Mit der «Wahlarena» wird Sat.1 wohl ein ähnliches Zahlendesaster zur Wahl erleben wie die SPD.
Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass Sat.1 zur im Herbst anstehenden Bundestagswahl einen politischen Talk unter dem Arbeitstitel «Wahlarena» plant. Allein dies ist schon eine Überraschung, doch die mögliche Besetzung der Show sorgte für noch größeres Erstaunen in der Branche: Der Sender verhandelt mit Sabine Christiansen und Stefan Aust für eine Doppelmoderation. Erstere ist einem Millionenpublikum schon durch ihren eigenen Polit-Talk bekannt, der zwischen 1998 und 2007 im Ersten sonntags nach dem «Tatort» ausgestrahlt und von «Anne Will» abgelöst wurde. Letzterer war bis vor kurzem Chefredakteur des „Spiegel“ und moderierte das gleichnamige TV-Magazin bei RTL. Die Frage ist: Warum tut sich Sat.1 einen möglichen «Wahlarena»-Flop an?
Der Privatsender ist in den letzten Jahren nicht gerade durch informatives Nachrichtenfernsehen oder politische Relevanz aufgefallen. Nach dem Weggang von Thomas Kausch purzelten die Quoten der mittlerweile einzigen Nachrichtensendung von Sat.1 in den Keller – die Verlegung der Nachrichten von 18.30 auf 20.00 Uhr hatte den Effekt, dass noch weniger zusahen. Wenn die Fernsehstation einmal eine Nachrichtenkompetenz hatte, dann hat sie diese in den letzten Jahren definitiv verloren. Unter dem Ex-Boss Roger Schawinski wurde eine Aufpolierung des schlechten Informations-Images durch diverse Schritte versucht, beispielsweise die Ausstrahlung einer wöchentlichen gesellschaftlichen Diskussionsrunde namens «Talk der Woche»: Im August 2005 gestartet, geriet die Sendung nach einigen Ausgaben unter die Räder und wurde schon drei Monate später abgesetzt. Grund waren die desaströsen Quoten von oft unter fünf Prozent in der Zielgruppe.
Zwar ist dieses Schauspiel nun schon über drei Jahre her, doch mittlerweile ist die Nachrichtenkompetenz von Sat.1 noch weiter gesunken. Zwar ist ein Versuch, mit der «Wahlarena» eben jene Kompetenz wieder zu erlangen, ein interessanter Schritt, doch er wird wieder genau den gegenteiligen Effekt haben, wie mit dem «Talk der Woche»: Die Quoten werden so schlecht sein, dass sich Sat.1 sicherlich auf ein paar Jahre nicht mehr mit einer ähnlichen Show versuchen wird. Warum? Weil die Personen Christiansen und Aust in der Zielgruppe niemanden interessieren werden, weil die Show ohnehin nur streng auf Politik und eine begrenzte Ausstrahlung von fünf Ausgaben ausgelegt ist und weil Sat.1 eben dieses angesprochene Image nicht hat, um seiner Zuschauerschaft diese Sendung schmackhaft zu machen und weil ja auch niemand eine solche Talkshow in Sat.1 vermutet.
Dies ist kein vorheriger Abgesang auf die Sendung – sie wird inhaltlich sicher dank der Moderatoren gut werden, doch um inhaltliche Qualität geht es im Fernsehen ja leider nicht. Dies ist eher ein Abgesang auf Sat.1, weil der Sender sich jahrelang nicht bis wenig um Kompetenz im Informationsgenre gekümmert hat und nun plötzlich eine politische Talksendung etablieren will und sich dann über schlechte Quoten wundern wird. Hier passt wohl die Redewendung des berühmten Pferdes, das von hinten aufgezäumt wird, exzellent. Hoffen wir also, dass es gar nicht erst aufgezäumt wird.
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt ein paar neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Freitag nur auf Quotenmeter.de.
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