Es ist ein düsteres Bild, dass die Hörzu in ihrer aktuellen Ausgabe zeichnet: RTL und Sat.1 seien – pünktlich zum jeweiligen 25. Geburtstag – in ihrer schwersten Krise. Was der Bericht von Martin Häusler aussagt: RTL sei – Zitat von Ex-Chef Thoma – zu einer „Gelddruckmaschine“ degeniert. Dem Kanal fehle ein wirklicher Programmdirektor. Anke Schäferkordt, Geschäftsführerin des Senders, sei zwar tüchtig, aber sie sei die Controllerin geblieben, die sie immer schon war. Was folgt ist eine Aufzählung von Privatfernseh-Gesichtern, die zu ARD und ZDF geflohen sind. Lanz, Kronzucker, Kausch, Höppner.
Und das sei noch nicht alles: Jauch und Kerkeling seien auf dem Sprung zur ARD, auch Sat.1-Liebling Kai Pflaume (Foto) flirte hinter den Kulissen mit dem Gebührenfunk. A pro pos Sat.1: Ein harter Sparkurs sei dort im Gange, die Senderfamilie habe über drei Millarden Euro Schulden.
„Im deutschen TV hat ein hilfloses Hin- und Hergewechsel von Formaten, Sendeplätzen und Inhalten eingesetzt, bei dem einem schwindelig werden kann“, zitiert das Blatt den ehemaligen Sat.1-Chef Schawinski. Was ist dran an dem Weltuntergangsszenario, das die Hörzu, welche in der Branche längst nicht mehr für Qualitätsjournalismus steht, zeichnet? Die Antwort: Recht wenig. Der Autor beleuchtet das Thema mehr als einseitig, so vergisst er beispielsweise die zahlreichen Wechsel, die von ARD-Anstalten zu RTL stattgefunden haben. Marco Schreyl kam beispielsweise vom ZDF zum Kölner Privatsender.
Den Eindruck zu erwecken, Kai Pflaume würde mit den öffentlich-rechtlichen flirten, ist ebenfalls eine Irreführung des Lesers. Der «Nur die Liebe zählt»-Moderator hat noch einen zwei weitere Jahre andauernden Konkrat mit Sat.1, der ihn exklusiv an den Bällchensender bindet. „Mit Kai Pflaume haben wir ein wunderbares Verhältnis. Er ist unser wichtigstes Sendergesicht“, erklärte Sat.1-Sprecherin Kristina Faßler im Gespräch mit Quotenmeter.de. Der Hörzu-Artikel sei nicht ruhmreich „zu allererst für die Hörzu“, erklärte Faßler.
In der Tat: Gleich mehrere Unsauberkeiten lassen sich darin feststellen: So wechselte Thomas Kausch (Foto) beispielsweise nicht von Sat.1 zur ARD, sondern wurde von Sat.1 entlassen, wie er in einem Interview in der FAZ einige Tage später selbst erklärte. Das Zitat von Roger Schawinski, welches so platziert wurde, als hätte er den Satz direkt zur aktuellen Krise gesagt, stammt aus einer Vanity Fair-Ausgabe aus dem Februar diesen Jahres. „Das ist in höchstem Maße unjournalistisch“, empörte sich Sprecherin Faßler.
Und auch RTL – im Bericht ebenfalls hart angegangen – ist nicht sonderlich glücklich über den Bericht, was angesichts der harschen Kritik durchaus verständlich ist. Denn eigentlich ist es offenkundig, dass man keineswegs in einer derart großen Qualitätsmisere steckt. RTL-Sprecher Christian Körner erklärte auf Anfrage von Quotenmeter.de: „Der Autor und Unterhaltungschef des Blattes macht den Eindruck, als könne er die eigene Programmzeitschrift nur mit spitzen Fingern durchblättern vor lauter schlechtem Privatfernsehen, und das schon seit fast 25 Jahren, wie ungesund. Dabei können schon mal jüngere Programme wie die aktuelle Serie«"Doctors Diary», Events wie Romanverfilmungen von Frank Schätzing oder die «Prager Botschaft» durchrutschen, ganz abgesehen von Publikumshits wie «Dr. House», «Raus aus den Schulden» oder «Bauer sucht Frau». Dazu ein paar Zitate auf Bestellung oder einfach irgendwo abgeschrieben - und gut,“ so Christian Körner.
„Dumm nur, wenn man eine Geschichte zum Jubiläumsjahr schreibt, bevor das Pressescreening dazu stattgefunden hat. Es soll doch tatsächlich Geschichten geben, die stehen schon fest, bevor sie recherchiert sind - wenn sie denn recherchiert sind,“ gab sich der Pressesprecher des Kölner Senders zynisch. Und wie sieht die Realität wirklich aus? In der Tat haben es RTL und Sat.1 derzeit nicht leicht, die Monatsmarktanteile von RTL sind so niedrig wie seit etlichen Jahren nicht mehr, Sat.1 versucht sich derzeit durch Fußball ein neues Image aufzubauen. Es herrscht vielleicht ein kleines Gewitter über dem Lager der privaten Sender, die Ankündigung des Weltuntergangs seitens der Hörzu vermag aber doch sehr an Nostradamus zu erinnern.