Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Dschungel-Kollaps

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Das RTL-Dschungelcamp fällt 2010 überraschend aus. Ein Grund zur Freude oder zur Besorgnis?

Völlig überraschend hat RTL die für Januar 2010 geplante fünfte Staffel von «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» abgesagt. Dabei scheint dieser Schritt auf den ersten Blick unverständlich: Immerhin war die vierte Staffel im Januar diesen Jahres eines der erfolgreichsten Formate überhaupt im Fernsehen und konnte regelmäßig Traum-Marktanteile von 30 bis 40 Prozent erreichen. Warum also entschied sich RTL dazu, die Produktion abzusagen?

Finanzkrise und Kostenaufwand machen dem Dschungelcamp mit Sonja Zietlow, Dirk Bach und zahlreichen D-Promis zu schaffen: Schon in diesem Jahr waren die Werbebuchungen beim Format äußerst schwach, sodass es in einigen Monaten kaum anders sein dürfte – auch die Werbewirtschaft bekommt die weltweite Finanzkrise weiterhin zu spüren. Außerdem ist «Ich bin ein Star» eines der teuersten RTL-Formate überhaupt: Tägliche Live-Shows aus Australien, ein riesiges Produktionsteam, großer technischer Aufwand sowie die Gagen für Moderatoren und Dschungelbewohner machen die Sendung zu einem Geldfresser, der in Zeiten der Rezession nicht finanzierbar scheint.

Übrigens brachen die hohen Produktionskosten dem Format schon einmal das Genick: Nach der zweiten Staffel im Jahr 2005 legte man «Ich bin ein Star» ebenfalls auf Eis – vordergründig wegen des angeblich schlechten Images, in Wahrheit aber auch aufgrund zu schlechtem Kosten-Nutzen-Faktor. Was bedeutet nun ein solch unplanmäßiger Schritt exemplarisch für die Fernsehbranche allgemein?

Zunächst einmal zeigt sich hier in krassester Form, wie sehr bei den Privatsendern weiterhin gespart wird. Dies ist nicht eine spontane Erscheinung, sondern seit langer Zeit zu erkennen – selbst, als es der Wirtschaft in den vergangenen Jahren verhältnismäßig gut ging, stand besonders bei ProsiebenSat.1 die Gewinnmaximierung durch Kosteneinsparung an erster Stelle. Bestes Beispiel: Zahlreiche Sat.1-Dailyformate wie «Richterin Barbara Salesch» werden am nächsten Tag zur besten Sendezeit (z.B. um 12 Uhr) wiederholt. Günstiger kann man Programm nicht herstellen. Dieser abscheuliche Trend zur billigen Rendite ist auch auf die zahlreichen Investoren zurückzuführen, die sich mittlerweile im deutschen Mediengeschäft etabliert haben.

Nun, in Zeiten der schwersten Wirtschaftskrise ist natürlich klar, dass noch mehr gespart wird als sonst. Und die Absage des Dschungelcamps ist nur eine logische Konsequenz daraus. Überhaupt wagt man sich im Fernsehen gar nicht mehr an große Produktionen und ist sehr vorsichtig mit der Herstellung neuer Shows – eine Besorgnis erregende Entwicklung. Dass nun ein solcher Fall von Kosteneinsparung übrigens mal öffentlich wurde, liegt nur daran, dass im Vorfeld eigentlich schon eine fünfte Staffel des Dschungelcamps so gut wie sicher war und irgendwann sowieso herausgekommen wäre, dass es 2010 keine neuen Folgen geben wird. Die meisten Einsparungen, die aber gemacht werden, bekommt die Öffentlichkeit ja gar nicht mit, wenn in den Chefetagen der Sendestationen kostenaufwändige Programmkonzepte von vornherein abgelehnt werden.

Wirklich vorwerfen kann man den Bossen aber die konservative Haltung aktuell nicht, schließlich geht es ja einzig und allein darum, den Gewinn des Senders Jahr für Jahr zu steigern, um Aktionäre zufrieden zu stellen. Natürlich gehen solche Strategien auf Kosten der Zuschauer, die solch beliebte Formate wie eben «Ich bin ein Star» nicht sehen können, obwohl sie millionenfach eingeschaltet haben.

Nutznießer der Entwicklung zum Spar-TV könnte übrigens klammheimlich Sat.1 sein: Denn der Sender investiert nach jahrelangem Sparkurs endlich wieder – vorrangig in neue Sendergesichter wie Johannes B. Kerner und Oliver Pocher. Traut man sich im Herbst viel – beispielsweise mit neuen Shows und großen Unterhaltungsprogrammen – werden die Zuschauer den umgekehrten Weg von Sat.1 sicherlich in Form von hohen Quoten zu honorieren wissen.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt ein paar neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Freitag nur auf Quotenmeter.de.

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