Ob Telenovela, Richtershow, Life-Doku oder Zooreportage: Viele Genres sind im Nachmittagsprogramm vertreten, doch nicht alle sind erfolgreich. Was läuft gut und wo schalten die Zuschauer nicht (mehr) ein?
Schaut man auf das Programm am werktäglichen Nachmittag, so ergibt sich seit einigen Jahren ein differenzierteres Bild: Während früher die Quotenerfolge ausschließlich bei den Privatsendern zu finden waren, spielen seit 2004, dem Anfang der Telenovelas, auch die öffentlich-rechtlichen Sender im Kampf um die Zuschauerzahlen mit.
Die erste Telenovela, die eine dauerhafte Zuschauereruption am Nachmittag zur Folge hatte, war «Bianca - Wege zum Glück» um 16.15 Uhr im ZDF. Die Show war von Anfang an ein voller Erfolg und erreichte schnell mehr als 2 Millionen Zuschauer sowie oftmals mehr als 20 Prozent Marktanteil. Im Laufe der Jahre gingen die Quoten, wie bei allen Telenovelas, zurück – zuletzt holte das Programm im Durchschnitt 16,4 Prozent beim Gesamtpublikum, was allerdings immer noch deutlich über dem ZDF-Senderschnitt liegt. Dennoch versucht sich das ZDF mit der kürzlich gestarteten Serie «Alisa – Folge deinem Herzen» nun an einer neuen Telenovela, um die verloren gegangen Zuschauer zurückzuholen.
Der Erfolg von «Wege zum Glück» war seinerseits auch der Auslöser für den Start von «Sturm der Liebe» 2005 im Ersten – diese Telenovela wurde noch erfolgreicher als das Original und konnte den Nachmittag des Senders wieder sehr zuschauerstark machen, nachdem man mit Sendungen wie «Fliege» zuletzt nur noch sehr schwache Zahlen holte. «Sturm der Liebe» (Foto), immer um 15.10 Uhr, wurde zum absoluten Quotenrenner und erreichte oftmals über drei Millionen Zuschauer, doch auch hier ging der Erfolg mit der Zeit zurück. Dennoch bleibt die Sendung eines der erfolgreichsten Programme überhaupt am Nachmittag. Generell sind die Telenovelas sehr beliebt und machen den Privatsendern das Leben schwer, denn auch bei den 14- bis 49-Jährigen können die Sendungen punkten. Ein Ende der Telenovelas ist trotz zurückgehender Zahlen daher nicht in Sicht.
Im Zuge der Telenovela-Revolution am Nachmittag konnte ein weiteres Genre bei den Sendern erfolgreich etabliert werden: Die Zoo-Doku. Es begann alles 2005 mit der eigentlichen MDR-Serie «Elefant, Tiger & Co.», die aus Programmangel einfach ins Programm des Ersten genommen und dort im Anschluss an «Sturm der Liebe» zum Überraschungshit wurde. Natürlich hat der große Erfolg der vorher ausgestrahlten Telenovela viel damit zu tun, dass die Zoo-Doku zum Zuschauermagneten wurde. Deutlich über zwei Millionen Zuschauer sahen zu, doch auch hier beginnen seit einigen Monaten die Quoten zu bröckeln: Mittlerweile sind mehr als 2 Millionen eine Seltenheit und oftmals hat das Programm nur noch einen durchschnittlichen Marktanteil. Noch schlechter läuft es für den ZDF-Abklatsch, denn im Zweiten wird nachmittags um 15.15 Uhr ebenfalls eine Zoo-Doku ähnlicher Machart gezeigt. Diese Sendung konnte allerdings nie die Quoten des Originals erreichen und liegt nun seit einigen Monaten auch unter dem Senderschnitt. Ein Ende der Show wurde allerdings noch nicht bekannt gegeben.
Bei den Privatsendern sind es weniger die Gesamtreichweiten, sondern mehr die Marktanteile der 14- bis 49-jährigen Zuschauer, die über Erfolg oder Misserfolg eines Programms entscheiden. Bei RTL tut man sich seit vielen Jahren mit erfolgreichen Sendungen schwer: Seit der Erweiterung von «Punkt 12» auf zwei Stunden wurde die «Oliver Geissen Show» um eine Stunde nach hinten verschoben und erreicht seitdem um 14.00 Uhr nur schlechte Marktanteile oftmals unter dem RTL-Senderschnitt und teils im nur einstelligen Bereich. Das Aus der langjährigen Talkshow hat RTL jedoch noch nicht bekannt gegeben, auch wenn eine solche Meldung keine Überraschung mehr wäre. Die um 13.00 Uhr bei Sat.1 ausgestrahlte Talkshow «Britt» ist derweil noch eine feste Säule im Programm. Hier sind die Quoten seit Jahren zufriedenstellend und oft über dem Senderschnitt. Eines steht aber fest: Die Daily-Talkshow ist nach den riesigen Erfolgen in den 90ern nur noch eine kleine Randerscheinung am Nachmittag.
Lange Zeit hatten die Gerichtsshows den Talk abgelöst und dominierten das Programm, doch auch hier hat sich der Boom gelegt: RTL hat alle seiner drei Richtershows nach und nach wegen schlechter Quoten abgesetzt. Sat.1 kann jedoch mit seinen Originalen «Richterin Barbara Salesch» und «Richter Alexander Hold» nach Quotenproblemen vor einiger Zeit wieder zufrieden sein: Aktuell sind die Formate in ihrem dritten Frühling und begeistern wieder viele Millionen Zuschauer, die Quoten sind auch in der wichtigen Zielgruppe zufriedenstellend. Sat.1 ist damit am Nachmittag weiterhin der erfolgreichste Sender mit den besten Einschaltquoten.
ProSieben hat sich seit einigen Jahren den Dokus verschrieben und ist damit meist erfolgreich: «We are Family» über die Familien Deutschlands erreicht sehr gute Marktanteile und auch der Ableger «U20 – Deutschland, deine Teenies» ist ein Hit bei den jungen Zuschauern. Im Gegensatz zu den anderen Sendern strahlt ProSieben seine Shows immer in Staffeln aus, sodass die Sendungen im Abstand von mehreren Monaten wechseln. Darunter befinden sich dann auch immer mal wieder Flops wie «Besser essen», doch generell kann der Sender mit seinen Nachmittags-Shows zufrieden sein, denn meist liegen die Marktanteile über dem Senderschnitt und sind besser als die bei der RTL-Konkurrenz, wo mit «Mitten im Leben» ebenfalls zwischen 15 und 17 Uhr eine Doku im Programm ist – dort aber vergleichsweise wenig erfolgreich.
Überraschenderweise gibt es einen großen Gewinner im aktuellen Nachmittagsprogramm: kabel eins kann mit seinem großen Sitcom-Block sehr gute Quoten erreichen, oftmals hat der Sender Marktanteile, die an die Zahlen der großen Privatsender RTL und ProSieben heranreichen. Besonders beliebt sind die aktuelleren Sitcoms wie der US-Hit «Two and a half Men» nach 13.00 Uhr sowie der einstige Vorabendrenner «King of Queens» nach 15.00 Uhr – aber auch der Klassiker «Eine schrecklich nette Familie» dazwischen kann weiterhin Marktanteile deutlich über dem Senderschnitt erreichen. Damit ist man von den „kleinen“ Privatsendern wie RTL II und VOX mit Abstand der erfolgreichste.
Deutlich wird eines: Während vor einigen Jahren immer ein bestimmtes Genre, beispielsweise die Talkshows oder Gerichtsshows, fast das komplette Nachmittagsprogramm beherrschte, ist hier nun eine deutliche Diversifizierung eingetreten: Es gibt nur wenige Verlierer, die eindeutig auszumachen sind. Generell sind allerdings die Formate am Nachmittag bei RTL im Vergleich zum Senderschnitt ein Flop, ansonsten können die Fernsehstationen relativ zufrieden sein. Telenovelas, Gerichtsshows, Helpshows, Sitcoms und auch Dokus sind im Programm zu sehen und auf ihre Weise jeweils erfolgreich. Der Zuschauer ist der Gewinner dieser Entwicklung, denn er kann sich aus der breiten Menge leicht verdaulicher TV-Kost sein Lieblingsprogramm heraussuchen. Ob es jemals wieder ein klar dominierendes TV-Genre am Nachmittag geben wird, ist daher fraglich.