Fabian Riedner sah neben dem zweistündigen Finale auch die bisherigen 330 Episoden. Sein Urteil nach 15 Jahren Notaufnahme.
Am Mittwoch flimmerte das Ende von «Emergency Room» auch über die deutschen Fernsehschirme. ProSieben gestattete der Notaufnahme allerdings kein Finale in der Primetime – auch nicht, nachdem man mit «Popstars – Warm Up» in der vergangenen Woche nur einen äußerst miesen Ersatz für die peinliche Kuppelshow mit Guilia Siegel hatte. Nun also liefen die letzten anderthalb Stunden der Serie, die zugleich eine Hommage an die ersten 90 Minuten vor fünfzehn Jahren waren.
Im County General Hospital war erstmals seit vielen Jahren wieder ein Wechsel der Schichten zu beobachten: Nachdem das bekannte Team nur noch tagsüber Patienten versorgte, geriet die Nachtschicht zuletzt völlig in Vergessenheit. So bekamen die Zuschauer nun auch Dr. Morris zu Gesicht, der wie Dr. Greene einige Stunden im Pausenraum zu schlafen versuchte – letztlich vergeblich. Stattdessen sollte er sich um Patienten kümmern.
Abseits der normalen Geschichten im Krankenhaus eröffnete Dr. Carter auch sein Carter Center, das fortan die Notversorgung für die notleidenden Menschen übernimmt. Ein Punkt, den Carter in seiner langjährigen Zeit in der Notaufnahme bemängelt hatte – Kritik am Gesundheitssystem der USA kam in den vergangenen Jahren ohnehin zu kurz. Anders in dieser Episode: Hier wurden erneut die wichtigsten Themen perfekt angeschnitten. Ein Teenager trinkt sich ins Koma, ein HIV-Infizierter bekommt die Nachricht, dass er Krebs hat, und ein alter Mann – gespielt von Ernest Borgnine – könnte seine schwerkranke Frau zwar an eine Maschine anschließen lassen, lässt sie schließlich aber sterben.
Das waren Geschichten aus dem Leben, die mit der Rückkehr von Kerry Weaver, Susan Lewis, Elizabeth Corday und Peter Benton noch versüßt wurden. Wäre die Notaufnahme bereits vor einigen Jahren geschlossen worden, hätte es wohl mit Sicherheit keinen solch starken Abschied gegeben. Denn durch die Auftritte vieler Figuren ist es den Machern gelungen, die Erinnerung an die besten Zeiten von «Emergency Room» noch einmal aufkommen zu lassen. Denn im Gegensatz zu vielen Krimis oder anderen Dramen standen bei «Emergency Room» immer die Ärzte im Vordergrund, die man als Fan über viele Jahre lang begleiten konnte. Carter begann als Student, wechselte die Fachrichtung, bekam zeitweise keine Vergütung vom Krankenhaus, wurde fast umgebracht, litt unter seiner Drogensucht und wurde schließlich Leiter der Notaufnahme. Nach einigen Jahren wollte er etwas bewegen und ging nach Afrika, kam wieder und wollte das Kind seiner Frau entbinden, das letztlich allerdings starb. Nun kehrte zurück, weil er eine neue Niere benötigte – aus Sicht der Zuschauer die perfekte Identifikation mit dieser Rolle.
Doch nicht nur mit diesem einen Charakter erlebte der Zuschauer so viele Abenteuer, sondern mit fast zwei Dutzend Hauptdarstellern. Und die finalen drei Minuten waren nicht etwa schmalzig oder überraschend, sondern zeigten «Emergency Room» auf dem Höhepunkt: Unzählige Patienten wurden nach einem Gasunfall in das County General Hospital eingeliefert – da durfte selbst Dr. Greene nicht fehlen. Schade nur, dass man nicht mehr mitbekommt, wie seine Tochter Rachel schon bald ihre Karriere als AIPler beginnen wird. Schade auch, weil die finale Staffel in Sachen Dynamik alle anderen Staffeln übertraf und im Verhältnis sogar die besten Episoden von «Emergency Room» beinhaltete.
Da ist es auch nicht sonderlich tragisch, dass die Verantwortlichen bereits mehrere Darsteller in den vorherigen Episoden verabschiedet hatten – jedoch hätten Kurzauftritte von Dr. Lucien Dubenko, Dr. Donald Anspaugh und Dr. Janet Coburn, die die Serie in der Vergangenheit geprägt hatten, noch gefehlt. Wenigstens bekam das Publikum am Ende das Krankenhaus in der vollen Größe zu sehen, das extra für das Finale vollständig aus dem Computer erschaffen wurde. Ein würdiger Abschluss einer tollen Ära.