Die Kritiker

«Im Gehege»

von
Story
Jon Ewermann, Anfang 50, Lehrer für Deutsch und Latein an einem Hamburger Gymnasium, hat die große Liebe seines Lebens gefunden: Die schöne und kluge Julie, fast 20 Jahre jünger als er, ist alles, was er sich jemals erträumt hat. Ihretwegen ist Jon bereit, sein bisheriges bequemes Leben aufzugeben: seine Ehefrau Charlotte, Robert, seinen einzigen wirklichen Freund, seinen festen Job, sein Haus, seine sichere Zukunft.

Als Charlotte durch einen tragischen Unfall tödlich verunglückt, ist für Jon nicht nur das größte Hindernis beseitigt, er wird darüber hinaus zu einem reichen Mann. Doch Jon genügt das nicht: In seiner Besessenheit, Julie ganz und gar für sich zu gewinnen, wird er zum Mörder. Ebenso beiläufig wie kaltblütig räumt er weitere Störenfriede aus dem Weg, überzeugt, dank seiner überragenden Intelligenz nicht überführt zu werden.

Tatsächlich sieht es so aus, als würde Jon ungeschoren davonkommen. Doch mit einem hat er trotz aller Kalkulation nicht gerechnet: dass die von ihm geliebte Frau ein raffiniertes Spiel mit ihm treibt, dass er das schwächste Glied in einem verhängnisvollen Dreieck ist. So wird der zum Mörder gewordene Jon am Ende selbst zur tragischen Figur, der Jäger wird zum Gejagten, der Betrüger zum Betrogenen.

Darsteller
Robert Atzorn («Tatort: Hamburg», «Der Kapitän») ist Jon Everman
Judith Rosmair («Donna Roma», «Ulrike Maria Stuart») ist Julie Schwertfeger
Axel Milberg («Tatort: Kiel», «Doktor Martin») ist Robert
Maximilian Pelz («Die sieben Todsünden», «Türkisch für Anfänger») ist Timo
Eleonore Weisgerber («Schweitzer», «Der falsche Tod») ist Charlotte Everman
Thando Walbaum («Einsatz im Hamburg», «Absolut das Leben») ist Luca

Kritik
«Im Gehege» befasst sich mit dem allgegenwärtigen Thema von der Angst vorm Altern, verbunden mit Liebe, sexueller Obsession, Wahn und letztendlich auch Mord. Herausgekommen ist dabei ein recht unterhaltsames, wenn auch teilweise sehr vorhersehbares spannendes Psychogramm eines Mannes, dessen scheinbar geregeltes Leben innerhalb von nur wenigen Wochen aus der Spur gerät. Denn die Hauptfigur Jon, überzeugend dargestellt von Robert Atzorn, kann nicht mehr unterscheiden zwischen einem sexuellen Abenteuer und der wahren Liebe. So ist es dann auch ein Leichtes, den mittlerweile realitätsfremden Mann auf die eine oder andere Weise auszunutzen.

Als Vorlage für das Drama «Im Gehege» diente der Roman von Martina Borger und Maria Elisabeth Straub («Katzenzungen», «Lindenstraße»). Regisseur Kai Wessel («Die Flucht», «Das Geheimnis im Moor») hat daraus ein unterhaltsames TV-Drama gestrickt, das sich aber leider nicht von dem ansonsten recht verbreiteten Einheitsbrei der TV-Thriller zu unterscheiden vermag. Vieles im Handeln der Hauptfiguren, vor allem von Jon, ist am Ende zu vorhersehbar, zu klischeehaft und im Grunde zu langweilig. Am Ende bleibt dann höchstens noch die Motivfrage übrig, die sich damit beschäftigt, wie man selber wohl hätte handeln können, wenn man der selben Ausgangssituation ausgesetzt gewesen wäre.

Schauspielerisch gibt es allerdings nichts an dem Drama auszusetzen. Wessel hat ein großartiges Ensemble ausgewählt und in Judith Rosmair auch ein großes Theatertalent auf den Bildschirm gebracht. Von ihr würde man in Zukunft gerne mehr sehen. Auch Robert Atzorn – selbst ja jahrelange Erfahrung als TV-Lehrer – spielt seine Rolle souverän herunter, auch wenn es am Ende vom Drehbuch her arg gekünstelt wirkt. Und selbst die Nebenrollen sind mit Axel Milberg und Eleonore Weisgerber sehr gut gewählt.

Der Rest ist mehr oder minder das, was man von einer TV-Produktion dieser Größenordnung auch erwarten darf und setzt sich nicht wirklich positiv von anderen Filmen ab. Summa summarum ein ordentlicher, wenn auch nicht herausragender Montagskrimi im Zweiten.

Das ZDF zeigt den TV-Film «Im Gehege» am Montag, den 01. Dezember 2008, um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/31263
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