Die Experten

26. Mai 2008

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Warum müssen einige Sender Drittsendezeiten zur Verfügung stellen und was macht eigentlich ein "Executive Producer"? Markus Ruoff geht den Fragen nach.

Philipp: Warum werden einige Privatsender dazu verpflichtet Sendungen von unabhängigen Drittanbietern wie DCTP auszustrahlen?

Markus Ruoff: Privatsender mit einem Marktanteil von über zehn Prozent bei den Zuschauern ab drei Jahren müssen laut Rundfunksstaatvertrag Teile ihrer Sendezeit unabhängigen Dritten für Fensterprogramme zur Verfügung stellen. Das betrifft somit sowohl RTL als auch Sat.1. Damit soll die Programmvielfalt der marktstarken Sender erhöht werden. Auch die Dauer und Positionierung der Fensterprogramme sind vorgeschrieben: Wöchentlich 260 Minuten, davon mindestens 75 Minuten in der Sendezeit zwischen 19.00 Uhr und 23.30 Uhr. Regionalprogramme können mit bis zu 150 Minuten pro Woche auf die Gesamtsendezeit angerechnet werden. Die Sender müssen diese Drittprogramme voll finanzieren, haben aber keinen kreativen Einfluss auf die Inhalte.

Florian: Haben Sie Informationen darüber, ob die britische Drama-Serie «Skins» synchronisiert und im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wird?

Markus Ruoff: Nein, darüber habe ich leider überhaupt keine Informationen. Was ich aber gehört habe, ist, dass die Produktionsfirma MME Moviement eine deutsche Adaption von «Skins» plant. Das ist allerdings das einzige, was ich weiß.

Daniel: Gerade las ich eine Frage über wechselnde Szenen in Serien-Vorspännen und Ihre Antwort, dass der Vorspann heutzutage gerne weggelassen wird. Daraus ergibt sich meine Frage: Bei «Desperate Housewives» oder auch «Grey’s Anatomy» sendet ProSieben einen Vorspann, auf den im Folgenden noch einmal die Namen der Darsteller "in der Folge" eingeblendet werden - folglich also doppelt. Ist das eine deutsche Besonderheit oder welcher Grund steckt dahinter?

Markus Ruoff: Ich würde es eher ProSieben-Besonderheit nennen. In den USA wird bei «Desperate Housewives» und «Grey’s Anatomy» seit der dritten Staffel gar kein Vorspann mehr gesendet. Stattdessen wird – wie zum Beispiel bei «Private Practice» - nur kurz der Titel eingeblendet. Dadurch ergibt sich, dass die Namen der Darsteller sozusagen zweimal eingeblendet werden. Das führte zur Kuriosität, dass anfangs der vierten Staffel im Vorspann von «Grey’s Anatomy» bei ProSieben der Darsteller Isaiah Washington weiterhin eingeblendet wurde, obwohl er seit der vierten Staffel nicht mehr zum Cast gehört.

Florian: Wer entscheidet bei amerikanischen Sendern/Filmen eigentlich, wie das "you" übersetzt wird? Also mit Sie oder du? Setzen sich die deutschen Synchronisationsverantwortlichen mit den Verantwortlichen der Serie/des Films in Verbindung oder entscheiden die das einfach selbst?

Markus Ruoff: Sofern die deutschen Filmverleihe oder Fernsehsender nicht schon vorher vorgegeben haben, wann bei bestimmten Rollen vom Sie zum Du gewechselt wird, kann der Dialogbuchautor in dieser Hinsicht Vorschläge machen, wenn er den Zeitpunkt für geeignet hält. Die endgültige Entscheidung, ob und wie eine Änderung im Vertrauensgrad von zwei Rollen bei einer Serie vorgenommen wird, liegt dann aber noch beim zuständigen Redakteur des Senders.

Fritz: Mir ist aufgefallen, dass die großen Networks in den USA gar keine Filme in der Primetime zeigen. Warum ist das so?

Markus Ruoff: Filmrechte gelten in den USA als eher unattraktiv für die großen Networks. Zwar werden immer einmal wieder solche Deals abgeschlossen, jedoch zeigen die US-Networks Spielfilme meistens auf zuschauerärmeren Sendeplätzen am Freitag oder Samstag oder einige große Blockbuster ab und zu auch an Feiertagen wie Weihnachten. Das hängt damit zusammen, dass die Amerikaner die Filme lieber auf DVD oder übers Internet konsumieren als sie sich im Fernsehen anzuschauen. Mit den hauseigenen Serien werden erfahrungsgemäß ohnehin die doppelten Einschaltquoten erreicht. Selbst die Erstausstrahlung von «Der Herr der Ringe – Die Gefährten» lockte beim damaligen Network The WB nur knapp über vier Millionen Amerikaner vor die Bildschirme. Die Kabelsender freut es: Inzwischen schließen diese immer mehr die großen Filmdeals mit den US-Studios ab.

Martin: Wie kommt es, dass ORF 1 und ProSieben die vierte Staffel von «Desperate Housewives» mit der Folge "Tornado" beendeten, während der Schweizer Sender SF zwei noch die nachfolgende Episode "Nach der Katastrophe" drauflegte? Meine Erklärung wäre, dass der ORF 1 und ProSieben sich dachten, dass die Tornado-Folge ein besserer Cliffhanger als die Episode "Nach der Katastrophe" wäre und sie deshalb die Hausfrauen schon eine Folge früher in die Sommerpause schickten. Liege ich damit richtig?

Markus Ruoff: Absolut richtig. Besser hätte ich es auch nicht erklären können…

Matthias: Wie stehen die Chancen, dass der neue FOX Channel in diesem Herbst oder Winter auch die Serie «Third Watch» komplett ausstrahlen könnte?

Markus Ruoff: 50:50. Der FOX Channel wollte es zumindest nicht gänzlich ausschließen. Das Problem ist nur, dass von den letzten drei Staffeln keine deutsche Synchronisation vorliegt. Wobei das eigentlich doch wieder kein Problem ist, denn von «The Practice» lässt der FOX Channel für die Staffeln vier bis acht eigens eine Synchro anfertigen.

Marco: Können Sie mir bestätigen, dass die Serie «Damages» in den USA fortgeführt wird? Ich habe das gelesen, jedoch war diese Nachricht sehr undurchsichtig.

Markus Ruoff: Ich kann sogar bestätigen, dass «Damages» in den USA gleich um zwei weitere Staffeln verlängert wurde. Da die Einschaltquoten beim Kabelsender FX aber sehr enttäuschend waren, war dies lange Zeit ziemlich unsicher, dass es überhaupt eine zweite Staffel gibt. Die phänomenale Glenn Close, die für ihre Rolle zu Recht den Golden Globe gewonnen hat und die durchweg guten Kritiken waren wohl ein zu starkes Argument für eine Verlängerung. Wenn es in Deutschland nach der ersten Staffel weitergehen sollte, dann sollte kabel eins unbedingt auf die gleichen Argumente zurückgreifen.

Domenik: Welche Sendung hat bei Sat.1 die höchsten Einschaltquoten erzielt?

Markus Ruoff: Am 21. Mai 1997 erreichte Sat.1 mit dem Elfmeterschießen des UEFA Cup-Endspiel zwischen Inter Mailand und dem FC Schalke 04 14,44 Millionen Zuschauer ab drei Jahren (70,2 Prozent). In der Zielgruppe waren es 6,66 Millionen 14- bis 49-Jährige und 69,9 Prozent Marktanteil. Wenn wir aber nach der Zielgruppe gehen, müssen wir sogar 15 Jahre in die Vergangenheit zurückgehen. Die Erstausstrahlung des Spielfilms «Kevin – Allein zu Hause» verfolgten am 10. Dezember 1993 7,12 Millionen Zuschauer zwischen 14 und 49 Jahren (54,1 Prozent). Insgesamt sahen 12,14 Millionen Menschen (71,1 Prozent) zu.

Sasha: In Österreich wurde die erste Staffel von «My Name is Earl» schon ausgestrahlt. Wann läuft die Serie denn im deutschen Fernsehen?

Markus Ruoff: RTL teilte mir mit, dass es mit «My Name is Earl» voraussichtlich Mitte bis Ende Juli 2008 losgeht. Die Betonung liegt auf „voraussichtlich“, denn ursprünglich sollte die Serie schon im Juni dieses Jahres starten.

Sebastian: Ich habe vor einiger Zeit gelesen, dass der Vertrag von Stefan Raab bei ProSieben noch bis Mitte nächsten Jahres geht. Ist eine Verlängerung möglich oder hört Raab dann definitiv auf? Würde im zweiten Fall jemand anderes «TV total» moderieren oder würde es die Show und die ganzen Events nicht mehr geben? Ist es momentan denkbar, dass Stefan Raab bei ProSieben aufhört und zum Beispiel bei RTL oder beim ZDF auf Sendung geht?

Markus Ruoff: ProSieben hat den Vertrag mit Stefan Raab gerade im letzten Jahr bis Ende 2009 verlängert. Ob dieser Vertrag wieder verlängert wird, hängt ganz alleine von Raab ab. Denn ProSieben braucht Stefan Raab – er aber nicht gleichzeitig ProSieben. Sollte Stefan Raab aber eines Tages ProSieben verlassen, dann wird er mit Sicherheit nicht zu den Öffentlich-Rechtlichen gehen. Das hat er schon in mehreren Interviews klar gestellt. Es ist ohnehin äußerst unwahrscheinlich, dass die ARD oder ZDF an ihm Interesse haben. Einen Wechsel zu RTL beziehungsweise jeden anderen Sender halte ich ebenso für undenkbar. Stefan Raab hat zwar in den vergangenen Jahren oftmals gesagt, dass er sich spätestens mit 40 aus dem Fernsehen zurückzieht, aber ups, im Oktober dieses Jahres wird er schon 42 Jahre alt. Sofern Deutschland (sprich: ProSieben) es will und Stefan Raab weiterhin viel Spaß hat, wird er uns noch einige Jahre erhalten bleiben. Und das ist auch gut so. «TV total» sowie «Schlag den Raab» ohne Stefan Raab sind einfach unvorstellbar. Daher stellen sich die anderen Fragen gar nicht.

Oet: Worin liegt der Unterschied zwischen einem „Producer“ und einem „Executive Producer“?

Markus Ruoff: Ein „Executive Producer“ ist für alle finanziellen und kreativen (Casting, Drehbücherüberwachung etc.) Aspekte bei dem Projekt zuständig. Er führt die Verhandlungen mit Sendern, deren Programmplanung, Werbekunden und Sponsoren. Er ist auch die letzte Entscheidungsinstanz bei der Auswahl von Autoren, Regisseuren, Darstellern, und Produktionsmitarbeitern. In vielen amerikanischen Serien ist er gleichzeitig auch der Showrunner. Der „Executive Producer“ ist letztendlich für Erfolg oder Misserfolg des Projekts verantwortlich. Bei Filmen können auch Personen zu „Executive Producer“ ernannt werden, selbst wenn sie nicht am kreativen Prozess des Films beteiligt waren. Zum Beispiel Buchautoren, die die Vorlage für den Film geliefert haben; Personen, die sich als Investor an dem Projekt beteiligt haben oder einfach nur Inhaber der Filmrechte sind. Auch Personen, die eine frühere Version eines Films gedreht haben, können diesen Credit bekommen. Primär muss der „Producer“ alle Aspekte einer Produktion koordinieren und überwachen. Er fällt alle grundlegenden Entscheidung eigenverantwortlich, allerdings in Absprache mit dem „Executive Producer“. Ferner ist es seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Budget für eine Sendung nicht überschritten wird und der Ablaufplan eingehalten wird. Er kümmert sich auch um einen Teil der geschäftlichen Seite, schließt Verträge mit den Darstellern, überwacht die Verwaltung der Gelder, bestellt die benötigte technische Ausstattung und setzt Termine für Proben und Dreharbeiten an. Kurzum: Der „Producer“ ist eigentlich für alles zuständig, aber dem „Executive Producer“ untergeordnet. Bekannte Fernsehproduzenten sind unter anderem J.J. Abrams («Alias», «Lost»), Jerry Bruckheimer («CSI», «Without a Trace»), David E. Kelley («Ally McBeal», «Boston Legal») und Aaron Spelling («Beverly Hills, 90210; «Charmed»).

Quartoxuma: Bald startet die vierte Staffel von «Lost» beim FOX Channel in deutscher Erstausstrahlung. Gibt es schon Änderungen bezüglich der Synchronstimme von Locke? Können Fans auf die alte – und meiner Meinung nach bessere – Stimme hoffen?

Markus Ruoff: Nein, das ist aus zweierlei Gründen vollkommen ausgeschlossen. Erstens hat sich der alte Synchronsprecher Lothar Hinze aus persönlichen Gründen aus dem Geschäft zurückgezogen. Bis zuletzt einer einmaligen Ausnahme wird man Hinze voraussichtlich in keiner Serie und keinem Film mehr hören. Aber viel entscheidender: Wenn eine Stimme innerhalb einer Serie einmal ausgetauscht wurde, wird sie nicht noch ein zweites Mal (zurück-)gewechselt. Das mögen die Fernsehsender überhaupt nicht und jede Umbesetzung wird dort verständlicherweise nicht gerade begeistert aufgenommen. Daher ließ ProSieben auch damals die Locke-Szenen der ersten neun Folgen der dritten Staffel, die Lothar Hinze ursprünglich in der Premiere-Ausstrahlung noch gesprochen hat, mit der neuen Stimme noch einmal synchronisieren, um die Zuschauer nicht ganz zu verwirren. Wenn ein Synchronsprecher eine Rolle eines Kollegen übernimmt, dann kann der eigentlich im Voraus – zumindest bei den Fans – immer nur verlieren. Ich finde allerdings, dass Ernst Meincke – wenn man seinen Vorgänger nicht dauernd im Ohr hat – einen tollen Job abliefert. «Lost» gehört ohnehin zu einer der bestsynchronisierten Serien im deutschen Fernsehen. Kompliment an die Firma Arena Synchron und an den Synchronregisseur Timmo Niesner sowie Dialogbuchautorin Eva Schaaf.

Stefan: Ich hätte gerne gewusst, wann die dritte Staffel von «Weeds» im Free-TV ausgestrahlt wird.

Markus Ruoff: Das hätte ich auch gerne gewusst. Ernsthaft: ProSieben zeigt die dritte Staffel von «Weeds» voraussichtlich ab September dieses Jahres. Möglich wäre auch noch ein früherer Start im Juli oder August 2008. Das hängt aber vom Sendeplatz ab, ob ProSieben die neuen Folgen erst kurz nach Mitternacht (wie zunächst geplant) oder schon nach 23.00 Uhr ausstrahlt.

Kai: Wird die fünfte Staffel von «Las Vegas» noch synchronisiert, auch wenn es zur Zeit nicht nach einer baldigen Ausstrahlung aussieht?

Markus Ruoff: Selbstverständlich. Immerhin zeigt der FOX Channel ab Herbst dieses Jahres die fünfte Staffel von «Las Vegas» in deutscher Erstausstrahlung. Viele Zuschauer werden es vermutlich dennoch nicht mitbekommen…

Pascal: Warum wird manchmal bei Spielfilmen und Serien die Szene von vor der Werbepause nach der Werbung wiederholt?

Markus Ruoff: Auch das hat einen banalen Grund. Die Fernsehsender gewinnen damit einfach wertvolle Zeit. Bei einem zweistündigen Spielfilm mit jeweils einer 30-sekündigen Szene, die nach der Werbung noch einmal gezeigt wird, kann der Sender unter Umständen bis zu zwei Minuten an Sendezeit füllen. Insbesondere wenn nicht so viel Werbung gebucht wurde, ist das ein gerne angewendetes Mittel. Um es aber freundlicher zu formulieren: Die Sender wollen den Zuschauern den Einstieg nach der Werbung damit so leicht wie möglich gestalten.

Michael: Die US-Soap «Schatten der Leidenschaft» fliegt immer wieder aus dem Programm der deutschen Fernsehsender. Hat die Serie keine Chance mehr in Deutschland?

Markus Ruoff: Zumindest nicht im Tagesprogramm. Im Gegensatz zu US-Serien sind Soaps aus anderen Ländern bei den deutschen Zuschauern nicht sehr gefragt. Diese präferieren lieber Soaps und Telenovelas aus dem eigenen Land. Das lässt sich damit erklären, dass «Gute Zeiten, Schlechte Zeiten», «Sturm der Liebe» & Co. sich mit Problemen beschäftigen, die nahezu auch – übertrieben ausgedrückt- jeder Zuschauer zu Hause erleben könnte. Der Identifikationsfaktor ist einfach größer. Die Geschichten aus «Schatten der Leidenschaft» tangieren wahrscheinlich die deutschen Zuschauer gar nicht. Im Gegenzug würde sich auch kein Amerikaner für «Sturm der Liebe» und Konsorten interessieren. Das ist also kein grundsätzliches Problem von «Schatten der Leidenschaft». «Reich und Schön» ist – wenn man ehrlich ist- auch kein wirklicher Quoten-Hit. Für das ZDF sind die Quoten wohl dennoch ausreichend genug, um die Fans an der Stange zu halten. Ich empfehle daher allen Fans von «Schatten der Leidenschaft» sich die Soap in der Nacht aufzunehmen, denn ins Tagesprogramm wird es die Serie in den nächsten Jahren wohl kaum mehr schaffen.

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