Am Dienstag moderiert er das Uefa Champions League-Viertelfinale zwischen dem FC Schalke 04 und dem FC Barcelona, das der Pay-TV-Kanal Premiere exklusiv in Deutschland zeigt. Zuvor stand Patrick Wasserziehr Quotenmeter.de Rede und Antwort und plauderte über seine Erinnerungen und Aufgaben.
Herr Wasserziehr, Sie sind ein Mann der ersten Stunde bei Premiere - seit 1992 sind Sie mit an Board. Eine ziemlich lange Zeit…
Ganz die erste Stunde war es bei mir nicht. In der ersten Stunde war Reinhold Beckmann Sportchef von Premiere, er hat die ersten Dinge aufgebaut. Beckmann ging aber recht bald zu Sat.1, um dort «ran» zu moderieren, bei Premiere übernahm Michael Pfad den Posten des Sportchefs. Und Pfad war es auch, der mich zu Premiere holte. Ich bin also eher ein Mann der zweiten Stunde.
Sie haben sich aber einen kleinen Ausflug geleistet…
Richtig. 1999 habe ich die Champions League bei TM3 moderiert.
17 Jahre Fußballberichterstattung - welche Momente sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Da gibt es etliche. Aus sportlicher Sicht natürlich das Champions-League-Finale 1999, als die Bayern in den letzten Minuten den Titelgewinn verspielt haben. Michael Preetz war damals unser Experte und wie es üblich ist, sind wir schon den Ablauf unserer Nachberichterstattung durchgegangen. Wir haben uns überlegt, wie wir den Champions-League-Gewinn des FC Bayern am Besten beleuchten. Zwei Minuten waren noch zu spielen - und als diese zwei Minuten vorüber waren, verfielen alle deutschen Fans in tiefste Trauer. Aus einer 1:0-Führung wurde plötzlich ein 1:2.
Unglaubliche Szenen spielten sich ab…
Wir hatten unser Studio recht weit oben im Stadion, aber ich weiß noch ganz genau, was sich auf dem Platz abspielte. Die gesamte rechte Seite war wie erstarrt. Elf Spieler lagen - größtenteils weinend - auf dem Feld. Sammy Kuffour trommelte mit beiden Fäusten auf den Rasen. Es war ein Drama. Etwas Ähnliches habe ich dann auch 2006 beim WM-Aus gegen Italien noch einmal erlebt. Das sind so Momente, die einen schon sehr beeindrucken und im Gedächtnis bleiben. Erfreulicherweise gab es bei der WM mit dem Erreichen des dritten Platzes dann aber noch ein einigermaßen schönes Ende.
Auch 2002 waren Sie für Premiere bei der WM im Einsatz…
Richtig - da gibt es auch einen besonderen Moment. Beim Spiel gegen Südkorea war es im Stadion so dermaßen laut, das kann man sich gar nicht vorstellen. Mir haben Tage danach noch die Ohren wehgetan.
2006 waren Sie nicht nur als Moderator im Einsatz, sondern als Reporter direkt bei der deutschen Mannschaft. Sie haben die Euphorie also wohl so nah wie nur ganz wenige Menschen erlebt. Wie war die Zeit?
Unglaublich. Es war die vierte WM, die ich als Journalist erlebt habe, aber die WM im eigenen Land ist schon etwas ganz besonderes. Dennoch muss man natürlich versuchen einen klaren und kühlen Kopf zu bewahren, wenn man seinen Job anständig machen will.
Gab es keine Momente, in denen Sie sich gewünscht hätten, diese tolle WM als normaler Zuschauer und eben nicht arbeitend erleben zu dürfen?
Eigentlich nicht, denn als Reporter ist man ja immer hautnah dabei. Außerdem habe ich einige Spiele in Berliner Cafés oder im Hotel im Fernsehen verfolgt. Ich war ja nicht rund um die Uhr im Einsatz.
Ihr eigentliches Baby ist aber - wenn man das so sagen kann - die Champions League, von der Sie seit etlichen Jahren berichten? Was ist für Sie das Besondere an diesem Wettbewerb?
Ich bin ein großer Fan der Champions League. Allein wenn ich die Champions-League-Melodie höre, bekomme ich ein Prickeln im Bauch. Dort wird mit Abstand der beste Fußball auf der ganzen Welt gespielt - ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass die Spiele noch besser sind als bei einer Weltmeisterschaft. In der Champions League wird der Kommerz zwar auf die Spitze getrieben, aber eben mit einem positiven Effekt. Denken Sie daran, wie sich die Schalker Spieler gefreut haben, als sie ins Viertelfinale eingezogen sind. Das sind ganz besondere Momente. Für uns Reporter ist die Champions League zudem sehr angenehm: Wir dürfen mit der entsprechenden Mannschaft mitreisen, sehen andere Länder und viele Stadien…
In welchem Land ist es besonders toll?
England beeindruckt mich beispielsweise. Die englischen Fans schaffen es auf recht traditionelle Weise den Fußball von den Rängen zu begleiten.
Wer gewinnt denn dieses Jahr die Champions-League?
(lacht) Da sind Sie bei mir richtig. In der vergangenen Saison hatte ich auf Mailand getippt - und hatte recht. Dieses Jahr habe ich auf Liverpool getippt, das Team hat sich sehr gut verstärkt. Außerdem habe ich das Gefühl, dass der Verein den Schwerpunkt eher auf die Champions League legt - und eben nicht so sehr auf die Liga. Auch ManU ist ein heißer Kandidat - sie haben sehr gute junge Spiele wie Ronaldo zum Beispiel. Diese sind gepaart mit Akteuren, die über große Routine verfügen. An Arsenal glaube ich nicht wirklich - sie spielen zwar stark, fliegen aber demnächst sicher wieder unglücklich aus dem Wettbewerb. Chelsea wird das Rennen auch nicht machen. Ich habe den Eindruck, dass der Trainer nicht unumstritten ist. Barcelona wäre sicherlich noch ein Kandidat, der auf der Liste von vielen steht, daran glaube ich aber auch nicht wirklich. Bleiben noch Fenerbahce und Schalke, die von der Papierform her sicherlich die schwächsten Viertelfinalisten sind.
Kommen wir zur Bundesliga. Die haben Sie in der vergangenen Saison nur fürs Internetfernsehen übertragen. Ist die Motivation des Teams in diesem Jahr größer - jetzt wo wieder alle Abonnenten zusehen können?
Es ist mein Job, immer das Beste zu geben. Jeder unserer Kunden hat das Anrecht ein Topprodukt geliefert zu bekommen - und wenn es nur einer ist. Wenn man als Moderator vor der Kamera steht, blendet man sowieso aus, wie viele Menschen in Deutschland gerade zusehen. Da denkt man eher an die Zuschauer in der direkten Umgebung, an die Redakteure, Aufnahmeleiter und so weiter. Ich bin aber natürlich froh, dass wir jetzt wieder mehr Menschen informieren dürfen. Denn zugegeben: Vergangene Saison haben wir nach mancher Sendung gesagt: Schade, dass nicht mehr Menschen dieses tolle Produkt sehen konnten.
Sie sind recht flexibel und für Premiere als Moderator, Kommentator und Field-Reporter im Einsatz? Was macht denn am meisten Spaß?
Das ist unterschiedlich. Als Kommentator kannst du ein Spiel 90 Minuten lang ganz intensiv begleiten - das ist auch das, was die Zuschauer letztlich am meisten interessiert. Als Kommentator kannst du richtig aus dir rausgehen, gerade bei Spielen wie Schalke gegen Porto darfst du richtig mitfiebern. Du bist sozusagen ganz dicht dran. Und du kannst in Erinnerung bleiben: Denken Sie an 1954 und das berühmte “Rahn müsste schießen, Rahn schießt. Tor, Tor…” Oder an Marcel Reif beim Champions-League-Finale 2001 - das wird kaum jemand vergessen.
Anders sieht es als Moderator aus…
Da liegt der Reiz darin den Menschen etwas Unerwartetes zu entlocken. Man muss auf die Personen eingehen, das ist eine sehr spannende Aufgabe. Ich habe Jürgen Klinsmann nach dem Aus gegen Italien bei der WM gefragt, ob er während des Spiels an seinen verstorbenen Vater gedacht hat. Eine heikle Frage - und Klinsmann wurde plötzlich ganz ruhig und sagte “Ja”. Als Moderator bist du also mehr der Journalist, musst spontan auf Situationen reagieren. Beispiel: Ligapokal, als wir das Streitgespräch zwischen Allofs und Hoeness in der Halbzeit hatten. Damit hätte ich in dieser Form nicht gerechnet, aber als Moderator musst du dann entscheiden, ob du dieses Gespräch laufen lässt oder ob du versuchst es in eine andere Richtung zu lenken. Ähnlich ist es als Field-Reporter: Du hast meistens 90 Sekunden zur Verfügung und musst etwas aus den Spielern herauslocken. Das sieht oft einfacher aus als es ist.
Das sind mitunter sehr emotionale Gespräche.
Richtig. Die Spieler sind direkt nach dem Spiel noch recht erhitzt - sprechen noch nicht so sehr die ansonsten übliche Sprache. Erinnern Sie sich an Lothar Matthäus, der in den 90ern meinem Kollegen Babak Milani ins Mikrofon brüllte, was für eine Sauerei das sei? Er hat sich gar nicht eingekriegt, kam immer wieder zu ihm und regte sich fürchterlich auf.
Zum Abschluss stellen wir unseren Interviewpartner jeweils kurze und knappe Fragen - welche Sendung verpassen Sie denn nach Möglichkeit nie?
Was Sport betrifft: Die Premiere-Konferenz - vor allem nicht die Champions League-Konferenz. Ansonsten sehe ich die «heute»-Nachrichten sehr regelmäßig.
Für welchen Fußballverein schlägt Ihr Herz?
Es wird immer behauptet, es wäre der HSV. Das stimmt aber so nicht - ich habe nämlich keinen wirklichen Lieblingsverein. Ich finde, dass auch der FC Bayern oder Schalke sehr interessante Mannschaften sind.
Und letzte Frage: Wo würden Sie jetzt gerne Urlaub machen?
In Mykonos oder auf Sylt.
Vielen Dank für das Interview.