Inhalt
Felix Keller ist Anfang 50, Lehrer im Vorruhestand, ausgebrannt, demotiviert, leer. Sein Frust über den Niedergang von Anstand, Bildung und Respekt äußert sich in treffsicherem Sarkasmus ohne Rücksicht auf Verluste. Der Hass auf motivationslose Schüler und das Schulsystem im Allgemeinen wurde noch größer, als ihn seine Frau Paula verließ.
Seitdem verschanzt er sich in seiner Wohnung und meidet jeden Kontakt zu seinen Mitmenschen. So ist es ihm ganz recht, dass ihn die Anwohner meiden, denn jeder Kontakt mit ebenso einfältigen wie adipösen Zeitgenossen ist für ihn eine Qual. Er macht jeden zur Schnecke und legt sich mit allen an. Kurzum: Er ist ein veritabler Stinkstiefel.
Dass er Mitschuld trägt an dem Autounfall, bei dem die junge Nachbarstochter Amelie vor ein Auto läuft und sich ein Bein bricht, stört ihn nicht sonderlich. Dass allerdings ein undichtes Wasserrohr seine Wohnung eines Tages in ein Feuchtbiotop verwandelt und ihn zum Kontakt zur Außenwelt zwingt, macht ihn wütend.
Der Wasserschaden wurde ausgerechnet von Marie, der Mutter von Amelie, in der Wohnung über ihm verursacht. Schon lange würde er Marie samt widerspenstig pubertierender Tochter loswerden, aber das ist nicht so einfach, denn Marie gibt Felix kräftig kontra.
Die Reparaturen führt ausgerechnet Klempner Benno aus, einer von Felix' ehemaligen Schülern. Weil Benno schon damals wohl nicht der Hellste war, heizt ihm Felix nun mächtig ein und verschont den armen Kerl auch nicht mit bösartigen Kommentaren über sein verkorkstes Leben.
Aber wie das Schicksal so spielt: Felix schafft es, einen Draht zu Amelie zu finden, die ebenso schlagfertig ist wie er, in der Schule aber nicht klar kommt. Ist sie nur faul, wie Felix ihr vorwirft? Maries Dankbarkeit lässt Felix' kaltes Herz allmählich auftauen, und er muss feststellen, dass es doch noch Menschen gibt, für die es sich lohnt, sich einzusetzen. So steht er Marie nicht nur in der Erziehung Amelies zur Seite, sondern stärkt ihr auch beruflich und im schwierigen Verhältnis zu ihrem Ex den Rücken. Nur die Nachbarn haben weiterhin nichts zu lachen.
Darsteller
Leonard Lansink («Wilsberg») ist Felix Keller
Proschat Madani («R.I.S.») ist Marie Maibach
Josefine Preuß («Türkisch für Anfänger») ist Amelie Maibach
David C. Bunners («Böseckendorf - Die Nacht, in der ein Dorf verschwand») ist Lutz
Barbara Rudnik («Schutzlos») ist Paula
Lilian Klebow («SOKO Donau») ist Inga Rittersbach
Hans-Maria Darnov («Kommissarin Lucas - Vergessen und Vergeben») ist Heinz Gabriel
Franziska Traub («Treuepunkte») ist Helga Gabriel
Hannes Wegener («Kill your Darling») ist Benno Bücker
Susanne Häusler («Gefühlte XXS») ist Gisela Lautenschläger
Luca Salomon ist Smokey
Maxi Warwel («Arme Millionäre») ist die Psychologin
Kritik
Leonard Lansink scheint auf etwas mürrisch dreinblickende Zeitgenossen abonniert zu sein. Schon in seiner wohl berühmtesten Rolle als Münsteraner Privatschnüffler «Wilsberg» ist er nicht so ganz einfach. Doch vergessen Sie alles was Sie bisher von Lansink oder «Wilsberg» gesehen haben, denn in «Der Stinkstiefel» spielt er einen so dermaßen verbitterten, sarkastischen und geradezu bösartigen Lehrer im Ruhestand, das er dem guten alten «Dr. House» wahre Konkurrenz machen könnte. Selten wurde so schön gestänkert, gepöbelt und gezickt – eine wahre Freude.
Leonard Lansink spielt seine Rolle dabei auch sehr überzeugend und eindringlich, lässt aber stets durchblicken, das da mehr hinter seiner harten Fassade steckt, als er zugeben möchte. Und so darf in dem Film auch die melancholische Seite nicht fehlen. Schließlich befinden wir uns im familienfreundlichen Hauptprogramm des ZDF und dann noch unter dem Label des Fernsehfilms der Woche. Und so mündet das ganze Geschehen am Ende auch dort, wo man es vermutet – als geläuterter Protagonist in einem (Liebes-) Happy End. Bis dahin darf man sich aber über herrlich böse Dialoge und Wortgefechte zwischen Keller und seinen Nachbarn sowie im Speziellen mit Amelie Maibach aus der Feder von Autor Stefan Rogall («Wilsberg») freuen. Eine wahre Wonne. Von Seiten der Drehbuchvorlage und der Inszenierung her, gibt es also an dieser Produktion wenig bis gar nichts zu bemängeln.
Hinzu kommt auch, dass Regisseur Thomas Nennstiel («Moppel-Ich») neben Lansink eine Riege spielfreudiger und größtenteils eher unbekannteren Schauspielgesichtern aufgeboten hat. Somit bekommt jeder Charakter eine ganz eigene Dynamik da die Schauspieler noch nicht so sehr mit Klischees aus ihren sonstigen Rollen überfrachtet wurden.
Bei aller Komik und Melancholie die diese Komödie verbreiten soll, einen traurigen Beigeschmack bekommt der Fernsehfilm durch eine ganz andere Tatsache. Die im Mai 2009 verstorbene Barbara Rudnik ist hier in ihrer letzten Rolle zu sehen. Es reichte nur zu wenigen Szenen, wurde der Film doch erst im Februar und März 2009 in Berlin gedreht. Und liegt in ihrem stark geschminkten und mit einer Kurzhaarperücke fast nicht zu erkennenden Gesicht ziemlich viel Schwermut.
Und trotzdem sind es halt die restlichen Szenen und die Gesamtkonstellation des Films, die großes Fernsehvergnügen garantieren. Seit House hat man selten so mit Antihelden mitgelitten und mitgefiebert. Und am Ende siegt ja auch das Gute.
Abseits des vorhersehbaren Happyends rundum gelungene Unterhaltung.
Das ZDF zeigt «Der Stinkstiefel» am Montag, den 23. November 2009, um 20:15 Uhr.