fabian Böhme
Eines ist klar: Dass Sat.1 von Roger Schawinskis Buch „Die TV-Falle“ nicht begeistert ist, ist verständlich. Welche Firma mag es schon, wenn ein ehemaliger Chef aus dem Nähkästchen plaudert? Doch für den Zuschauer – beziehungsweise Leser – ist es ein wundervolles Erlebnis, mal hinter die Kulissen einer großen Fernsehanstalt blicken zu dürfen. Wie kann man es besser als mit einem Buch, das von einem ehemaligen Chef einer der größten Sender Deutschlands geschrieben wurde?

Dass mit dem Buch ein Tabu gebrochen wird, stört den Leser allerdings nicht – warum auch, denn auch er verdient es zu wissen, wie es wirklich in so einem Job zugeht. Außerdem spielt jeder gern mal Mäuschen und durch das Buch kann sich jeder in die Rolle eines großen TV-Bosses hineindenken. Vor allen die Erzählungen rund um «Blackout» interessieren die Leser, die sich gern für das Fernsehen hinter den Kulissen begeistern können.

Dr. Roger Schawinski wird vermutlich den Drang zur Aufklärung verspürt haben: Wie man in den Ausschnitten zum Beispiel in der „Zeit“ lesen konnte, erzählt Schawinski den Weg von den ersten Schritten von «Blackout» bis hin zum „Nachspiel“, nachdem der Vierteiler leider sang- und klanglos unterging. Den verbliebenen Fans, die der Vierteiler hatte, wird das sicher sehr gefallen. Schließlich war «Blackout» ein gewagtes Projekt, das nicht die nötige Aufmerksamkeit seitens der Zuschauer bekam. Da ist es verständlich, wenn sich der ehemalige Chef dazu äußern möchte und einiges klarstellen will.

Ob einige Teile des Buches bei Sat.1 nun mit Begeisterung oder bösem Blick aufgenommen werden, dürfte letztendlich keine Rolle spielen – Dr. Roger Schawinski schrieb ein Buch, für das sich nicht nur die TV-Welt interessiert, sondern auch Laien – besser kann es gar nicht laufen.

Von Fabian Riedner
Mit Büchern über das wahre Leben macht man sich meist keine Freunde – das musste nun auch der ehemalige Sat.1-Chef Roger Schawinski feststellen, der mit seinem neuesten Geniestreich dem einfachen Volk, aber auch Vollblutjournalisten, Einblicke in die Fernsehwelt gewährt. Frühere Ideen wie «Klatsch TV», «Talk der Woche» oder «Allein unter Bauern» kamen beim Publikum nicht an und sind schon längst wieder aus dem Köpfen der Menschen verschwunden. Die Themen, die in „Die TV-Falle“ angesprochen werden, haben die Möglichkeit, haften zu bleiben.

Eine alte Weisheit besagt, dass man nie über seinen ehemaligen Arbeitsgeber schimpfen soll. Es könnte sich meist negativ für den Arbeitnehmer auswirken. Doch Roger Schawinski braucht anderen Menschen nichts mehr zu beweisen, er machte den ehemaligen Bällchensender zum Erfolg, musste aber auch zusehen, wie die Kommerzialisierung («Verliebt in Berlin 2», Klingeltönebestellung in Weihnachtsfilmen) den Sender kaputt machte. Dennoch: Er spricht über viele persönliche Dinge, die nicht in die Öffentlichkeit gehören: Da wäre Ottfried Fischer und seine Ehefrau, die von München aus die Geschäftsführung ins Schwitzen brachte und eine gebeutelte Anke Engelke, deren Tiefschläge dort erläutert werden. Schawinski spricht auch über einen «Anke Late Night»-Verriss aus der Feder von Stefan Niggemeier. Die Komikerin war darüber dermaßen entsetzt und traurig, spielt aber nun die Hauptrolle in Niggemeiers „Bildblog“-Werbespot.

Aber gehören solche Informationen in ein Buch? Nein, mit Sicherheit nicht. Die Gespräche mit Sat.1-Gesichern sind zum einen Firmenangelegenheiten, zum anderen auch Privatgespräche, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Diese Buchkapitel hätten wesentlich sachlicher ausfallen können.

Die TV-Falle ist keine persönliche Abrechnung des ehemaligen Geschäftsführers Roger Schawinskis mit Sat.1, sondern eher ein Buch, dass die Hintergründe der TV-Landschaft aufzeigt. Über Sat.1 werden nie schlechte Worte verwendet, vielmehr gegen die äußeren Einflüsse wie die ProSiebenSat.1 Media AG, dem ehemaligen Besitzer Haim Saban, den jetzigen Besitzern KRR und Permira, den Landesmedienanstalten und den Produzenten der unabhängigen Dritten.

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