Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir eines weiteren Beweises dafür, dass man das Niveau des Fernsehens noch immer eine Stufe herabsetzen kann.
Das «RTL Promi Boxen» wurde am 26. Oktober 2002 bei RTL geboren und entstand zu einer Zeit, als sich die B-Prominenz dank der ersten Staffeln von «Big Brother» und Formaten wie «Die 80er Show» immer mehr auf den Bildschirm drängte. RTL erkannte diesen Trend noch vor dem Start von «Deutschland sucht den Superstar» und «Ich bin ein Star, holt mich hier raus!» und adaptierte das amerikanische Format «Celebrity Boxing» vom FOX Network. Das Konzept war einfach zu erklären: Vermeintliche Prominente traten in echten Boxkämpfen gegeneinander an und bewiesen damit, dass man für ein paar Minuten Aufmerksamkeit fast alles mit sich machen lässt. Im Vorfeld wurden die Kontrahenten von Experten des Sports trainiert. Als Moderator fungierte Kai Ebel, der bei ernsthaften Boxkämpfen für RTL als Fieldreporter im Einsatz war.
Das samstägliche Box-Abend bestand dabei stets aus drei Kämpfen – einem Duell im Mittelgewicht, einem im Schwergewicht und einem Frauenkampf. Bei der Premiere trat vor 2000 Fans im Kölner Coloneum zunächst Sänger Joey Kelly (Kampfname: Ironman) gegen Proll-Darsteller Ralf Richter (Kampfname: Hippie Killer) an. Den Kampf über fünf Runden à fünf Minuten konnte der Musiker für sich entscheiden. Anschließend besiegte Moderator Pierre Geissensetter (Kampfname Brown Sugar) den Bösewicht Claude-Oliver Rudolph (Kampfname: Bad Boy) nachdem dessen Trainer Dariusz Michalczewski bereits nach 59 Sekunden das Handtuch warf. Der Frauenkampf zwischen Michaela Schaffrath (Kampfname: Wild Thing) und Rockerin Doro Pesch (Kampfname: Metal-Queen) dauerte nur drei Runden à 90 Sekunden und verlief eher ausgeglichen.
Bis zu sieben Millionen Zuschauer in der Spitze, eine Durchschnittsquote von 5,28 Millionen Zuschauern sowie ein Zielgruppenmarktanteil von 27,3 Prozent machten die Frage nach einer Fortsetzung schnell überflüssig. Und so standen sich am 17. Mai 2003 erneut ehemalige Stars im Ring gegenüber. An diesem Abend besiegte VIVA-Moderator Mola Adebisi (Kampfname: Bad Azz) den Schauspieler Fabian Harloff (Kampfname: Hurricane) nach Punkten, während Eiskunstläuferin Tanja Szewczenko (Kampfname: Red Dragon) ihre aktive Sportlerkarriere mit einem Sieg über 80er-Jahre-Ikone Samantha Fox (Kampfname: Super Sam) beendete. Im Schwergewicht musste sich «DSDS»-Moderator Carsten Spengemann (Kampfname: Survivor) in der dritten Runde durch ein technisches K.O. gegen «Popstars»-Juror Detlef D! Soost (Kampfname: D!stroyer) geschlagen geben. Mit einer Quote von 5,33 Millionen Zuschauern und 28,8 Prozent Marktanteilen in der Zielgruppe, der in der Spitze sogar auf 42,5 Prozent anstieg, war der zweite Durchlauf sogar noch erfolgreicher als das Original.
Rund ein Jahr später setzte der Sender daher die dritte Ausgabe des Promi-Prügelns an. In der dritten Runde ging Ex-«Deutschland sucht den Superstar»-Kandidat Daniel Lopes (Kampfname: Latin Weapon) in seinem Kampf gegen Schauspieler und Ex-Dschungelkandidat Dustin Semmelrogge (Kampfname: Dustinator) K.O. Danach konnte die «Bachelor»-Gewinnerin Juliane Ziegler (Kampfname: Wild Rose) die Pornodarstellerin Kelly Trump (Kampfname: Bad Babe) besiegen. Im Finale ging Rapper Nana (Kampfname: Darkman) aus dem Kampf gegen den Schauspieler und späteren Dschungelkandidaten Willi Herren (Kampfname: Abrissbirne) als Sieger hervor.
Doch obwohl RTL wieder eine Reichweite von 5,84 Millionen Zuschauern erzielte, sollte diese Ausgabe die bisher letzte bleiben. Zu schädlich war das Image des Events für den Sender. Dies hielt jedoch den Konkurrenten ProSieben nicht davon ab, das Format im Jahr 2012 zu reaktivieren und es mit Jay Khan, Martin Kesici, Nico Schwanz, Indira Weis und Micaela Schäfer fast ausschließlich mit ehemaligen Kandidaten des RTL-Dschungelcamps zu besetzen.
Das «RTL Promi Boxen» wurde am 01. Mai 2004 beerdigt und erreichte ein Alter von drei Folgen. Die Show hinterließ eine ganze Schar von B-Promis, die größtenteils durch ihre Teilnahme zur C-Prominenz abrutschten. Am erfolgreichsten gelang dies Juliane Ziegler, die es mit ihrer Äußerung „Arbeit macht frei“ sogar schaffte, bei 9Live entlassen zu werden.
Möge die Show in Frieden ruhen!
Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs widmet sich dem peinlichen Comeback von Hugo Egon Balder.