Story
Zwei Jungen finden beim Ballspielen in der Tiefgarage eines Münchener Wohnblocks eine nackte Frau in einem Schrank. Kommissar Polonius Fischer, ehemaliger Benediktinermönch und seit 14 Jahren im Polizeidienst, kann die Ermordete schnell identifizieren, doch ihre siebenjährige Tochter ist verschwunden.
Die Nachbarn kennen die Frau nicht, Freunde hat sie keine und der Vater des Kindes verweigerte bisher jegliche Beziehung zu seiner Tochter. Es herrscht Ungewissheit, wo sich das Mädchen befindet und weder Mord noch Entführung sind auszuschließen.
Je weiter die Untersuchungen voranschreiten, desto tiefer tauchen die Ermittler der Mordkommission 111 um Kommissar Polonius Fischer in einen Strudel aus Selbstjustiz, Gleichgültigkeit und selbst definiertem Gottesglauben ein, in dem sich die Schuldigen als Retter vermeintlicher Opfer betrachten.
Darsteller
Hanns Zischler («Im Lauf der Zeit», «Berlin Chamissoplatz») ist Polonius Fischer
Lisa Maria Potthoff («Soloalbum», «Männer wie wir») ist Liz Sinkel
Sissy Höfferer («Um Himmels Willen», «Soko Köln») ist Ann-Kristin Seeliger
Christoph Waltz («Du bist nicht allein – Die Roy Black Story») ist Sebastian Flies
Matthias Brandt («Contergan») ist Jonathan B.
Kritik
Mit dem Film «Todsünde» verfilmt Regisseur Matti Geschonneck den Bestseller «Idylle der Hyänen» des Autors und Krimipreisträgers Friedrich Ani und damit erneut ein Drehbuch, das auf einem Roman Anis basiert.
Das Schema der Handlung ist dabei alles andere als konventionell: Kommissar Polonius Fischer ist ehemaliger Benediktinermönch und interessiert sich weniger für die technischen Aspekte seiner Arbeit, sondern vielmehr für die psychologische Seite des Bösen und die unergründlichen Abgründe menschlichen Handelns. Er versucht, über Schicksale und das dadurch geprägte Denken der Menschen einen tieferen Sinn hinter einem Verbrechen zu finden. So werden seine Verdächtigen in einem engen Raum mit Kruzifix an der Wand verhört und mit an Kaltblütigkeit grenzender Hartnäckigkeit mit Fragen konfrontiert, während er selber eine apokalyptisch-ironische Weltsicht hat, die er nur zu gerne philosophischen fundiert und Bibelverse zitierend vorträgt. Seine Glaubwürdigkeit verschafft Fischer die Idealbesetzung Hanns Zischler, der in Mimik und Gestik einen faszinierenden Charakter erschafft, der das Böse auf eine beklemmende Weise herausfordert.
Dabei hält sich der Film nicht lange mit Nebensächlichkeiten auf, wie es die Beschreibung Fischers vielleicht vermuten lässt: Eigenarten und Verhaltensweisen der Hauptdarsteller ergeben erst im Laufe der Handlung einen Sinn, wenn sich dem Zuschauer einzelne Lebenswege der Protagonisten eröffnen; die Nebendarsteller werden hingegen nicht mehr als nötig in das Geschehen eingebunden und sind zum Teil nur als namenlose Ermittler in Rückblenden zu sehen. Weit entfernt ist die Beziehung der Kollegen von kumpelhaften Tatort-Allüren mit weichgespültem Privatpalaver.
Auch das Milieu ist so hässlich wie austauschbar: Münchener Stadtidylle und bayrische Herzlichkeit sind in «Todsünde» nicht zu finden, stattdessen personifizieren anonyme Betonwüsten das stilisierte Böse.
Gleichzeitig entwickelt Regisseur Matti Geschonneck durch kurze Ausschnitte einer Begebenheit, zeitversetztem Wiederholen einer früheren Szene aus anderen Blickwinkeln und gewagten Sprüngen eine dichte Atmosphäre, die die Wirrungen des Falles und die Abgründe hinter den Taten Stück für Stück zu offenbaren scheint und dem Film Thrillermomente beschert. Diese werden durch psychisch wirr anmutende Verhöre und dem Zitieren von Bibelstellen verstärkt.
Diese Stärken des Films sind jedoch zugleich seine Schwächen. Unendlich viele Handlungsstränge, die sich immer weiter ausbreiten und erst zum Ende aufeinander treffen und lange Dialoge sorgen nicht nur für Spannung, sondern ebenso für Verwirrung und wirken zum Teil umständlich. Dem ein oder anderen werden auch die häufigen Bibelzitate mit der Zeit nerven.
Nichtsdestotrotz ist «Todsünde» eine gelungene Romanumsetzung, die sich von konventionellen Krimis abhebt. Der Zuschauer darf sich vor allem auf eine gelungene Charakterdarstellung freuen, die besonders in Hanns Zischler als Polonius Fischer ihren Höhepunkt findet und von der Handlung in ihrer Wirkung noch verstärkt wird. Empfehlenswert für Zuschauer, die sich von intensiven Gedankengängen und philosophischen Anwandlungen nicht abschrecken lassen.
Das ZDF zeigt «Todsünde» am Montag, den 24. November 2008, um 20:15 Uhr.