Die derzeitige WDR-Intendantin Monika Piel kann die Kritik von Marcel Reich-Ranicki über den Deutschen Fernsehpreis nicht teilen. „Ich hatte den Eindruck, bei ihm sind einfach viele Faktorenzusammengekommen; Reich-Ranicki ist inzwischen ein alter Herr“, so Piel gegenüber der Westfälischen Rundschau. „Er hat lange warten müssen. Er ist an dem Abend mit Produkten konfrontiert worden, die er wahrscheinlich noch nie gesehen hat.“
Für die WDR-Chefin ist der Deutsche Fernsehpreis weiterhin ein Pflichttermin. Jedoch steht für sie nicht die Qualität, sondern der Erfolg im Vordergrund: „Auch die Privaten sollen zu Recht für ihre erfolgreichen Formate ausgezeichnet werden. Sonst ist der Deutsche Fernsehpreis sinnlos.“
Auf der einen Seite verteidigt die Intendantin die derzeitige Qualität im Hause der ARD, auf der anderen Seite setzt sie sich für mehr Events, Kultur und Dokumentationen im Hauptabendprogramm ein. Der Erfolg von «Der Besuch der alten Dame» bestätigt, dass man literarische Werke angemessen für Jung und Alt verfilmen kann.
Obwohl die ARD bereits seit mehreren Jahren am Montagabend trotz zeitweiser schlechter Quoten auf Dokumentationen setzt, sieht Piel ihr Programm für verbesserungswürdig. „Insofern ist uns Reich-Ranickis Kritik, es gebe keine Kultur zur Primetime in den Hauptprogrammen, nicht völlig fremd. Wir arbeiten daran“, so Piel gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger.
Die WDR-Chefin fordert unterdessen auch mehr hochwertige Sendungen bei den privaten Anstalten: „Ich hoffe sehr, dass die Landesmedienanstalten als zuständige Aufsichtsbehörde die Kritik Reich Ranickis aufgreifen und ihrerseits eine Qualitätsdebatte über das kommerzielle Fernsehen in Gang bringen“. Kurios: Gegenüber der Westfälischen Rundschau erklärte sie, dass ein Fernsehpreis ohne die Auszeichnung erfolgreicher, aber keineswegs guter Sendungen, wichtig sei.