Die Kritiker

«Tatort: Architektur eines Todes»

von

Story


Sofia Martens ist Frankfurter Stararchitektin und bittet ihren alten Bekannten Staatsanwalt Scheer um Hilfe: Ihre Assistentin Anett Berger ist kurz vor Abschluss eines millionenschweren Projektes verschwunden. Scheer betraut die Kommissare Charlotte Sänger und Fritz Dellwo mit dem Fall, die alles andere als begeistert sind, die Aufgabe ihrer Kollegen vom Vermisstendezernat zu übernehmen.

Mit wenig Enthusiasmus fangen die Ermittler an, das Umfeld von Berger und Martens näher unter die Lupe zu nehmen. Doch je tiefer sie in eine Welt aus Hierarchien, Hass, aber auch seltsamer Frauennetzwerke und williger Callboys eintauchen, desto mehr widmen sie dem Fall ihre volle Aufmerksamkeit.

Darsteller


Jörg Schüttauf («Die Blücherbande») ist Fritz Dellwo
Andrea Sawatzki («Bandits», «Das Experiment») ist Charlotte Sänger
Thomas Balou Martin («Dings vom Dach») ist Staatsanwalt Scheer
Nina Petri («Allein unter Frauen», «Lola rennt») ist Sofia Martens
Stephan Bissmeier («Stadtgespräch», «Verschwende deine Jugend») ist Holger Martens
Bastian Trost («Das Leben der Anderen») ist Peter Kaufmann
Alwara Höfels («Keinohrhasen», «Phantomschmerz») ist Eva Kaufmann
Julia Dietze («Soloalbum», «1 ½ Ritter») ist Anett Berger

Kritik


Überraschend teilte Andrea Sawatzki im August mit, dass sie ihr «Tatort»-Engagement trotz konstant guter Quoten zeitnah beenden wolle. Der Grund seien vor allem Terminschwierigkeiten; zudem wolle man sich umorientieren und der «Tatort»-Routine nach sieben Jahren ein Ende setzen. Somit wird die am Sonntagabend ausgestrahlte Folge „Architektur eines Todes“ bereits die drittletzte sein, bevor im Frühjahr die programmatisch betitelte Episode „Am Ende des Tages“ zum finalen Tusch ausholt. Für Freunde des Frankfurter Duos ist diese Nachricht wenig erbaulich – und nicht zuletzt dürfte auch der aktuelle Fall so manchen «Tatort»-Liebhaber eher ratlos vor dem Fernseher zurücklassen.

Dabei ist die Handlung auf den ersten Blick durchaus viel versprechend: Architektin Sofia Martens, par excellence von Nina Petri als erfolgsverwöhnte und kühl kalkulierende Geschäftsfrau verkörpert, sitzt mit einer Schnittwunde weinend in ihrem Auto, während ihre Assistentin Anett Berger von einem Unbekannten entführt wird – doch das wissen Dellwo und Sänger nicht, als Staatsanwalt Scheer ihnen am nächsten Morgen den Auftrag erteilt, Berger zu suchen. Nur widerwillig macht sich das Duo an die Arbeit und mischt die heile Welt der Architektin auf. Diese ist in ihrem Beruf zwar überaus erfolgreich, ihre Ehe mit Holger steht aber kurz vor dem Aus – eine Kombination, die wahrlich nicht neu ist. Seiner Pflicht, provokant und konsequent scheinbare Aberwitzigkeiten gesellschaftlicher Klassen zu thematisieren, kommt der «Tatort» natürlich nach: Denn statt zu Hause Präsenz zu zeigen, engagiert sich Martens in obskuren Frauennetzwerken, vergnügt sich mit Callboys und ist, wie sich im Laufe der Ermittlungen herausstellt, bisexuell.

Interessant, mag der geneigte Zuschauer denken, falls er der Handlung soweit überhaupt folgen kann. Denn die Kommissare erweisen sich als wenig hilfreich bei der Orientierung im Film: Weder eine Leiche noch Hinweise auf ein Verbrechen geben den Ermittlern eine Richtung vor, während der Zuschauer schon den Tatbestand der Entführung kennt. Leider kann sich der Film aus dieser Ausgangssituation nicht wirklich befreien, da das Drehbuch von Judith Angerbauer stark auf Perspektivenwechsel und unabhängige Dialoge setzt. So ist der Zuschauer immer schon ein Stück weiter, wenn Sänger oder Dellwo noch Aufklärungsarbeit leisten. Unweigerlich fängt die Handlung an, dahinzuplätschern, um sich in teils zusammenhanglosen Szenen wiederzufinden.

Diese sind dabei gar nicht mal schlecht: Regisseur Titus Selge versteht es durchaus, einzelne Dialoge stimmungsvoll zu inszenieren. Letztlich ist es der fehlende Zusammenhang, der das Verfolgen und Verstehen der Handlung frustrierend macht. Weil das Drehbuch mehr will, als die Handlung tragen kann, mag außerdem keine rechte Spannung aufkommen. Stattdessen wird der Zuschauer plakativ mit den stereotypen Merkmalen des Ermittler-Duos bombardiert. Während beim nostalgischen Dellwo gleich in mehreren aufeinander folgenden Szenen die Doors-Hitliste herunterdudelt, versteht sich Sänger erneut perfekt in ihrer Rolle als verbissene und alleinstehende Kommissarin. Was in anderen Frankfurter «Tatort»-Episoden die Stimmung unterstrich, wirkt hier eher aufgesetzt und langweilt.

Schlecht ist er nicht, der neue «Tatort» – als reiner «Tatort» ist die „Architektur eines Todes“ aber leider mehr als unbefriedigend. Der Zuschauer verfolgt statt einer durchgehenden Handlung eine Aneinanderreihung unterschiedlichster Handlungsstränge, die weniger mit den Ermittlungen, sondern vielmehr mit den privaten Problemen der Darsteller kokettieren. Der Täter, soviel sei verraten, stellt sich am Ende selbst – vielleicht symptomatisch für die drittletzte und leider auch schwächste Folge der Frankfurter «Tatort»-Kommissare.

Das Erste zeigt «Tatort: Architektur eines Todes» am Sonntag, den 06. September 2009, um 20.15 Uhr.

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