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Der Verdrossenheit trotzen

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Politische Inhalte müssen nicht immer langweilig sein. Lebhafte TV-Diskussionen könnten eine Chance sein, den Wähler zu mobilisieren, meint Jürgen Kirsch.

Es geht auf die Zielgrade zu. Am Sonntag ist Bundestagswahl. Selbst dem größten Politik-Muffel dürfte das nicht entgegen sein. Wahlwerbung, Polittalks und auch die Nachrichtensendungen sind gespickt mit Umfragen und Wasserstandsmeldungen aus dem bislang trägen Wahlkampf.

Aber wie soll ein besserer Wahlkampf aussehen? Hätten sich Merkel und Steinmeier beim «TV-Duell»-Duell die Köpfe einschlagen sollen? Wohl kaum. Zugegeben, es war langweilig. Jede Sekunde juckte es in den Fingern, die demonstrativ auf der Fernbedienung lagen und fast eigenmächtig umschalten wollten. Aber wie Late-Night-Talker Harald Schmidt in seiner neuen Show sagte: Jene, die jetzt nach einem lebhafteren Wahlkampf schreien, sind die Ersten, die einen offenen Schlagabtausch bei einem Politduell im Fernsehen zum handfesten Skandal heraufbeschwören. Ein politisches Rede-Duell ist eben keine Unterhaltungssendung wie «Schlag den Raab» und auch kein Blockbuster wie die «Simpsons». Da geht es um Inhalte. Wer am Abend des «TV-Duells» die «Simpsons» gewählt hat, hat sich fürs Entertainment entschieden und der Politik eine Absage erteilt.



Um gerade diese Inhalte zu verdeutlichen, sind manche Politiker auch Überpräsent im Fernsehen. Westerwelle, Trittin, Künast, Gysi oder Lafontaine und wie sie alle heißen, jeden Tag sitzen sie in einer anderen Talkrunde, bei «Anne Will», bei «Ihre Wahl» auf Sat.1 oder bei RTL-Chefreporter Peter Klöppel in «2009 – wir wählen». Meistens sind es auch dieselben oder ähnliche Argumente und Thesen, die aufgestellt werden. Sie versuchen allesamt dem wahlberechtigten Bürger Transparenz zu vermitteln und ihn zu überzeugen. Das gelingt zum Teil sogar. Doch da passt es gar nicht recht ins Bild, dass die Kanzlerin und auch ihr Herausforderer - die beiden Spitzenkandidaten also - die Elefantenrunde im Ersten als auch im Zweiten abgesagt haben. Paradox. Zeitgleich sprechen sich die am «TV-Duell» beteiligten Sender für die Zukunft für ein zweites Duell im TV wie 2002 aus. Das ist aber mehr den schwachen Quoten geschuldet. Das Interesse war gering.

Während die Opposition sich also in verschiedensten Polit-Talkshows ins Rampenlicht drängt, bleiben Merkel und Steinmeier nach dem «TV-Duell» zurückhaltender wie schon so oft in diesem Wahlkampf. Vielleicht sparen sie sich auch alles für den Endspurt auf. Oder sie setzen ganz Obama-like auf das Web 2.0, denn dort tobt der Wahlkampf. Es wird gebloggt, getwittert und auf YouTube gibt tägliche frische Wahlvideos, sogar Soaps und interaktive Shows. Hier geht’s heiß her. Noch wenige Tage und Deutschland wählt.

Einen Tag vorher wird schon bei Stefan Raabs «TV Total Bundestagswahl»-Sendung abgestimmt. Ob die Spitzenkandidaten hier anwesend sein werden, um vor allem die jungen Wähler zu informieren und für sich zu gewinnen? Raabs Abstimmungsergebnis war vor vier Jahren nah dran am Wahlergebnis. Eine Chance für die Politiker wie auch für den mündigen Bürger ist es allemal. Die jungen Wähler, die auch hoffentlich durch den Erstwählercheck gekommen sind, werden so möglicherweise auch motiviert am Sonntag zur Wahlurne zu gehen und den Stimmzettel einzuwerfen. Aber auch hier wird es um Inhalte gehen. Die Comedyshow «TV total» wird zur Wahlarena, in der es nicht um Spaß und Unterhaltung geht. Das muss nicht öde sein. Vielleicht gelingt es aber eine gesunde Mischung aus politischen Inhalten zu finden, die nicht in einer monotonen Gesprächrunde behandelt werden, sondern eine lebhafte Diskussion entstehen lassen, die auch den Wähler vor der Mattscheibe nicht zwangsweise langweilen muss. Auch dies ist eine Chance für Raabs Format.

Dazu wird in der TV-Landschaft ebenfalls aufgerufen, überhaupt wählen zu gehen. Ob der Politikverdrossenheit im Lande eine wertvolle Initiative, denn schließlich haben auch die TV-Sender eine verantwortungsbewusste Aufgabe, der sie damit gerecht werden. In diesem Sinne: Geht wählen!

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