Kann man mit 50 Jahren bereits arbeitsmüde sein? Seit seinem Wechsel zur ARD versprühte Harald Schmidt jedenfalls deutlich seltener den Ehrgeiz früherer Zeiten. Damit das wieder anders wird, hat sich der Chefzyniker einen jungen Mann von ProSieben geholt: Oliver Pocher. Kann das klappen? Geht das Abendland womöglich unter? Inzwischen ist die erste Ausgabe von «Schmidt & Pocher» gelaufen und man darf mit Erstaunen feststellen: Wir alle haben es überlebt.
Begonnen hat die Show wie immer: Eine Titelmusik, die an alte Sat.1-Zeiten erinnerte – was vielleicht auch an Rückkehrer Helmut Zerlett gelegen haben mag -, ein siebenminütiges Stand-Up über Promi-Trennungen und die SPD vom Altmeister. Und dann kam eben Oliver Pocher. In Michael-Jackson-Manier betrat er die Bühne, um Zerletts Band beim Namen zu nennen und sich dann neben Schmidt an den großen Tisch zu setzen, der stark dem Mobilar diverser Nachrichtensendungen gleicht.
Ein wenig Kerner- und Herman-Stichelei durften selbstverständlich nicht fehlen: Aus diesem Grund stellten Schmidt und Pocher dem Publikum ihr „Nazometer“ vor, das immer dann aufleuchtete, wenn das Duo Begriffe sagte, die im Zusammenhang mit dem Dritten Reich stehen könnten. „Autobahn“ etwa. Oder „Nazi“. „Zuhause habe ich einen schönen Gas-Herd“, meinte schließlich Pocher und lotete damit gleich zu Beginn die Grenzen aus. Ansonsten gab es eher kleinere Späßchen, wie etwa mit dem vermeintlich neuen Duschgel „Arischer Frühling“, das Schmidt in der Erzdiözese Köln gekauft haben will. Pocher seinerseits pries das in Köln-Mülheim erworbene „Musta Fa“ an und legte dann mit „Anti Fa“ nach.
Bis zu diesem Moment kaum Neues. Und das sollte auch im weiteren Verlauf so bleiben: Einige Einspielfilme, in denen Schmidt & Pocher sogar selbst mitspielten, erinnerten dunkel an glorreiche «Schmidteinander»-Zeiten. Während ein Film von Dr. Eckart von Hirschhausen zwar auch nicht ganz taufrisch, aber doch amüsant war, sorgte die lediglich in Ansätzen gelungene Parodie auf das „Promi-Pilgern“ bei ProSieben letztlich doch eher für gepflegte Langeweile. Schier endlos zog sich das Filmchen hin. Einen Höhepunkt gab es schließlich aber doch noch, als plötzlich "Pilgerer" Oli P. auftauchte.
Überraschend war bei der Premiere wenig. Ein bisschen von diesem, ein wenig von jenem – so bekommt man eine Stunde auch gefüllt. Witzig: Schmidt erinnerte noch einmal an einen seiner Mini-Skandale aus Sat.1-Zeiten, als er während seiner Show sagte, dass kein Mann Moderatorin Bettina Böttinger freiwillig anfassen wolle. Vor einigen Wochen war das Thema anlässlich von Schmidts 50. Geburtstag noch einmal hochgekocht worden – nun umschiffte der Moderator das Thema galant. Die Lacher hatte er in diesem Moment auf seiner Seite. Und auch Pocher konnte das Publikum für sich gewinnen: Etwa, als er die Bayern-Spieler Lukas Podolski und Oliver Kahn gekonnt parodierte.
Die Premieren-Sprüche: Klicken Sie sich durch die Bildergalerie!
Gast Günther Jauch, der an diesem Abend noch am „öffentlich-rechtlichsten“ wirkte, hatte am Ende wenig zu sagen, durfte lediglich anmerken, dass ihm zwei der drei neuen ARD-Sendungen gut gefallen hätten. Dass Anne Wills Polit-Talk bei ihm eher schlecht abschnitt, wollte er zwar nicht sagen, doch das war letztlich auch gar nicht notwendig. Am Ende kam es, wie es kommen musste: Das Rad haben Schmidt & Pocher mit ihrer neuen Sendung nicht erfunden. Wirklich erwartet wurde das selbstverständlich nur von den Wenigsten. Immerhin: Das auf den ersten Blick ungleiche Duo machte seine Sache ordentlich und einen Manuel Andrack hat man nicht vermisst.
Das Fundament für eine dauerhaft erfolgreiche Sendung ist geschaffen, wenngleich die Premiere insgesamt betrachtet arm an Höhepunkten war. Nun liegt es an den Moderatoren, am eigenen Denkmal zu basteln. Pocher hat Schmidt durchaus gut getan und der ehemalige Viva-Mann steigerte sich innerhalb der Sendung deutlich. Für ihn und die gesamte Sendung gilt: Noch viel Luft nach oben. Könnte auf Dauer was werden.
Eine Parallele zum „Promi-Pilgern“ von ProSieben sei an dieser Stelle übrigens noch erwähnt: Für den Grimme-Preis und andere hohe Auszeichnungen der Fernsehwelt werden beide Formate mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht vorgeschlagen.
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