Die Kritiker

«Ein halbes Leben»

von
Lenz hat vor 15 Jahren eine schreckliche Tat begangen. Nachdem er eine junge Frau vergewaltigte, hatte er sie umgebracht und alle Spuren beseitigt. Der Mord wurde nie aufgeklärt. Lenz blieb all die Jahre unbehelligt, niemand kam ihm auf die Schliche. Er konnte sich sogar eine neue Identität, ein neues Leben aufbauen.

Er fand eine Frau, hatte sie geheiratet und sogar ein Kind mit ihr gezeugt. Der Mord war eine einmalige Tat, in den Jahren danach hatte er sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Heute ist er ein normaler, ja fast spießiger Bürger: Nett, unauffällig, zuvorkommend.

Auf der anderen Seite stehen Peter Grabowski, der Vater der Getöteten und Max Hauer, der damals ermittelnde Kommissar von der Mordkommission, der nun allerdings pensioniert ist. All die Jahre hatten sie verzweifelt versucht, den Täter ausfindig zu machen und zu überführen, aber die Analysemethoden ließen dies nicht zu.

Die Handlung setzt ein, als ein neuartiges Verfahren der DNA-Analyse den Täter eindeutig identifiziert und ihm einen Namen gibt: Lenz. Die Jagd auf den Mörder ist eröffnet. Aber den Mörder zu überführen und seiner gerechten Strafe zuzuführen bedeutet gleichzeitig, eine intakte Familie zu zerstören. Wie werden die involvierten Personen auf die neuen Umstände reagieren?

Darsteller


Matthias Habich («Der Vorleser» ist Peter Grabowski
Franziska Walser («Ohne einander») ist Marianna Grabowski
Josef Hader («Der Überfall») ist Lenz
Wolfgang Böck («Trautmann») ist Max Hauer
Ingrid Burkhard («Der Arzt vom Wörthersee») ist Frau Molnar
Katharina Straßer ist Sabine
Franziska Weisz («Mein Mörder») ist Dr. Anna Lorenz

Kritik


«Ein halbes Leben» ist eine durch und durch gelungene Produktion, wie man sie heute leider nur noch selten findet. Der Film wird dominiert von einer erdrückenden und alles umfassenden Tragik, der man sich nicht entziehen kann, und er verwebt gekonnt die Geschichte eines Ehepaars, dessen einundzwanzigjährige Tochter Opfer eines brutalen Lustmörders wurde, und des Täters, der sich, für diesen Mord ungesühnt, nach einer relativ kurzen Haftstrafe für ein anderes Verbrechen ein neues Leben aufbaut.

Dabei liegt es Regisseur und Autor Nicolaus Leytner, der mit diesem Film seine mit Abstand bisher beste Leistung abliefert, fern, den moralischen Zeigefinger zu erheben und mit seinem Werk Stellung zu beziehen. Dies hat die wundervolle Konsequenz, dass der Zuschauer nicht nur emotional durch Jammer und Schaudern in das Geschehen integriert, sondern auch insofern intellektuell involviert ist, als dass er sich lange die Frage stellt, inwiefern ein Mörder, der nun ein funktionierendes Teil der Gesellschaft ist, trotzdem aber nach wie vor massive Probleme bei der Aggressionsbewältigung hat, für eine lange zurückliegende Tat Sühne zu leisten hat.

Die voll und ganz kompetenten Schauspieler setzen diese Tragik und Verstörung gekonnt in Szene, wobei besonders die Leistungen Matthias Habichs und Josef Haders an dieser Stelle genannt werden müssen. Sie sind es, die diesen Film tragen und ihm seine Größe verleihen.

«Ein halbes Leben» ist packend, emotional und dabei auch intellektuell, was ihn zu einem der besten Fernsehfilme der letzten zwei Jahrzehnte macht.

Das ZDF zeigt «Ein halbes Leben» am Montag, 18. Mai 2009, um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/34971
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