Quotenmeter.de-Redakteur Christian Richter fordert die Wiedereinführung eines Mindestmaßes an Niveau in großen Samstagabendshows.
Was ist nur aus der guten Samstagabendshow geworden? In den vergangenen Jahren verkam, was einst als Königsklasse der deutschen Fernsehunterhaltung galt, zu einem Tummelplatz von seelenlosen Machwerken, die an Banalität kaum zu überbieten sind.
Dieser Prozess wird am Niedergang des Niveaus von «Wetten, dass...?» am deutlichsten. Noch vor wenigen Jahren hatte die größte deutsche Unterhaltungssendung eine gewisse gesellschaftliche Relevanz, da die Wetteinsätze oft bedeutsamer als heute waren. Damals mussten als „Strafe“ Marktplätze aufgeräumt oder auf der Straße Geld für einen sozialen Zweck gesammelt werden. Man denke nur an die große Spendenaktion von Karl-Heinz Böhme im Jahr 1981 zurück. Diesen Einsatz vermisst man in heutigen Ausgaben der Show völlig. Als Wetteinsatz wird der Moderator lieber kopfüber in einen Senftopf gesteckt. Soll das etwa öffentlich-rechtliches Qualitätsfernsehen sein, das einem Bildungsauftrag gerecht wird? Muss so ein Schwachsinn durch Gebühren finanziert werden? Allein wenn man sich die Wetteinsätze der jüngsten Ausgabe betrachtet wird deutlich wie gegenstandslos die Sendung geworden ist. Günther Jauch musste rhythmische Sportgymnastik betreiben, Gewichtheber Matthias Steiner sticken, Anke Engelke einen Loriot-Sketch aufführen und Jamie Oliver ein Fahrrad fahren, das nach rechts fährt, wenn man nach links lenkt. Vielleicht liegt in dieser zunehmenden Primitivität ein Grund für den wachsenden Zuschauerschwund.
Doch nicht nur «Wetten, dass...?» ist ein Zeugnis der immer profaneren Samstagabendprogramme. Der vergangene Samstag demonstrierte eindrucksvoll die derzeitige Qualität der Shows. In Sat.1 wurde «Kuschelrock – Die schönsten Liebesgeschichten» mit Kai Pflaume ausgestrahlt. Neben viel Musik und einigen Paaren, die ihre Geschichte erzählten, durften auch prominente Paare nicht fehlen. Diese wurden durch Giovanni und Jana-Ina, Sky Du Mont und seiner Gattin sowie das Ehepaar Ochsenknecht vertreten. Gegen Ende der Sendung traten die Teams in einem Wettstreit um „Das Paar des Jahres“ an. Um diesen Titel gewinnen zu können, mussten sie einige Spielchen über sich ergehen lassen, die sogar auf jeder Dorfhochzeit die Gäste langweilen würden.
So kam es zum Übereinstimmungsspiel, bei dem Kai Pflaume Fragen zu den jeweiligen Beziehungen stellte, die die Partner unabhängig von einander beantworten mussten. Auf diese Weise erfuhr der Zuschauer dann, dass Giovanni seine Jana-Ina auf einer Toilette in einem Hotel flachgelegt hat und dass das Ehepaar Du Mont bereits zwei Wochen nach dem ersten Treffen in der Kiste landete. Das alles sind Informationen, die man einfach nicht wissen will. Informationen, die nur dem Öffentlichkeitsdrang der vermeintlichen Promis befriedigen. Informationen, die in einer großen Samstagabendshow nichts zu suchen haben.
Auch das Gegenprogramm war an diesem Abend auf ähnlichem Niveau angesiedelt. Im Ersten lud Frank Elsner zu einer neuen Ausgabe von «Verstehen Sie Spaß?» ein, in der er wieder den „Witzbold des Jahres“ suchte. Auf der Bühne standen im Finale zwei ältere Herren, von denen der eine auch noch ein Geistlicher war, die derart schlechte Witze erzählten, die es nicht einmal in die „Micky Maus“ geschafft hätten. Auch hier stellt sich wieder die Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz, die eine Sendung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zumindest rudimentär haben sollte. Man könnte diese Aufzählung leider ewig weiterführen und würde dabei über «Das Supertalent» letztendlich bei Uri Gellers UFO-Experiment landen.
Natürlich handelt es sich bei diesen Sendungen um Unterhaltungsshows und diese sollen selbstverständlich unterhalten. Das ist klar. Es wird hier auch nicht gefordert, diese durch das «Literarische Quartett» oder einen Themenabend über „Transzendenz“ zu ersetzen. Es geht viel mehr um die Wiedereinführung eines Mindestmaßes an Niveau. Ein bisschen weniger belanglose Banalitäten wird der deutsche Fernsehzuschauer sicherlich verkraften können.