Die Mühlen der amerikanischen Rundfunkbehörde FCC mahlen mitunter langsam. Dass sie allerdings so langsam mahlen, hat man bei ABC sicher nicht gedacht. Am Freitagabend gingen bei 52 ABC-Affiliates Strafbescheide über 27,500 US-Dollar ein, insgesamt fast 1,40 Millionen US-Dollar. Stein des Anstoßes: der nackte Po von Darstellerin Charlotte Ross, zu sehen in einer vor über vier Jahren - am 25. Februar 2003 - ausgestrahlten Folge der Polizeiserie «NYPD Blue». Die Aufnahmen - es handelt sich um eine Duschszene - seien eindeutig sexueller Natur und als solche "schockierend und erregend". Somit hätte die Folge auf keinen Fall vor 22.00 Uhr ausgestrahlt werden dürfen, argumentiert die Rundfunkbehörde. Da dies nicht in allen Sendegebieten der Fall war, sollen die verantwortlichen Affiliates eben nun eine saftige Strafe zahlen.
ABC gibt sich unterdessen kämpferisch. In einer Stellungnahme weist der Sender die Anschuldigungen zurück und kündigt an, für seine Affiliates kämpfen zu wollen. Man habe die Episode seinerzeit mit entsprechenden Warnhinweisen versehen und überhaupt seien die Aufnahmen alles andere als "unanständig". "Als die fragliche kurze Szene vor fünf Jahren ausgestrahlt wurde, war dieses hochgelobte Drama bereits seit zehn Jahren im Fernsehen zu sehen und der Realismus seiner Storylines eine wohlbekannte Tatsache", so der Sender.
Immer wieder sorgt die FCC mit ihren Entscheidungen für Aufsehen. 2006 verdonnerte die Behörde den Sender CBS zu einer Rekordstrafe von 3,60 Millionen US-Dollar für "unanständige" Szenen in der Krimiserie «Without a Trace». Janet Jacksons freizügige Superbowl-Halbzeitshow kostete CBS vor vier Jahren immerhin 550.000 US-Dollar. Nicht zuletzt aufgrund ihrer drastischen Bußgeldbescheide wird die Rolle der FCC als Sittenwächter zunehmend kritisch gesehen. Die als konservativ geltende Behörde agiere willkürlich und undemokratisch, so die weitläufige Argumentation. In der Folge setzte der oberste Gerichtshof der USA im November 2007 einen Teil der FCC-Regularien bis auf weiteres aus. Mit der jüngsten Entscheidung liefert die FCC den Kritikern nun abermals Munition.