Die Kritiker

«Oben»

von

Story


Schon als kleiner Junge begeistert sich Carl Fredricksen für große Abenteuer. Gebannt verfolgt er im Kino die neuesten Wochenschauen über seinen Helden, den Forscher Charles Muntz. Und wenn Carl spielt, verwandelt sich ein Riss im Asphalt zum Grand Canyon oder ein Baumstumpf zum Mount Everest. Als er eines Tages die freche Ellie kennen lernt, ist es um ihn geschehen. Sie entpuppt sich als Seelenverwandte, ein Wirbelwind mit Zahnlücke, die den ängstlichen und schüchternen Carl ebenfalls sofort in ihr Herz schließt. So sehr, dass beide für immer ein Paar bleiben. Ihr gemeinsamer Traum: eine Reise zu dem gewaltigen Wasserfall Paradise Falls im südamerikanischen Amazonas-Gebiet. Doch dieser Wunsch bleibt unerfüllt…

Carl, mittlerweile 78, sitzt mürrisch in dem bunten Häuschen, das er mit Ellie bewohnt hat. Ellie ist vor kurzem gestorben und Carls Herz gebrochen. Er lebt nur noch in der Erinnerung und lässt die Tage an sich vorüberziehen. Nicht einmal der junge Pfadfinder Russell, der eines Tages vor seiner Tür steht, kann den ehemaligen Ballonverkäufer aufmuntern. Der Kleine braucht nur noch einen einzigen Aufnäher, um in den nächsthöheren Pfadfinderrang aufzusteigen. Dafür muss er einem Senioren helfen. Nur will sich Carl von dem Jungen mit dem sonnigen Gemüt nicht helfen lassen und schickt die Nervensäge weg.

Er hat nämlich ganz andere Sorgen. Bauinvestoren drängen ihn, sein geliebtes Heim zu verkaufen. Es ist das letzte Holzhäuschen in einem lukrativen Sanierungsgebiet voller Wolkenkratzer. Aber Carl weigert sich standhaft. Als wieder mal ein Bautrupp anrückt und seinen Briefkasten demoliert, verliert der rüstige Rentner die Nerven: Er brät dem Vorarbeiter mit seiner Gehhilfe eins über den Schädel und landet prompt vor Gericht. Nun droht ihm die Abschiebung ins Altersheim. Aber das lässt sich ein Carl Fredericksen nicht gefallen! Er fasst einen kühnen Plan. Als ihn die Pfleger abholen wollen, fällt ihnen die Kinnlade herunter: Vor ihren Augen schwebt Carl samt Haus in den Himmel, getragen von Tausenden von Luftballons. Die Segel aus zusammengenähten Laken sind gesetzt: Carl möchte sich und seiner Frau nachträglich doch noch den großen Lebenstraum erfüllen. Während er Kurs auf Südamerika nimmt, klopft es plötzlich an der Tür. Der achtjährige Russell hat sich heimlich auf die Veranda geschlichen. Jetzt steht er starr vor Angst und dick bepackt mit Outdoor-Utensilien vor ihm. Widerwillig lässt Carl ihn ins Haus. Ihm bleibt keine andere Wahl, als die Quasselstrippe mitzunehmen. Wenn es Carl zu viel wird, schaltet er einfach sein Hörgerät ab.



Kritik


Mit dem vergangenen abendfüllenden Spielfilm «Wall-E» haben die kreativen Köpfe bei Pixar die Latte sehr hoch gelegt. Schon im Vorfeld war klar, dass es «Oben» nicht einfach haben würde, aus dem Schatten herauszuspringen. Nachdem sich schon «Wall-E» aus der Reihe durchweg heiterer Filmen verabschiedet hatte und ein Schreckensszenario der Erde darstellte, ist «Oben» kein Stück glimpflicher.

Der 90-minütige Animationsfilm zeigt, wie vergänglich die Menschen und deren Umgebung sind. Erneut wird der technische Fortschritt als Teufelswerkzeug dargestellt – zumindest aus der Sicht des alten Mannes Carl Fredricksen. Doch auch dieser muss feststellen, dass das Leben es noch viel schlimmer mit ihm meint: Seine Ehefrau Ellie ist kürzlich verstorben. Zuvor hatte es allerdings immer wieder auch Probleme gegeben, denn als Ellie keine Kinder bekommen konnte, war das Familienglück zerstört. Das Leben der beiden wird eindrucksvoll in knapp fünf Minuten zu Beginn dargestellt, starke Bilder bringen den Zuschauern die Situation beeindruckend nahe.

Carl Fredricksen muss bei seinem Ausflug schlißelich noch einen weiteren Rückschlag hinnehmen: Er trifft er auf sein großes Idol, den Forscher Charles Muntz, der noch immer unter den Lebenden weilt. Dieser ist aber keineswegs so wohlgesonnen, wie er etliche Jahre zuvor im Kino dargestellt wurde. Mit diesem Teil des Drehbuchs wollen Bob Peterson und Pete Doctor zeigen, dass viele Vorbilder keineswegs so sein müssen, wie sie scheinen – ein interessanter Aspekt des Film.

Die zwei Autoren haben sich bei «Oben» sehr viel Mühe gegeben, eine glaubwürdige Geschichte zu erzählen, auch wenn man manchen Stellen nicht ganz auf Schlüssigkeit geachtet wurde. Etwa, wenn es um den Flug mit Ballons geht – hier ist die Zahl deutlich untertrieben, schließlich bräuchte man nach Berechnungen fast zwei Millionen Stück davon, um wirklich mit Haus und Hof abheben zu kommen. Umso besser sind die zahlreichen Details, die ausgearbeitet wurden. Seien es das Leben des älteren Ehepaars oder die Geschichte des Pfadfinders Russel. Nur einen Haken hat die tolle Produktion: Hunde, die Miniflugzeuge fliegen und Menschen abschießen, sprengen dann dann doch den Rahmen und stürzen «Oben» stellenweise in einen Klamaukfilm.

Diese Filmbesprechung entstand durch Unterstützung von CinemaxX.

Der Disney-Pixar-Spielfilm «Oben» ist ab Donnerstag, dem 17. September 2009, in den deutschen Kinos zu sehen.

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