Es darf wieder geblödelt werden – und zwar so früh wie noch nie. Der Anfang einer Revolution im amerikanischen Fernsehen? Quotenmeter.de-Redakteur Alexander Krei über die neue Leno-Show.
„It’s the «Jay Leno Show»“, heißt es gleich zu Beginn – und damit sich die Zuschauer auch wirklich sicher sein können, dass der Mann, der einst siebzehn Jahre lang Amerika ins Bett brachte, tatsächlich schon um 22 Uhr auf Sendung ist, wurden in den Vorspann alte Fotos des Talkers eingefügt. Selbst an das «Tonight Show»-Logo war gedacht worden.
Keine Frage: Dieser Mann hat Fernsehgeschichte geschrieben, in den USA zählt Jay Leno zu den Größten seines Faches. Das alleine dürfte allerdings kaum der Grund dafür gewesen sein, ihm als erstem eine tägliche Primetime-Show anzuvertrauen. Viel Geld spart sein Sender NBC dadurch, dass für den Sendeplatz um 22 Uhr keine Serien mehr produziert werden müssen – und die Gefahr, Leno an die Konkurrenz zu verlieren, hat sich dadurch auch erst einmal erledigt.
Abgesehen von der Sendezeit mussten sich Leno-Fans bei der Premiere der neuen, nach dem Meister höchstpersönlich benannten Show zunächst nicht an viel Neues gewöhnen. Leno betrat sichtlich gut gelaunt das Studio, schüttelte die Hände des Publikums, machte Scherze. Sein Anfangsmonolog durfte natürlich nicht fehlen: Ein Programmpunkt, den seine Fans natürlich auch in gewisser Weise erwarteten. Dass er diese und andere in Lenos «Tonight Show»-Ära bewährte Rubriken mitgenommen hat, war zudem ohnehin schon im Vorfeld bekannt – ebenso wie die Tatsache, dass das Rad des Fernsehens nicht neu erfunden werden kann. Einzig die an einigen Stellen im Studio versteckte „10“ ließ zunächst erkennen, dass es noch gar nicht spät war wie es sich für einige Fans des Entertainers angefühlt haben dürfte.
Fehlen durften natürlich auch nicht die „Headlines“, in denen Leno kuriose Schlagzeilen präsentierte und das Publikum zum Lachen brachte. Überhaupt: Da Lachen – auch in der Krise – die beste Medizin sein soll, wurde fast ständig gelacht, auch wenn die Witze und Einspielfilme nicht immer unbedingt Schenkelklopfer-Status erreichten, etwa wenn Leno Präsident Obama in einem fiktiven Interview fragte, ob er sein Facebook-Freund werden wolle. Da war es nur zu gut, dass mit dem im Smoking gekommenen Jerry Seinfeld einer der wohl besten Gäste in der Show war, die sich Leno nur wünschen konnte. Mit ihm – und der zwischenzeitlich zugeschalteten Talk-Queen Oprah Winfrey – blödelte er herum. Übrigens ganz ohne Schreibtisch.
Und so saß Jay Leno nun also in seinem noch etwas ungewohnten Sessel, auch als Rapper Kanye West später zu Gast war um sich schließlich auch noch für seinen etwas peinlich geratenen Auftritt bei den MTV-Awards zu entschuldigen. Eine Premieren-Sendung mit Happy End also. Ob die «Jay Leno Show» auch NBC glücklich zu machen vermag, muss sich erst noch zeigen, denn Luft nach oben hat Leno nach seinem Primetime-Einstand noch allemal. Der Anfang einer möglichen Revolution im amerikanischen Fernsehen ist jedenfalls vorerst gemacht. Und wenn es doch nicht klappen sollte mit dem dauerhaften Erfolg, so dürfte die Welt des Jay Leno trotzdem nicht untergehen, wie er kürzlich sagte: „Wenn die Show floppt und mich in einem Jahr jemand fragt, was ich gemacht habe nach der «Tonight Show», werde ich einfach sagen: Ich? Nein, nein… Ich bin im Ruhestand.“
Mehr zu «Leno» auch am Freitag in unserem Podcast: Wir sprechen dann mit Glenn Riedmeier, der die Show die gesamte Woche über in den USA verfolgt.