Story
Im Vordergrund steht das aufrüttelnde Schicksal jüdischer Kinder und Jugendlicher im Zeichen von NS-Diktatur, Krieg und Holocaust - und dem Neuanfang in Israel. Es sind die Erlebnisse Tausender junger Menschen, die vor dem mörderischen Terror der Nazis fliehen mussten. Hunderte von ihnen erreichten schließlich - nach einer dramatischen Odyssee - das "Gelobte Land". Nach aufwändigen Recherchen ist es dem Autor und Produzenten Stephan M. Vogel gelungen, Überlebende jener "Kinder-Odyssee" zu finden und sie ausführlich zu befragen. Der Film, der zum 70. Jahrestag der "Reichspogromnacht" produziert wurde, ruft ihr Schicksal in Erinnerung.
Fast vier Jahre dauerte das Drama der jüdischen Kinder, ein steter Wechsel von Flucht, Bedrohung und Gefangenschaft. Der Weg führte über zwei Kontinente - Tausende Kilometer. Viele überlebten die Strapazen nicht, nur einige Hundert erreichten am Ende das Ziel.
Die Etappen der Odyssee zeigen, wie die jungen Menschen immer wieder Opfer der Willkür wurden: Im Rahmen der so genannten "Polen-Aktion" wies Hitler-Deutschland Tausende Juden polnischer Herkunft im Herbst 1938 aus. Das Attentat des 17-jährigen Herschel Grynszpan auf den deutschen Legationssekretär in Paris (vom Rath) war eine Reaktion darauf. Den Nationalsozialisten diente seine Tat als willkommener Vorwand für den beispiellosen Terrorakt am 09. November.
Kritik
Anlässlich des siebzigsten Jahrestags der Reichskristallnacht zeigt das ZDF am 9. November wieder einmal eine Dokumentation über den Nationalsozialismus. Doch dieses Thema wird nur am Rande beleuchtet und eigentlich geht es um etwas ganz anderes; nämlich um die „vergessenen Schicksale“ von jüdischen und polnischen Kindern, die aus Deutschland und Polen vertrieben und in Gulags untergebracht wurden. Wenn das ZDF diese Dokumentation also mit dem Jahrestag der Reichspogromnacht anpreist, so ist dies falsch. Das wertet die Dokumentation per se nicht ab, schließlich sind Berichte über die widerwärtigen Schandflecke der deutschen Geschichte durchaus sinnvoll und auch interessant. Doch hier bekommt der Zuschauer nicht, was er erwartet.
Ein großes Manko an «ZDF History: Die Odyssee der Kinder» ist sicherlich, dass es sich hier um eine Doku-Fiction handelt. Das heißt, dass die Zeitzeugenberichte durch nachgestellte Szenen illustriert werden. So etwas kann man durchaus machen, wenn es sich um interessante oder ungewöhnliche Einzelschicksale handelt, bzw. versucht werden soll, Spannung zu erzeugen, wie etwa in dem faszinierenden Fernsehfilm «Todesspiel». Hier ist es aber eher unangebracht, da ja ständig die Vielzahl der Opfer betont wird und allein schon Interviews und Originalaufnahmen den Wahnsinn und Schrecken der Situation vollkommen deutlich gemacht hätten. Schlimm ist auch, dass man diesen Film wegen der Fiction-Anteile fast nicht wirklich als eine sinnvolle Dokumentation ernst nimmt, da sich die nachgestellten Szenen künstlerisch auf niedrigstem Niveau befinden.
Hätte man sich also auf Interviews und kommentierte Originalaufnahmen beschränkt und den Film nicht in Zusammenhang mit der Reichspogromnacht angepriesen, so wären die meisten Minuspunkte aus dem Weg geräumt und die Dokumentation durchaus sehenswert gewesen. So, wie sie ist, muss man leider davon abraten.
Das ZDF strahlt «ZDF History: Die Odyssee der Kinder» am Sonntag, 9. November 2008, um 23.50 Uhr aus.