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Andreas Bartl: Der Strahlemann für ProSiebenSat.1

von
Neue Aufgaben für den ehemaligen ProSieben-Geschäftsführer. Ein Kommentar von Manuel Weis.

Sind Sie schon einmal eine Straße mit 66 Prozent Gefälle heruntergefahren? Wohl nicht – und es wäre auch in keinem Fall zu empfehlen. Unten angekommen fühlt man sich nämlich in jedem Fall um einiges mieser als oben. Es gibt in der Fernsehwelt Deutschlands allerdings Menschen, die eine solche Talfahrt mitmachen mussten. In nur neun Monaten ging es für die Fernsehmanager der ProSiebenSat.1 Media AG derart kräftig nach unten. Am Steuer saß Guillaume de Posch, an dessen Fahrkünsten nun innerhalb des Konzerns gezweifelt wird.

Rückblick: Im vergangenen Sommer wurde der Fernsehkonzern verkauft – Haim Saban zog sich zurück in die Vereinigten Staaten von Amerika und überließ einem Investorenkonsortium rund um die europäische Sendergruppe SBS das Feld. Damals kostete eine Aktie des deutschen Fernsehunternehmens noch 30 Euro. Anfang Mai war das Papier gerade einmal zehn Euro wert. Wie am Montagnachmittag auch offiziell bestätigt wurde, wird Andreas Bartl, bislang ProSieben-Geschäftsführer, neuer Managing Director German Free-TV. Zu Deutsch: Er kümmert sich um die Vernetzung und Koordination der deutschen Free-TV-Programme. Er übernimmt laut Unternehmensangaben die Gesamtverantwortung für Sat.1, ProSieben, N24 und kabel eins. Vom Mitmachsender 9Live wird nicht gesprochen.

Und genau das ist das Problem: Der Anruf-Kanal macht dem Fernsehkonzern mittlerweile unheimlich große Sorgen. War der Sender vor wenigen Jahren noch der Profitabelste unter allen, geht es 9Live inzwischen alles andere als gut. Der Gewinnrückgang des Call-In-Geschäfts ist maßgeblich für die schlechten Quartalszahlen der Gruppe verantwortlich – und das ist ein Bereich, den Bartl nicht angehen kann. Denn: Sollte das Geschäft weiter zurückgehen, müssten sich die Verantwortlichen Gedanken über einen Verkauf oder eine komplette Neupositionierung machen. Dass man einen solchen Sender allerdings gut positionieren kann, ist auf Grund des ramponierten Images allerdings äußerst unwahrscheinlich.




Einen Strahlemann brauche der Konzern, sagte ein hochrangiger Manager kürzlich – gefunden wurde er schneller, als manch einer dachte. Bartl war seit seinem Wechsel zurück zu ProSieben hochangesehen innerhalb des Unternehmens, schaffte er es doch innerhalb kürzester Zeit den von Dejan Jocic heruntergewirtschafteten Sender wieder in die richtige Spur zu bringen. Er etablierte «Germany’s Next Topmodel» und war an der Entwicklung von «Schlag den Raab» beteiligt. Der Serien-Mittwoch und der erfolgreiche Nachmittag gehen ebenso auf seine Kappe wie die erfolgreiche Casting-Show «The Next Uri Geller».

Deswegen ist es der richtige Schritt, Andreas Bartl noch mehr Kompetenzen im Unternehmen zuzugestehen. Als Deutschland-Chef ist er nun für die Koordination der einzelnen Sender und deren exakte Ausrichtung verantwortlich. Genau das ist etwas, das der Konzern in der vergangenen Zeit vermissen ließ. Fußballrechte wechselten von Sat.1 zu ProSieben und wieder zurück, ähnlich erging es zahlreichen US-Serien wie zum Beispiel «Without a Trace». Eine klare Linie war bislang in der Unternehmensführung nicht immer zu erkennen. De Posch galt ohnehin nicht als Fernsehmanager vor dem Herren – und das ist noch euphemistisch ausgedrückt -, fiel in jüngerer Vergangenheit mit manchen Entscheidungen unsanft auf den Hintern. Bestes Beispiel hierfür war der Kauf der Tour de France-Rechte, nachdem ARD und ZDF wegen des Doping-Skandals aus der Berichterstattung ausgestiegen waren. Sat.1 übernahm und holte Quoten, die jenseits von Gut und Böse lagen.

Einen faden Beigeschmack hinterlässt der heutige Montag aber auch - und zwar vor allem in Berlin. Bartls Kompetenzteam besteht aus drei weiteren Mitarbeitern, nur einer davon kommt von Sat.1: Joachim Kosack, der sich künftig um die Fiction der Sendergruppe kümmert. Insider werten dies als kein allzu gutes Zeichen für den Berliner Sender. Aber Bartl ist es zuzutrauen, die Verunsicherung, die bei manchen Sat.1’lern derzeit vorhanden ist, schnell im Winde zu zerstreuen. Dazu muss er lediglich noch einmal alles richtig machen – so wie er es 2005 beim Amtsantritt als ProSieben-Chef schaffte. Für den 45-Jährigen wird es ein spannender Sommer.

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