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1.500 Mal «Britt» oder ‚Die Evolution des Talk‘

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Am Dienstag feiert die Sendung «Britt» ihre 1500. Ausgabe. Warum ist sie die einzige Talkshow, die noch erfolgreich ist?

1.500 Sendungen schaffen nicht viele Formate im deutschen Fernsehen. Schon gar nicht am umkämpften Nachmittag, wo besonders bei RTL und ProSieben immer wieder Shows ausgetauscht werden. Eine Ausnahme ist Sat.1, denn dort sind seit vielen Jahren Britt Hagedorn, Angelika Kallwass, Barbara Salesch sowie Alexander Hold der Fels in der Quotenbrandung. Erstere moderiert seit dem 08. Januar 2001 die nach ihr benannte Daily-Talkshow «Britt – Der Talk um Eins» und hat das mittlerweile fast ausgestorbene TV-Genre nachhaltig geprägt – so stark, dass «Britt» als einzige der zahlreichen Talkshows aus den 90ern und Anfang der 2000er übrig geblieben ist.

Werfen wir einen Blick zurück: Nachdem Sonja Zietlow ihre Sat.1-Talkshow abgegeben hatte und dort zu RTL wechselte, um das nachmittägliche Quiz «Der Schwächste fliegt» zu moderieren, wurde der Sendeplatz um 13.00 Uhr frei. Für die Verantwortlichen des Senders war schnell klar, dass eine neue Talkshow gestartet werden würde, zumal die Quoten von «Sonja» immer gut waren. Zu dieser Zeit, also Ende 2000, waren Talkshows noch erfolgreich und beherrschten den Nachmittag: Hans Meiser moderierte die letzten Monate seines wegweisenden Talks, Oliver Geissen war der neue RTL-Quotenbringer, Bärbel Schäfer war erfolgreich und in Sat.1 redeten Franklin, Vera Int-Veen und Peter Imhof mit ihren Gästen über deren Alltagsprobleme. Da kein anderes Nachmittags-Genre zur Debatte stand (die Inflation der Gerichtsshows kam etwas später), war ein Talkshow-Nachfolger schnell gefunden, der eben mit Britt Hagedorn gefüllt wurde, die zuvor die Sat.1-Regionalmagazine «17.30 live» für Niedersachsen und Bremen präsentiert hatte. Auch die Produktionsfirma blieb mit Schwartzkopff TV dieselbe und das alte Studio von Sonja Zietlow wurde für das neue Format lediglich umdekoriert.

Heute, 1.500 Sendungen später, ist «Britt» als Relikt aus der beschriebenen Zeit übrig geblieben, als Talkshows noch gefragt waren. Mit der Einstellung der «Oliver Geissen Show» im Herbst ist die Sat.1-Sendung mit Hagedorn faktisch der letzte verbliebene Vertreter des Daily Talks. Und weiterhin kann die Show auf erfolgreiche Zahlen blicken: Fast jede Ausgabe liegt über dem Senderschnitt, mit positiven Ausreißern nach oben. Wie schaffte man es also, so viele Jahre erfolgreich zu sein und zur heutigen Zeit, in der das Genre praktisch ausgestorben ist, weiterhin zu bestehen?

Es ist unverkennbar, dass die Sendung den Daily-Talk deutlich weiterentwickelt hat, denn klassische Gesprächsrunden wie eben in den 90ern sind offensichtlich nicht mehr beliebt. Der Trend zu mehr Konfliktpotenzial hat sich natürlich auch in dieser Sendung niedergeschlagen; drastischere und provozierendere Themen sind die Folge, die dem Konzept der Daily-Talks in den USA sehr ähneln. Diverse Variationen des gewöhnlichen Talks wie die Specials „Britt deckt auf“, in denen mittels besonderer Inszenierung künstliche Spannung erzeugt wird, wenn eine Entscheidung bei den Gästen bevorsteht, bringen immer wieder sehr gute Quoten. Und nicht zuletzt waren es der berühmt gewordene Lügendetektortest sowie der Vaterschaftstest, die das Talkshow-Genre insofern belebten, als dass «Britt» erfolgreich bleiben konnte. Dabei geht man bei der Inszenierung der Fälle immer nach ähnlichem Muster ab: Bei den Lügendetektortests wird beispielsweise das Studio verdunkelt, dramatisierende Musik eingespielt und das Ergebnis des Tests (wahr oder falsch), das auf einem Monitor eingeblendet wird, künstlich hinausgezögert. Sat.1 hatte sogar mal eine eigene Primetime-Show mit Britt angekündigt, in der dieses Lügendetektor-Konzept Grundlage einer Abendsendung werden sollte.

Schließlich ist es ein Vorteil, mittlerweile der letzte Vertreter des Daily Talks zu sein. Denn zwischen all den gescripteten und erfundenen Geschichten der Richtershows oder in «Zwei bei Kallwass» ist «Britt» die letzte Bastion der echten Fälle und wahren Geschichten. Das schätzen auch die Stammzuschauer der Sendung. „Was unsere Gäste erleben und auf der Bühne schildern, kann sich der beste Drehbuchautor manchmal sicherlich kaum ausmalen“, sagte Redaktionsleiter Ingo Stabler kürzlich in einem Interview mit Quotenmeter.de.

Letztlich ist die Sendung «Britt» natürlich nicht mehr als seichte Fernsehunterhaltung am Nachmittag, die natürlich stark kritikwürdig ist und sicherlich nicht positiv zu einer Qualitätsdebatte um das deutsche Fernsehprogramm beiträgt. Aber es ist bemerkenswert, wie es das Team um Britt Hagedorn in 1.500 Sendungen geschafft hat, erfolgreich zu sein und zu bleiben. Die Sendung hat sich immer wieder neu erfunden und frische Konzepte in die Show eingebracht, bevor die Quoten schlechter geworden sind – man hat also, wie bei vielen Formaten, nicht erst gehandelt, als die Zuschauerzahlen schon im Keller waren. Mit den aktuellen Marktanteilen und einem so innovativen Team wäre es nicht verwunderlich, wenn «Britt» den Sat.1-Zuschauern noch längere Zeit erhalten bleibt.

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