Am Dienstag startet die neue «Dr. Psycho»-Staffel - mit Quotenmeter.de sprach Grimme-Preisträger Christian Ulmen über die Hauptfigur Max Munzl und über die deutsche Serie allgemein. Lesen Sie, warum er «Dr. Psycho» für einen Quotenerfolg hält, was er zum Thema "Late Night Show" zu sagen hat und wieso er «Elton vs. Simon» gerne sieht.
Herr Ulmen, in dieser Woche geht es weiter mit «Dr. Psycho» - was erwartet uns denn in Staffel zwei?
Es wird jemand sterben – so viel kann ich schon verraten, obwohl ich unsere Fans eigentlich gar nicht so sehr beunruhigen will. Wir werden uns aber in Staffel zwei mit dem Thema Tod auseinandersetzen. Außerdem wird Max Munzl versuchen in dieser Staffel etwas männlicher zu sein. Er wird neue Frauen kennenlernen und damit werden wir viel Spaß haben. Zudem zeigen wir mehr vom Privatleben der Soko-Mitmenschen, unser Alkoholiker bietet sich da zum Beispiel sehr gut an.
Der wird von Roeland Wiesnekker gespielt, der sicherlich wieder in Höchstform ist…
Natürlich. Aber bei Roeland Wiesnekker ist das der Normalzustand. Er ist quasi direkt nach dem Aufstehen in Höchstform. Er kann gar nicht anders, ist per se in Höchstform, man nennt ihn deswegen auch Roeland Höchstform Wiesnekker.
Was macht für Sie denn den Reiz der Figur Max Munzl aus?
Dass er es eigentlich immer gut meint. Aber meinen und machen sind nun mal zwei paar Socken. Außerdem finde ich witzig, dass er immer ein Problem beim Thema „Männlichkeit“ hat. Er ist ja ein Mann. Und er findet auch Frauen toll. Dennoch verhält er sich angeblich nicht männlich. Diese Außenwahrnehmung seiner Person macht ihm wahnsinnig zu schaffen.
Worin unterscheidet sich Staffel zwei von Staffel eins?
Der Schwerpunkt in dieser Staffel ist die eben beschriebene Männlichkeit. Besonders spannend wird es übrigens, als Max’ Vater bei ihm einzieht, per Telefon Nutten bestellt und seinem mit dreißigjährigen Sohn Tipps gibt, wie er endlich mal männlicher wirken und kein Hosenscheißer mehr sein kann.
«Dr. Psycho» kommt – ebenso wie «Stromberg» aus der Feder von Ralf Husmann. In wie weit haben Sie mit ihm gesprochen, als die neuen Bücher geschrieben wurden. Konnten Sie an diesem Prozess mitteilhaben?
Nö. Husmanns Job ist das Schreiben, meiner das Spielen. Er kommt ja auch nicht ans Set und sagt mir, wie ich den Text sprechen soll. Das macht ja schon der Regisseur... Was genau ist eigentlich meine Aufgabe da? Egal. Jedenfalls ist es auch gar nicht nötig, da mit Ralf Husmann zu diskutieren. Manchmal kann man sich beim Schreib-Weihnachtsmann Husmann aber etwas wünschen – und das wird dann vielleicht auch umgesetzt. Hinnerk Schönemann wollte als Eddie beispielsweise unbedingt mal dessen eigenen Bruder spielen – das kommt jetzt in Staffel zwei vor.
ProSieben hat Ihnen jetzt einen neuen Sendeplatz gegeben. Dienstags um 22.15 Uhr. Sind Sie damit zufrieden?
Weiß ich nicht. Ich mache mir da keine Gedanken. Also wenn Sie mich das jetzt so fragen, würde ich sagen, dass es ein guter Sendeplatz ist, weil ich um diese Zeit immer fernsehe. 2:30 Uhr wäre blöd, acht Uhr morgens noch schlechter. Ich denke, dass ich zufrieden bin damit.
Sie treten damit künftig direkt gegen «Monk» an…
Ehrlich? Das ist interessant. Aber ich befürchte, dass es kaum mehr Sendeplätze gibt, auf denen alle anderen gar nichts senden (schmunzelt). Ich finde es irgendwie auch anstrengend immer daran zu denken, gegen wen ich antrete.
«Dr. Psycho» kann man sicherlich als Qualitätsserie bezeichnen. Genau solche Qualitätsserien haben es in Deutschland aber nicht leicht - «KDD» und auch «Blackout» - allesamt waren das keine Erfolge. Stehen die Deutschen nicht auf Qualität?
Wieso kein Erfolg? «KDD» ist meiner Ansicht nach sehr erfolgreich. Es wird über die Serie gesprochen, sie setzt in vielerlei Hinsicht Maßstäbe, wird hoch gelobt, gewinnt Preise. Das ist für mich Erfolg. Das was Sie jetzt ansprechen ist lediglich der Quotenerfolg.
Der aber komischerweise nicht vorhanden ist.
Wenn 1,0 Millionen Menschen «Dr. Psycho» sehen, dann stehen diese Zuschauer allesamt total auf diese Serie und haben sich da schon den ganzen Tag drauf gefreut. So. Und das ist toll. All das, was ohne diese Hingabe so nebenbei anzugucken ist, hat meistens automatisch höhere Quoten. Mir geht es ja nicht anders. Nach einem anstrengenden Tag will man sich, mitunter auch mal etwas ganz Nebensächliches in der Glotze sehen, wobei man vielleicht auch nett einschlafen kann. Solche Produktionen haben natürlich höhere Zuschauerzahlen, weil es auf dem Sofa vergleichsweise Vielen so geht am Abend. «Dr. Psycho» ist aber ein Format, auf das man sich einlassen muss, weil es Tempo hat. Wenn die Quote einer Nebenbei-Fernsehshow acht Millionen beträgt, schlafen dabei 7,5 Millionen Zuschauer irgendwann seelig ein, weil sie einen anstrengenden Tag hatten. Bei «Dr. Psycho» gucken aber 1,2 Millionen durchweg wache und aufmerksame Menschen zu, also hat «Psycho» sogar 700.000 Zuschauer mehr als der Quotenhit.
Aber hilft das denn wirklich? Für die Werbeindustrie zählen nun mal die Quoten…
Natürlich hilft das. Es ist doch wichtig zu wissen, was für Menschen die Serie gucken. MTV hat damals überhaupt keine Quoten erhoben und trotzdem wurde Werbung ohne Ende gebucht: Es war einfach klar, dass junge Menschen MTV schauen, die alle Clearasil brauchen. Da schalte ich als Pickelsalben-Macher eben hier meine Spots und weiß, dass die hier sicherer bei der Zielgruppe ankommen als bei «Mord ist ihr Hobby». Und «Dr. Psycho» wird von jüngeren, intelligenten und kaufkräftigen Menschen gesehen, die wie Munzl alle einen Hund haben. Also schalten Brockhaus und Pedigree bei uns Werbung wie verrückt.
ProSieben hat Ihre Serie trotz niedriger Quoten verlängert – auch «Stromberg» ging trotz anfangs schlechter Werte weiter. Ist dieses Vorgehen zu loben oder Ihrer Meinung nach saublöd, weil ein US-Spielfilm mehr Erlös bringen würde?
Von diesen Kisten habe ich wirklich keine Ahnung. Ich verfolge das genauso von Außen wie Sie. Und hier draußen wirkt das schon seltsam. Denn wenn man sagt, dass man an die deutsche Serienkultur glaubt, dann muss man so handeln wie ProSieben das toller Weise macht. Ich kann das natürlich aus rein wirtschaftlicher Sicht verstehen, dass man «Die Anwälte» bei RTL nach nur einer Folge rausgekickt hat, weil die Quote mau war, aber der deutschen Serie an sich hat man damit eher geschadet. Aus einer solch kurzsichtigen wirtschaftlichen Sicht wäre es wohl nur konsequent, wenn die Sender sagen würden: „Nein, wir machen gar keine deutschen Serien mehr“.
Aber…
…wenn sie es doch tun, dann müssen sie sich bewusst sein, dass dieses Genre nur mittelfristig ein Erfolg sein kann. Stimmts? Weil die Idee einer Serie ja ist, dass man über mehrere Episoden eine Geschichte erzählt. Und die müssen von den Zuschauern ja erstmal entdeckt werden. Das dauert doch. Ich habe «Six Feet Under» zum Beispiel erst in der dritten Wiederholung überhaupt wahrgenommen. Ich denke, Serie ist so ein Investitionsding, da erntet man halt nicht sofort. Plump-wirtschaftlich kann ich eine schnelle Absetzung nachvollziehen. So verstehe ich auch, dass Nokia von jetzt auf gleich seine Handys lieber in Rumänien produziert, weil dabei mehr Gewinn ’rauskommt. RTL ist quasi das Nokia der Serienkultur.
Harte Worte…
Nö. Harte Entscheidungen – wie gesagt: Letztlich bin ich ja auch nur der Taxi-Fahrer, der alles besser weiß als Jogi Löw. Das sind meine Zugucker-Ansichten – ich war bei noch keinem Sendermeeting zum Thema Serieneinkauf dabei. Wäre ich aber gern mal. Nur zum Zuhören.
«Dr. Psycho» und «Stromberg» haben einen ähnlichen Humor. Bei «Stromberg» gibt es immer wieder Diskussionen um ein Ende der Serie, bzw. um den Ausstieg von Christoph Maria Herbst. Wie sieht es bei Ihnen aus? Wie lange würden Sie den Max Munzl noch mimen?
Wenn ich nicht mehr will, dann melde ich mich schon. Aber da sage ich doch nicht schon jetzt etwas zu. Das ist so als wenn ich während meiner Ehe sage: „Englein, du weißt aber, dass ich mich irgendwann mal scheiden lasse“. Die Ehe funktioniert ja erstmal über die Illusion der Ewigkeit und manchmal wird die sogar echt. Warten wir es ab.
Ganz konkret: Würden Sie heute einen Vertrag für eine vierte Staffel unterschreiben?
Sofort. Ich drehe im Herbst zwei völlig unterschiedliche Kinofilme, bin also nicht auf einen bestimmten Typen festgelegt. Und so lange das noch so ist, werde ich wohl auch an Max Munzl noch viel Spaß haben.
Wie geht es deutschen Comedy-Formaten denn allgemein? Man könnte meinen, es sieht schlecht aus…
Keine Ahnung, ich lasse ja den Fun-Freitag meistens aus und gehe direkt in den Samstag über.
Wie stehen Sie zum Thema Late Night?
Ich liebe Late Night und finde es sehr schade, dass es hierzulande keine institutionalisierte Late Night-Show gibt. «TV Total» bedient sich da ja ein bisschen. Wichtig finde ich, dass eine Late Night-Show täglich gesendet wird.
Was sagen Sie dann zu Niels Ruf?
Habe ich bis jetzt noch nicht gesehen.
Was nicht für Ruf spricht, wenn Sie als Late Night-Fan nicht einschalten…
Stimmt. Aber wie gesagt: Ich finde es unglücklich, wenn eine solche Sendung nur einmal wöchentlich läuft. Ich will mich darauf verlassen können, mit dieser Art von Humor täglich ins Bett gehen zu können, ohne auf Tag und Uhrzeit achten zu müssen.
Zurück zu ProSieben: Können Sie über «Elton vs. Simon» lachen? Die Show der beiden läuft künftig vor Ihnen.
Das ist ein Wettkampf - dabei lache ich nicht. Ich lache ja auch nicht beim Fußball. Ich finde deren Experimente spannend, ich mag diesen infantilen Spielgeist, den die beiden haben. Ich gucke das gern, weil ich neugierig bin, wer der beiden das Duell gewinnen wird.
Als was sehen Sie sich am liebsten? Moderator, Entertainer, Schauspieler?
Als Moderator sehe ich mich eigentlich gar nicht mehr. Auch im Radio bei Fritz bin ich eigentlich kein Moderator. Ich würde mich da eher „Plauderer“ nennen. Deswegen tendiere ich zu „Unterhalter“.
Herr Ulmen, wir sind fast fertig. Auch an Sie gehen jetzt noch drei kurze und knappe Sonntagsfragen, die mehr über Sie persönlich verraten sollen. Nennen Sie mir doch bitte Ihren derzeitigen Lieblingssong…
„Ganz anders“ von Jan Delay und Udo Lindenberg.
Wo schalten Sie sofort weiter, wenn Sie fernsehen?
Bei «Moneyexpress».
Wo würden Sie jetzt gerne Urlaub machen?
In Stokcwak bei Moskau.
Herr Ulmen, Danke für das Interview.