Hingeschaut

Ein «Dallas» für Arme

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Was sind die Gründe für den großen Zuschauerrückgang bei «Geld.Macht.Liebe»? Quotenmeter.de analysiert.

Die neue wöchentliche Serie «Geld.Macht.Liebe» galt als der Hoffnungsträger des Ersten. Schon während des Drehs wurde die ursprünglich 13 Folgen umfassende erste Staffel um sechs weitere Episoden verlängert. Noch vor dem Start galt ein Auftrag für eine zweite Staffel als sicher. Doch mittlerweile hat sich die Stimmung grundlegend geändert. Die anfängliche Euphorie wurde von der Realität eingeholt, denn ein großer Erfolg ist die Produktion entgegen aller Erwartungen bisher nicht. Zwar startete die Serie am 06. Juli mit 4,83 Millionen Zuschauern ordentlich, doch nach der versöhnlichen Premiere stürzten die Werte rasant und kontinuierlich ab. Zuletzt interessierten sich nur rund zweieinhalb Millionen Menschen für die neueste Ausgabe, was beinahe eine Halbierung der Reichweite und einen Totalausfall für Das Erste bedeut. Doch woran liegt dieser enorme Zuschauerschwund?

Inhaltlich dreht sich die Serie um die Familie von Rheinberg, die ein privates Bankhaus leitet und sich in den vornehmsten Kreisen von Frankfurt/Main bewegt. Schon hier liegt das Hauptproblem des Konzeptes, denn sämtliche Ereignisse drehen sich um Spendengalas, die Übernahme von Geschäftsanteilen und teure Grundstücke. Alles Themen, mit denen der durchschnittliche Zuschauer kaum Berührungen hat. Es wird kaum ein Ansatz oder eine Figur für eine Identifikation geboten. Stattdessen darf der auf Kurzarbeit gesetzte Opel-Angestellte zusehen, wie sich Frau von Rheinberg das passende Kleid für ihr Bankett heraussucht und sich im Lady’s Club trifft. Vor allem in Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise, die hauptsächlich durch Banker ausgelöst wurde, mag man für diese kleinen Dramen der Bankiers kein Verständnis aufbringen. Man sitzt als Zuschauer davor und wünscht sich deren Probleme zu haben. Es ist einfach der falsche Stoff zur falschen Zeit.

Unterstützt wird dies durch die oft sehr platten Dialoge, die kaum ein Bonzen-Klischee auslassen. Mit Sätzen wie „Wohltätigkeit geht ins Geld“, „Ich glaube an das Gute im Menschen“ und „Geld ist kein Thema“ kann man die Sorgen der Protagonisten kaum ernst nehmen. Dies setzt sich in zahlreichen weiteren stereotypischen Szenen fort. Männer halten ihre Geschäftstreffen in der Sauna oder bei einer Massage ab, Paparazzis vor der Haustür oder Prostituierte, die Feinde becircen sollen. Das alles hat man vorher schon gesehen und meist besser. Das einzig Originelle an der Sendung ist der Titel.



Am meisten stört jedoch die Tatsache, dass hier offensichtlich versucht wurde, eine deutsche Version des US-Hits «Dallas» zu etablieren. Schließlich feierte die Serie in der ARD in den 80er Jahren mit 20 Millionen Zuschauern riesige Erfolge. Von diesem einstigen Ruhm wollte man nun anscheineinend profitieren. Dafür spricht das Umfeld, in der die Serie angelegt ist. Anstatt um Öl, das es in Deutschland nur sehr selten gibt, geht es jetzt um Aktienanteile und Grundstücksspekulationen. Die Figur des Bankchefs Markus von Rheinberg ist offensichtlich an den legendären J.R. angelehnt und selbst der Vorspann von «Geld.Macht.Liebe» arbeitet mit dem gleichen Split-Screen-Effekt.

Bei der Kopie des US-Originals haben die Macher jedoch einen wesentlichen Aspekt unterschätzt, der zum großen Erfolg des Urformates beigetragen hat: Der Cliffhanger. Durch den effektiven Abbruch einer Handlung an der spannendsten Stelle war der Zuschauer damals fast gezwungen auch die folgende Episode einzuschalten. Diesen Trick versucht man bei «Geld.Macht.Liebe» zwar auch anzuwenden, schafft es aber nicht so gut. Die Episodenhandlungen werden weitesgehend aufgeklärt und oft bleibt nur ein kleiner Knalleffekt zurück, der dann einfach verpufft. Auch deswegen verliert die deutsche Serie sicher viele seiner Zuschauer.

Insgesamt wirkt die Produktion ohnehin nicht wie ein Primetimeformat, sondern eher wie eine Telenovela im Nachmittagsprogramm. Dazu tragen die unmotivierte und einfallslose Kameraarbeit, die vor sich hindümpelnde Musik sowie die blassen Schauspieler bei. Zeigte man eine Folge von «Geld.Macht.Liebe» zur Sendezeit von «Sturm der Liebe», würde wohl kaum jemandem ein Unterschied auffallen. Eine Abendserie sieht anders aus. Das kann das Erste einfach besser.

Zudem stellt sich wieder einmal die Frage nach der Berechtigung dieser Serie. Wo ist hier der öffentlich-rechtliche Auftrag zu erkennen? Wo ist die gesellschaftliche Relevanz? Wo ist der informative Aspekt? Warum sollte diese einfachste Form der Unterhaltung mit öffentlichen Geldern bezahlt werden?

So ist zu erwarten, dass der Zuschauerverlust bei «Geld.Macht.Liebe» sich auch in den kommenden Wochen fortsetzen wird. Erst Recht, wenn im ZDF zur gleichen Zeit hochwertige Spielfilme gezeigt werden und Günther Jauch seit ein paar Wochen aus der Sommerpause zurückgekehrt ist. Hoffentlich haben auch die Verantwortlichen in der ARD das Votum der Zuschauer verstanden und versuchen künftig wieder etwas mehr Gespür bei der Themenauswahl und dem gegenwärtigen Zeitgeist zu zeigen. Es ist aber auch der Beweis dafür, dass eine Soap nicht ins Abendprogramm gehört. Eine Erfahrung, die allerdings auch nicht neu ist.

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