Bayerns Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein (Foto) hat in einer medienpolitischen Grundsatzrede zum Auftakt der 21. Medientage München eine Neuausrichtung des Funktionsauftrages für ARD, ZDF und Deutschlandradio gefordert. Die vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dürfe nicht als Wachstumsgarantie um jeden Preis verstanden werden.
Vor dem Hintergrund des Kompromisses mit der EU-Kommission im so genannten Beihilfe-Verfahren mahnte Beckstein, der aktuelle Konflikt um die Online-Angebote von ARD und ZDF dürfe nicht eskalieren. Statt erneut die EU-Kommission einzuschalten, sollten alle Beteiligten einen „vernünftigen Interessenausgleich“ suchen. Jürgen Doetz, Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), bezeichnete das Internet dagegen als eine „dritte Programmsäule des öffentlich-rechtlichen Systems“, die private Anbieter im Online-Markt gefährde.
ZDF-Intendant Prof. Markus Schächter und der ARD-Vorsitzende Fritz Raff erwiderten, das World Wide Web sei nur eine neue Plattform für bereits vorhandene Inhalte und würde von den öffentlich-rechtlichen Anbietern lediglich für programmbegleitende Angebote genutzt. Dieses Argument stieß beim Präsidenten des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger, Prof. Dr. Hubert Burda (Foto), auf wenig Verständnis. Der Vorstandsvorsitzende der Hubert Burda Media wandte ein, mit Online-Inhalten zu Themen wie Garten, Kochen oder Backen würden ARD und ZDF in die Kernbereiche der Verlage eindringen.
Gegen Vorwürfe, öffentlich-rechtliche Angebote würden im Internet einen funktionierenden Markt bedrohen, wehrte sich ZDF-Intendant Schächter. Er verwies darauf, dass ARD und ZDF im Internet gemeinsam nur einen Marktanteil von 4,8 Prozent erreichten. Den geforderten Verzicht auf ein ZDF-Engagement im Internet lehnte er kategorisch ab. „Das Fernsehen der Zukunft ist IP-TV“, nannte ZDF-Intendant Schächter einen weiteren Grund dafür, dass die öffentlich-rechtlichen Anbieter auf das Internet setzen.
RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt (Foto) wünschte sich unterdessen von der Politik, den Funktionsauftrag für ARD und ZDF „quantitativ und qualitativ festzulegen“. Während die Vertreter des öffentlich-rechtlichen Systems beim Mediengipfel ihre Online-Pläne rechtfertigen mussten, sahen sich die Top-Manager der privaten Konkurrenz vor allem mit dem Duopol-Vorwurf konfrontiert. Schließlich mussten RTL Group und ProSiebenSat.1 Media AG erst kürzlich hohe Bußgelder akzeptieren, um ein Verfahren des Bundeskartellamtes wegen möglicher Rabatt-Absprachen im TV-Werbemarkt zu beenden.
Schäferkordt, deren Unternehmen 96 Millionen Euro zahlen musste, nannte dies übrrigens „kein Schuldeingeständnis“, sondern ein „pragmatisches Vorgehen“.