Der neue Film mit Jamie Foxx ist ab sofort in vielen Kinos zu sehen. Markus Trutt bewertet «Gesetz der Rache».
Rache und Selbstjustiz sind im Kino schon seit langem äußerst präsente Themen. Dabei finden sie Einzug in die verschiedensten Genres, sie es nun als hauptmotivischer Dreh- und Angelpunkt eines Films oder lediglich als ein Teilaspekt, der unterschiedlich stark mit dessen Handlung verwoben sein kann und deren Verlauf demnach mal mehr und mal weniger stark beeinflusst. Die vor allem in letzter Zeit wieder auflebende Popularität von Filmen über Vergeltung lässt sich insbesondere mit der verhältnismäßig leichten Nachvollziehbarkeit eines solchen Stoffes begründen. So gehört Mitgefühl zu den grundlegenden Empfindungen des Menschen. Bei entsprechend entworfenem Szenario ist es daher vergleichsweise einfach, den Konsumenten eines darauf aufbauenden Films an den Rachegelüsten einer Figur teilhaben zu lassen. Im Idealfall identifiziert man sich stärker mit dieser und möchte genauso wie sie, dass es den vermeintlich bösen Jungs an den Kragen geht, ungeachtet der dazu dienenden, moralisch oftmals fragwürdigen Methoden. Der Kontext spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle, erfreuen sich doch sowohl Komödien wie «Der Club der Teufelinnen» (1996) als auch Dramen wie «Revanche» (2008) einer großen Beliebtheit. Für eine besonders packende und intensive Inszenierung von Rachefeldzügen eignet sich jedoch wohl kaum ein Genre besser als das des Thrillers, welches die mit Abstand größte Gruppe von Selbstjustizfilmen bildet und von Klassikern wie «Wer Gewalt sät» (1971) bis hin zu modernen Glanzstücken wie «Die Fremde in dir» (2007) reicht. Zu dieser Reihe gesellt sich nun auch F. Gary Grays fesselnder Genrevertreter «Gesetz der Rache», dem es jedoch nicht ganz gelingt, an die Klasse seiner großen Vorbilder heranzureichen.
Ohne große Umschweife wird der Zuschauer gleich zu Beginn des Films mit dem brutalen Verbrechen konfrontiert, das den Familienvater Clyde Shelton (Gerard Butler) bald zu einem unerbittlichen Rachefeldzug veranlassen soll. So muss er mit ansehen, wie zwei Männer bei einem Einbruch in sein Haus seine Frau und seine Tochter kaltblütig ermorden. Als bei der Anklage der Kriminellen die Relevanz stichhaltiger Beweise vom Gericht nicht anerkannt wird und einer der Täter nach einem Deal mit dem ehrgeizigen Anwalt Nick Rice (Jamie Foxx) nahezu ungeschoren davon kommt, ist Clyde völlig am Boden zerstört. Jahre später sagt er dem Rechtssystem daher den Kampf an und nimmt nach dem Mörder seiner Familie auch die damals mit dem Fall betrauten Juristen ins Visier.
Nicht selten machen sich Schauspieler im Laufe ihrer Karriere auch als Produzent einen Namen. Der vor allem aus so unterschiedlichen Filmen wie «300» oder «P.S. Ich liebe dich» (beide 2007) bekannte Gerard Butler gründete vor kurzem gar seine eigene Produktionsfirma. Für «Gesetz der Rache», deren erstes Projekt, konnte Butler Kurt Wimmer als Drehbuchautor gewinnen. Dieser hatte im Jahre 2002 mit dem von ihm geschriebenen und inszenierten Science-Fiction-Actioner «Equilibrium» eindrucksvoll auf sich aufmerksam gemacht, nur um seinen neu gewonnen Ruf vier Jahre später mit dem miserablen «Ultraviolet» wieder zu verspielen. Beiden Filmen war jedoch der nahezu aussichtslose Kampf gegen ein übermächtig scheinendes System gemeinsam. Mit «Gesetz der Rache» widmet sich Wimmer nun erneut einem ähnlichen Feind. Während aber sowohl «Equilibrium» als auch «Ultraviolet» in dystopischen Gesellschaften einer nahen Zukunft angesiedelt waren, dient ihm dieses Mal das allzu reale amerikanische Rechtssystem der Gegenwart als Angriffspunkt. Dabei gelingt es ihm mitunter durchaus treffend, wenn auch manchmal etwas plump, auf die Defizite und die teils unfassbaren Auswüchse der verklausulierten Gesetzgebung aufmerksam zu machen. In Erinnerung bleibt in diesem Zusammenhang vor allem eine Sequenz, in der sich Clyde in einem Gerichtssaal auf überaus unverschämte Weise mit der zuständigen Richterin anlegt und dabei sogar für einige Lacher sorgen kann. Dabei handelt es sich nur um eine der zahlreichen Szenen, in denen Gerard Butler durch seine schiere Präsenz und sein lässiges Auftreten punkten kann, denn auch sonst weiß der irische Schauspieler auf ganzer Linie zu überzeugen.
Im Zusammenspiel mit der, trotz fehlender Einführung, sehr intensiv und aufwühlend dargebotenen Anfangssequenz, wird man zunächst mit allem versorgt, was für die Etablierung eines Sympathieträgers und somit das Funktionieren des Rachethrillers von Nöten wäre. Besonders die von Butler überzeugend vermittelte Verzweiflung überträgt sich durchaus ergreifend und nachvollziehbar auf das Publikum.
Mit Durchführung der akribisch vorbereiteten perfiden Rachepläne macht sein Charakter in den Augen des Betrachters aber schon bald eine etwas befremdliche und recht krasse Entwicklung durch. Zwar ist Butler auch (oder erst recht) als eiskalter Killer sehr einnehmend, doch fällt es dem Zuschauer im Angesicht von Clydes brutalen Methoden und seiner Wahl der Opfer mit fortschreitender Handlung immer schwerer, an dem anfänglich entwickelten Mitgefühl für den Familienvater festzuhalten. Die vor allem für eine FSK-16-Freigabe teilweise sehr drastisch inszenierten und häufig auch von einem Schock begleiteten Morde lassen das Publikum meist nicht ungerührt in den Kinosesseln zurück.
Im Zuge dessen ist es zunehmend an dem von Jamie Foxx («Ray», «Collateral») verkörperten und gegen Clyde ermittelnden Staatsanwalt Nick Rice, die Sympathien für sich zu gewinnen. Dies gelingt aber leider auch nur bedingt, ist Rice in erster Linie doch auf seine Erfolgsquote bedacht und für diese auch dazu bereit, einen Deal mit einem Mörder einzugehen. Die moralischen Bedenken, die der Anwalt hin und wieder durchschimmern lässt, sowie die Einführung als liebender, wenn auch sehr karrierefixierter, Vater und Ehemann, lassen ihn trotz allem etwas zugänglicher erscheinen, zumal Oscar-Preisträger Foxx seine Sache ebenfalls mehr als gut macht. Dennoch hätte man sich hier und da für beide Protagonisten eine etwas durchdachtere und insbesondere in Clydes Fall weiter in psychologische Tiefen vordringende Charakterzeichnung gewünscht. Es sind allerdings vor allem die Nebenfiguren, welche weitestgehend blass bleiben und so trotz der Bedrohung ihres Lebens kaum Anlass dazu geben, um jenes zu bangen.
Ferner flaut der Film nach den furiosen ersten zwei Dritteln zum Ende hin ein wenig ab, sodass der Schluss leider nicht ganz das einhalten kann, was der packende und spektakuläre Auftakt verspricht. Die zunehmend ein wenig absurd anmutenden, weil auch allzu perfekt funktionierenden Vergeltungsschläge, verbunden mit nur leidlich originellen Enthüllungen über Clydes Vergangenheit, rauben dem grundsätzlich gelungen gestalteten Szenario einen Teil seiner Faszination. Die zentrale Szene des Finales ist jedoch wiederum äußerst effektvoll von Regisseur F. Gary Gray («Verhandlungssache», «The Italian Job», «Be Cool») in Szene gesetzt worden und wirkt so einer drohenden Ernüchterung des Zuschauers noch einmal entgegen.
Gerard Butler hätte es mit dem Debüt seiner Produktionsfirma wahrlich schlechter treffen können, weiß «Gesetz der Rache» doch über weite Strecken sehr zu fesseln. Leider geht dem spannungsgeladenen Thriller gegen Ende ein wenig die Luft aus. Des Weiteren gestaltet sich die Ausarbeitung der Hauptfiguren im Hinblick auf moralische Fragen und Sympathiewerte doch etwas fragwürdig. Dennoch bietet «Gesetz der Rache» kurzweilige und mitreißende Unterhaltung, die vor allem von dem Spiel seiner gut aufgelegten Hauptdarsteller profitiert und so aus partiell bekannten Versatzstücken ein durchaus stimmiges Gesamtbild erzeugen kann.
«Gesetz der Rache» ist seit dem 19. November in vielen deutschen Kinos zu sehen.