Hingeschaut

ZDF-Jahresrückblick: Achterbahnfahrt der Gefühle

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Da auch eine gewisse Struktur in den Themen vorhanden war, bauten sie gar aufeinander auf. Nachdem die Wirtschaftskrise auf sehr ernste Art und Weise mit den Einzelschicksalen der beiden Gäste beleuchtet wurde, kam Comedian und Arzt Eckart von Hirschhausen zu seinem Auftritt: Er sprach über Glück, auch wenn nicht jeder über seine Witze auf hohem Niveau lachen wollte. Die Mischung macht es schließlich. Nach gut einer Stunde war es ein perfekter Mix aus emotionsgeladenen Gesprächen über wichtige Ereignisse in 2009 sowie einer gesunden Portion Humor, die die Gala auflockerte. Dies hatte beim Sat.1-Jahresrückblick mit Kerner nicht so funktioniert. Schließlich wurde es auch noch kulturell: Leander Winkels, ein sehr junger Buchautor, und der in Danzig lebende, siebenjährige Igor, der ein Genie am Schlagzeug ist und dessen Youtube-Video 11 Millionen Klicks zählte, bereicherten die Show am Sonntagabend. Sportlich wurde es dann mit der Doppelgold-Gewinnerin bei der Schwimm-WM, Britta Steffens, und dem über die Leinwand über Gottschalks Couch zugeschalteten Weltrekord-Halter in der Leichtathletik, Usain Bolt. Zwei Themenschwerpunkte, wo es etwas zum Staunen gab. So schloss sich auch Unterhaltung mit ein, ehe es wieder etwas ernster wurde und die Gefühle wieder die Oberhand hatten: Die Augenzeugen des Mauerfalls Jörg Kaufmann (zuvor noch im Einspieler zusehen gewesen) sowie das Ost-West-Paar Georg und Kathrin Patzer, die 1990 heirateten, berichteten Thomas Gottschalk von ihren Erlebnisse und auch Hans-Dietrich Genscher gab eine kleine Geschichtsstunde, was ein durchaus interessanter Part war. Interessant war auch das Gespräch mit der kleinen Kennedy Corpus aus den USA, die von ihrem Präsident Barack Obama eine Entschuldigung für ihre Schule erhielt, weil sie seine Wahlveranstaltung besuchte.



Kabarettist Andreas Müller blickte einmal mehr auf witzige Weise auf das zurückliegende Jahr zurück und sang jeweils Ständchen, in denen ein paar Textzeilen in Ironie verpackt wurden. Musikalisch blieb es als ein Einspieler die Hits des Jahres zeigte, gesungen von ZDF-Zuschauer. Eine feste Institution in der Show «Menschen 2009», die aber viel Spaß machte. Emilana Torrini performte dann ihren Song „Jungledrum“ - ein Hit des Jahres. Mit Ulrike Schober und Gerd Mayer hatte Thomas Gottschalk dann zwei Augenzeugen zu Gast, die die Amokläufe von Winnenden direkt miterlebt hatten und auch einen Verlust zu beklagen hatten. Sie berichteten von ihrer gegründeten Stiftung und läuteten den melancholischen Teil von «Menschen 2009», den Gottschalk ebenfalls kommentierte: „Auch als Journalist wird einem da ganz anders, wenn man mit Menschen über solche Tragödien spricht, deren Schicksale so unglaublich sind“, gab er zu sich bereits vor der Sendung viele Gedanken gemacht zu haben. Doch am Ende wurde daraus wieder ein gefühlsträchtiger Teil, dem sich ein ebenso einfühlsamer Einspieler für die verstorbenen Persönlichkeiten mit „You Are Not Alone“ von Michael Jackson als Hintergrundmelodie anschloss. Auch bewegend waren die anschließenden Augenzeugen-Berichte, die von Krieg und Trauer handelten. Abermals bewegende Momente. Bis dahin war «Menschen 2009» durchaus besser gelungen als der Rückblick auf Sat.1 am Freitag, obgleich das Konzept sehr ähnlich, aber durchdachter war.

Etwas mehr als die zweite Stunde war nun gefüllt und Gottschalk eröffnete die Thematiken rund um die Show- und Medienwelt. Es gibt jetzt um Casting-Show, denen Gottschalk bekanntlich nicht wohl gesonnen ist. So ließ er auch den einen oder anderen Seitenhieb los: „Würde ich meine Karriere neu starten, Dieter Bohlen würde meine Genialität nicht erkennen“, scherzte der Moderator, fügt aber an: „Doch bei aller Kritik an diesen Formaten: Manchmal trifft es die Richtigen“, hatte Gottschalk hier Castingshow-Kandidaten im Sinne, die sich einfach nur blamieren. Nicht in diese Kategorie fiel Sarah Nuru, die kurz drauf auftrat ebenso wie «Britain’s Got Talent»-Teilnehmerin Susan Boyle, die singen durfte. Zum Ende hin hatte Gottschalk dann noch das Lieblingspaar der Deutschen auf seiner Couch: Veronika Ferres und ihr Mann Carsten Maschmeyer, den der Auftritt einige Überwindung gekostet hat. Hier schien Gottschalk auch gleich vertrauter und fühlte sich wohl wie in einer «Wetten, dass…?»-Sendung, weil plötzlich so etwas Scherzhaftigkeit bei Gottschalk zu beobachten war, so versuchte er immer mal wieder ein paar Details zum Privatleben der Beiden zu erfahren: „Wir wollen nicht drüber sprechen, wo ihr euch kennengelernt habt, aber insgeheim interessiert es mich natürlich schon“, flunkerte Gottschalk und Ferres stieg in das Unterhaltungsspiel mit ein: „Du bist schon ein Schlingel, Thomas“, rügte sie ihn, auch wenn sie dennoch verriet, dass sie ihren Banker in Südafrika während Dreharbeiten kennen lernte.



Am Ende war Michael Jackson, der verstorbene King of Pop, das Thema, das den Abend im ZDF zum Abschluss brachte. Ein würdiges Thema und auch mit seiner älteren Schwester La Toya Jackson neben Gottschalk sowie der Performance des Musicals „Thriller Live“ ein runder Abschluss eine souveränen Sendung, die mehr Emotionen als Show-Acts zu bieten hatte. Auch das Gespräch mit La Toya Jackson war im Endeffekt tiefgründig, da man auch über Michael Jackson Charakter sprach, auch wenn es nicht viel Neues zu erfahren gab. Hinsichtlich des Jahresrückblicks auf Sat.1 war «Menschen 2009» eine deutliche Steigerung und Gottschalk darf im nächsten Jahr gerne wieder moderieren, aber dann lieber Ende als Anfang Dezember. Geht man davon aus, dass die Jahresrückblicke stetig besser werden, darf man sich auf die Version von RTL mit Günther Jauch freuen, insofern die Themen dank der vielen Rückblicke nicht irgendwann ausgelutscht sind.

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