Ende Januar 2008 fand das Finale der dritten Staffel von «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!» statt. Nach langer Pause hatte sich der Kölner Privatsender erneut an das Projekt gewagt, was von Medienexperten zuvor sogar als imagegefährdend eingestuft wurde. In den ersten beiden Staffeln warnte die Boulevardpresse stets vor Ekel-TV und begleitete die haarsträubenden Aufgaben der Promis mit großen Buchstaben.
Das änderte sich auch bei der dritten Staffel nicht, aber dennoch drehte sich die Empfindung der breiten Öffentlichkeit. Mit Quoten von bis zu 36 Prozent bei den Werberelevanten war die Show aus dem australischen Dschungel einmal mehr ein wahrer Megaerfolg. Das Besondere im Jahr 2008: Auch die kritische Fachpresse fand Gefallen an dem Format, weil sie es als das wahrnahm, was es eigentlich ist: Unterhaltung auf etwas anderer Art. Schon nach der Auftaktsendung lobte der bekannte Journalist Stefan Niggemeier die liebevolle Kleinarbeit, die die Verantwortlichen der Produktionsfirma Granada lieferten und auch Quotenmeter.de-Redakteur Alexander Krei, für die tägliche Berichterstattung zuständig, erfreute sich allabendlich der erfrischenden Moderationen von Sonja Zietlow und Dirk Bach.
Der Wandel der öffentlichen Meinung ging auch an den Werbenden nicht vorbei. Zwar waren die Preise für Werbebotschaften im Rahmen der Sendung nicht ganz auf dem Niveau, das man sonst von bis zu vier Millionen werberelevanten Zuschauern gewohnt ist, aber dennoch zeigt man sich bei Werbezeitenvermarkter IP Deutschland zufrieden. “Die Auslastung war gut”, erklärte Sprecherin Cordelia Wagner gegenüber Quotenmeter.de.
Während Staffel eins sah dies noch ganz anders aus - damals klafften große Lücken, teilweise fielen gar Werbeblöcke komplett aus. “Überzeugend waren dieses Mal wieder die Reichweiten”, analysiert sie. Nur selten habe man sonst die Chance so viele Menschen gleichzeitig über ein Produkt zu informieren. Hinzu komme, dass man alle Bildungsschichten innerhalb der Sendung hätte ansprechen können. “Diskussionen über Inhalte der Sendung habe es nicht mehr gegeben”, resümiert sie.
Für IP Deutschland und den Sender RTL war die Show also ein Erfolg. Die veränderte Wahrnehmung der Sendung erfreut den Werbevermarkter, bei IP Deutschland wirft man derzeit einen Blick nach England. Dort lief die Show in der inzwischen siebten Staffel. “Dort wurde sie erst kürzlich mit einem Comedy-Preis ausgezeichnet - die Engländer haben also verstanden, worum es in der Sendung wirklich geht”, so Wagner. Auch in Deutschland hätten die Mediaagenturen dies erkannt - und aus diesem Grund hätte sich das Buchungsverhalten geändert.
Zufrieden ist mittlerweile auch El Cartel, der Werbezeitenvermarkter von RTL II, mit den Buchungen der Realityshow «Big Brother». Noch vor zwei oder drei Jahren beklagten die Macher stets die zurückhaltende Reaktion großer, bekannter Firmen in Deutschland. Endemol-Chef Borris Brandt äußerte im Interview vor der sechsten Staffel sein Unverständnis für dieses Verhalten.
Seit etwas mehr als drei Wochen läuft nun die achte Staffel der international bekannten Show. Im Gespräch mit Quotenmeter.de zieht El Cartel-Geschäftsführer Jan Kühl ein erstes Fazit: “«Big Brother» ist mittlerweile seit acht Jahren ein etabliertes Format bei RTL II. Als treibender Motor im Vorabend wird die Sendung von den Werbekunden sehr gut angenommen.“ Kühl kennt nun auch das Geheimnis des Erfolgs - El Cartel hat hierzu eine Studie in Auftrag gegeben.
„Das Attraktive an Big Brother ist seine konsumfreudige Zielgruppe“, heißt es aus München. Und in der Tat: Auch «Big Brother» ist in allen Bevölkerungsschichten ähnlich beliebt - und ein nicht geringer Anteil der Zuschauer hat Abitur. „Somit ist das Reality-Format das ideale Umfeld für Markenartikler aus dem so genannten FMCG-Sektor (Fast Moving Consumer Goods), insbesondere Süßwaren.“
Mit den aktuellen Werbebuchungen in den Tageszusammenfassungen und in der Liveshow ist man in München demnach sehr zufrieden. Reality scheint in Deutschland - wenn auch nur leicht - auf dem aufsteigendem Ast zu sein.