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Wirbel um gekürzten Ärzte-Song im bayerischen Privatradio

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Dass die Bild nur aus Angst, Hass, Titten und dem Wetterbericht besteht, behaupten die Ärzte. Aufregung gab es nun, weil der Radiosender Antenne Bayern, an dem die Axel Springer AG beteiligt ist, genau diese Zeilen aus dem Song geschnitten hat. Was Antenne Bayern-Programmdirektorin Valerie Weber und der Ex-Radioberater Rik de Lisle dazu sagen…

Dass im deutschen Privatradio Songs gerne mal gekürzt werden, ist inzwischen keine Seltenheit mehr. Radio-Berater sehen es als erwiesen an, dass Musiktitel, die zu lange dauern, auf den Hörer abschreckend wirken und einen Abschaltimpuls erzeugen. Möglicherweise zeigt sich der Konsument von dem Lied nach einer gewissen Zeit gelangweilt. Deswegen ist es inzwischen üblich, einen Hit nur etwa drei Minuten lang zu spielen. Damit der Hörer davon aber nichts mitbekommt, wird nicht etwa das Ende weggelassen, sondern einfach eine Strophe in der Mitte.

Mit dieser Vorgehensweise scheint sich Radio-Deutschland angefreundet zu haben – Schnipseleien einer Radiostation erregen jetzt aber doch die Gemüter. Konkret geht es um den neuen Song der Ärzte – genauer gesagt um folgende Textpassage: „Lass die Leute reden und lächle einfach mild. Die meisten Leute haben ihre Bildung aus der Bild. Und die besteht nun mal, wer wüsste das nicht aus Angst, Hass, Titten und dem Wetterbericht.“ Der bayerische Radiosender Antenne Bayern, das meistgehörte Radioprogramm Deutschlands entfernte genau diesen Teil aus dem Song. Und das, obwohl „Lasse reden“ im Original ohnehin nur 2:50 Minuten lang ist.


Nicht nur der Bildblog, sondern auch Experten aus dem Radio-Metier, stellten sich die Frage nach den Hintergründen. Ist etwa das Wort „Titten“ zu obszön für einen bayerischen Sender? Oder fußt die Entscheidung eher auf der Tatsache, dass die Axel Springer AG, die die Bild herausgibt, mit 16 Prozent direkt an Antenne Bayern beteiligt ist? Quotenmeter.de hat bei Rik de Lisle, Radio-Berater und bis 2007 Chef von Alain Burns und Co. nachgefragt. „Jeder PD muss für sich entscheiden in wieweit er gehen möchte in Sachen "guter Geschmack". De Lisle selbst habe zu seiner Zeit als Radioberater beispielsweise auf den Song „Bobby Brown“ von Frank Zappa, der Homosexualität und Freddie Mercury angreift, verzichtet. „Und das, obwohl er gut in Deutschland ankam“.

Ob man in Bayern mit dem Wort „Titten“ umgehen kann, müsse also Programmdirektorin Valerie Weber entscheiden. „Dafür wird sie bezahlt“, so Rik de Lisle, der zu seiner Zeit bei Alain Burns auch Antenne Bayern beriet. De Lisle sprach sich allerdings für eine schwarz/weiß-Lösung aus. „Entweder spiele ich einen Song, oder ich spiele ihn eben nicht“.

Die Ärzte selber finden das Vorgehen des Senders alles andere als lustig. Auf ihrer derzeitigen Tour erfuhren sie von der Geschichte und ließen über ihr Management auf Quotenmeter.de-Anfrage verlauten: „Die Band fragt sich, warum Antenne Bayern der Song überhaupt spielt, wenn sie mit der Hauptaussage des Textes nicht einverstanden sind?“ Und: „Die Entfernung dieser Kernzeilen des Textes sieht die Band als eine Sinn entstellende Verstümmelung des Songs an.“

Und was sagt Antenne Bayern selbst zu den Vorwürfen? Quotenmeter.de sprach mit Programmdirektorin Valerie Weber, die sich zunächst allgemein zum Kürzen von Musikstücken äußerte. So sei es „unsinn“, dass die Songs im Programm von Antenne Bayern alle nur drei Minuten dauern würden. „Wie soll das denn gehen? Jeder Song hat eine eigene Länge, aber es ist tatsächlich in der Radiobranche üblich, dass der gleiche Song dem Moderator in verschiedenen Längen angeboten wird. Manchmal gibt es spezielle extralange Live-Versionen oder editierte Radioversionen, die kürzer sind. Dabei geht es nie darum, alle Musiktitel auf eine spezielle Länge, z.B. auf drei Minuten zu kürzen“, versicherte die mehrfach ausgezeichnete Programmdirektorin.




Vielmehr gehe es darum, dass es den Moderatoren nicht immer gelinge die Stunde auf die Sekunde genau perfekt zu planen oder auszufüllen. „Wir legen höchsten Wert darauf, dass unsere Nachrichten möglichst immer zur vollen und halben Stunde zuverlässig im Programm zu hören sind, andererseits wollen wir nicht, dass die Songs der Künstler abrupt abreißen oder brutal ausgeblendet werden oder der Moderator die Stunde mit neutralen Musikbetten auffüllt“, erklärt Weber die Strategie ihres Senders. Die unterschiedlichen Versionen eines Hits könnten je nach Bedarf eingesetzt werden. Dies sei wichtig, weil „jeder Song auch mal an jeder Platzierung in der Sendestunde laufen kann und durch aktuelle Beiträge sich das Musikrestlaufzeit-Verhältnis ständig ändert“, so Weber.

„Der Einsatz eines passenden und aufwändig gekürzten Songs und manchmal auch das Einplanen einer extra längeren Live-Aufnahme klingt in den meisten Fällen besser, als würde man das Ausklingen der Songs einfach dem Zufall überlassen“ – damit mag sie durchaus recht haben. Was aber ist genau im Falle des Hits „Lasse redn“ der Ärzte passiert. Immerhin griffen die Moderatoren bei diesem Song überwiegend zur gekürzten Version. Ein Verbot, die komplette Version zu spielen, gibt es bei Antenne Bayern nicht. „Der Song "Lasse redn" von den Ärzten ist ja das beste Beispiel dafür, dass es uns nicht darum geht, alle Songs auf drei Minuten zu kürzen. Selbstverständlich spielen wir diesen Song auch in kompletter Länge“, versicherte Valerie Weber im Quotenmeter.de-Interview.

„Es gibt diesen Titel, wie alle anderen auch, in einer kürzeren Version, in der die letzte Strophe, in der es unter anderem auch um die Bildzeitung geht, nicht mehr drin ist. Aber das ist nun mal ganz normal, dass der Moderator es nicht immer schafft einen Song ganz auszuspielen und dann fallen nun mal auch Textzeilen zum Opfer“, argumentiert die 1965 geborene Münchnerin. „Aber wie gesagt, natürlich gibt es auch Stunden, da reicht dem Moderator die Zeit den Song in voller Länge auszuspielen. Dahinter steckt also keinerlei inhaltliches System, sondern es ist einfach ein professioneller und sorgfältiger Umgang mit den Songs, die wir spielen,“ so Valerie Weber.

Wie aufmerksame Leser dem BildBlog mitteilten, wäre „Lasse redn“ am Dienstag in der Tat in der kompletten Version zu hören gewesen. Am Mittwochmittag entschied sich Moderatorin Dominique Knoll – demzufolge offenbar aus Zeitnot – wieder für die kurze Version. Ohne Titten und ohne Bild-Zeitung.

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