Sonntagsfragen

Sonntagsfragen an Guido Reinhardt

von
Der Executive Producer von Grundy Ufa stellt einige tägliche Serien her. Wir sprachen mit ihm über «GZSZ», «Unter Uns», «Eine wie keine» und vieles mehr.

Herr Reinhardt, wenn wir einen Blick auf das Jahr 2010 werfen: Rechnen Sie da bei Ihren Soaps und Telenovelas insgesamt eher mit Gewinnen oder mit Verlusten in Sachen Marktanteil?
Das ist sehr schwer zu sagen. Wir hatten ja 2009 bereits eher konservative Erwartungen. Rückwirkend betrachtet hat es uns sehr gefreut, dass wir «Unter uns» stabilisieren konnten. Im Rahmen unseres Qualitätsmanagements haben wir bei der RTL-Serie schon im Sommer 2008 festgestellt, dass wir da einiges nachjustieren müssen und haben das Konzept überarbeitet. Im Herbst dieses Jahres zogen daraufhin die Quoten an, was erfreulich ist.

Bleiben wir zunächst noch kurz allgemein: Was konnten Sie aus dem Jahr 2009 lernen?
Ich glaube, dass viele Menschen viel aus dem Jahr 2009 lernen konnten. Es war das Jahr der Wirtschaftskrise, die natürlich auch uns getroffen hat. Wir sind dennoch mutig vorangeschritten und haben uns immer gesagt, dass jedes Risiko auch eine Chance ist. Trotz der Krise ist es uns gelungen alle Dinge, die angepackt werden mussten, auch anzupacken.

Wir wollen mit Ihnen nun über sechs Formate sprechen, die Sie für vier verschiedene deutsche TV-Sender herstellen. Beginnen muss man natürlich mit dem Primus «GZSZ»: Wie weh tut die Schwangerschaft von Susan Sideropoulos dem Format?
Zunächst einmal: Wir wissen schon relativ lange – also länger als die Presse und die Öffentlichkeit – von der Schwangerschaft. Unsere Autoren haben sie inhaltlich mit eingebunden, sodass wir darauf sehr gut vorbereitet sind. Auch derzeit ist Verena ja in einer kleinen Pause, was dem Format nicht schadet wie ich finde. Wenn man sich den Cast anschaut, bin ich sicher, dass wir die Babypause von ihr gut überstehen werden.

Wie lange wird diese Babypause denn dauern?
Das werden wir sehen. Es ist jetzt viel zu früh, darüber zu spekulieren.

Ist es denn sicher, dass Susan Sideropoulos dann mit Kind genauso viel vor der Kamera stehen wird wie zuletzt?
Susan Sideropoulos hat ja klar gesagt, dass sie nach ihrer Schwangerschaft zu «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» zurückkehren möchte. Und wir möchten, dass sie die Figur Verena weiterhin spielt. Ich sehe da also wenig Probleme.

Wie geht es in der Serie mit den Figuren Gerner und Katrin weiter?
Ich weiß, dass das viele Leser von Ihnen interessiert – trotzdem möchte ich wenig verraten. Es wird in der nächsten Zeit noch einmal zusätzlich spannend, weil es in der Geschichte einen Grundkonflikt geben wird. Wir werden die Beziehung der beiden mal aus einer anderen Perspektive sehen.

Für Verwirrung sorgt derzeit Frank-Thomas Mende, der in einem Interview einen Ausstieg für 2010 bekannt gab und dabei recht wütend klang. Nun hieß es zuletzt, Sie befänden sich wieder im Gespräch…
Richtig, die Gespräche laufen zur Zeit auch noch und sie verlaufen sehr positiv. Vielleicht wurde Frank-Thomas Mende in dem Interview auch einfach nur missverstanden.

Ob das missverständlich sein kann weiß ich zwar nicht: Aber waren Sie überrascht das zu lesen?
Ich war überrascht, aber wir haben uns dann sehr schnell zusammengesetzt und ich habe nachgefragt, was er genau gesagt hat. Letztlich sind wir zu einem einvernehmlichen Ergebnis gekommen. Ich persönlich hoffe, dass er der Serie erhalten bleibt, weil er ein elementarer Bestandteil von «GZSZ» ist.

Ich muss widersprechen: Er ist doch in der Serie kaum mehr zu sehen, huscht eher hin und wieder durch das Bild.
Wir haben den Fokus vor einiger Zeit auf die Altersgruppe zwischen 20 und 30 Jahren gelegt und dennoch spielt die Figur Clemens Richter eine wichtige Rolle: Er ist für viele der väterliche Freund. Natürlich: Eine direkte Geschichte wird er in unserer Serie nicht mehr haben, was ihm aber auch gelegen kommt, da er kürzer treten wollte um vermehrt auch Theaterspielen zu können.

Blicken wir kurz auf «Verbotene Liebe»: 2007 holten Sie bei den 14- bis 49-Jährigen 10,7 Prozent, 2009 sind es aktuell 9,3 Prozent. Ein guter Wert, wenn man sich den ARD-Vorabend anschaut und dennoch fordern die Programmmacher des Ersten zehn Prozent. Müssen sie ihre Messlatte etwas herunterschrauben?
Ich glaube ja. An «Verbotene Liebe» haben wir die vergangenen Monate massiv gearbeitet. Wir haben wieder erkennbar gemacht, worum es in dem Format eigentlich geht. Der Fokus des Formats wurde deutlich herausgearbeitet. Die Serie wird – egal ob in Radio oder TV – sehr gut beworben, die Zusammenarbeit mit der ARD klappt also bestens. Inhaltlich würde ich sagen, dass wir auf einem richtig guten Weg sind und sich die Zuschauer auf 2010 freuen können. Ich bin mit den Quoten, die wir erreichen, aktuell zufrieden, aber vielleicht können wir diesen einen Prozentpunkt noch herausholen.

Wie wichtig ist da auch das Umfeld – ich denke da gerade an «Marienhof»…
Sehr wichtig. Wenn man sich den ARD-Vorabend ansieht, dann sticht «Verbotene Liebe» klar heraus. Die Quoten sind stabil – wir als Produktionsfirma sind also zufrieden.

Ein Sorgenkind ist derzeit «Eine wie keine». Sind Sie besorgt was die Quoten angeht?
Gar nicht – auch der Sender ist übrigens nicht besorgt. Wir haben ein sehr gutes Produkt – übrigens gemeinsam mit Phoenix Film – auf den Markt gebracht. Ich glaube fest daran, dass es «Eine wie keine» schaffen wird, dauerhaft auf dem Schirm zu bleiben. «Anna und die Liebe» hat nach ordentlichem Start auch deutlich verloren und musste sich erst lange dahinkämpfen, wo die Kollegen jetzt sind.

Wie erklären Sie sich die Quotenverluste nach dem Start?
Das hat viele Ursachen: Der Verlauf der ersten Folge hat uns sehr zuversichtlich gestimmt – wir haben Zuschauer gewonnen. Dass es danach runtergehen würde, wussten wir. «Anna und die Liebe» befindet sich in einer Phase des Umbruchs, der gesamte neue Abend wurde meiner Meinung nach nicht ganz stark beworben. Wenn ich beispielsweise an der Start unserer letzten Soap «Alles was zählt» denke, dann geht es uns mit «Eine wie keine» noch richtig gut. Wir werden da einen langen Atem haben und der Sender auch – das ist in Gesprächen immer wieder deutlich geworden. Hergestellt sind jetzt etwas mehr als 60 Folgen, die meiner Meinung nach sehr hochwertig sind. Da kann man jetzt also für die kommenden zwei oder drei Monate ohnehin kaum mehr etwas ändern. Wir waren uns aber bewusst, dass die Etablierung einer neuen Soap ohnehin drei, wenn nicht gar vier oder fünf Monate dauert.

Bei acht Prozent haben Sie also noch kein schlechtes Gefühl. Wie sähe es bei sechs oder fünf aus?
Wenn es natürlich in diese Bereiche gehen würde, dann würde es schon kritisch werden. Ich beschäftige mich aber nicht gerne mit „Wenn“ und „aber“.

Woran liegt es denn Ihrer Meinung, dass «Eine wie keine» nach dem Start durchaus Zuschauer verloren hat?
Wir erzählen in «Eine wie keine» eine Liebesgeschichte. Wir müssen uns das Publikum vorstellen – es gibt in Deutschland eine gewisse Anzahl von Menschen, die sich Soaps und Telenovelas identifzieren können. Derzeit sind davon zehn Serien unterwegs – und das macht es etwas schwierig. Es war mutig von Sat.1, in ein solches Projekt zu investieren, weil auch der Sender weiß, dass es von Soaps schon etliche auf dem Markt gibt. Dennoch bin ich sicher, dass es mittelfristig der richtige Weg war. Übrigens – wir bekommen ja nicht nur Konkurrenz von «Marienhof» oder anderen Daily Soaps, sondern auch von den neuen Nachmittagsformaten. Schauen Sie sich die Doku-Fiction bei RTL an, da ist eine klare Dramaturgie zu erkennen. Die Kollegen wildern in dem Bereich also mit.

Nächste Serie: Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass «Alles was zählt» im Sommer eine inhaltliche Schwächephase hatte?
Ja, würde ich. Da sind wir momentan dran – wir haben das im Rahmen unseres Qualitätsmanagements im Sommer erkannt. Man hätte es vielleicht ein schon ein paar Wochen vorher erahnen können, aber nicht immer entwickelt sich das Zusammenspiel der Geschichten so wie man es vermutet. Nach über drei Jahren gehört «Alles was zählt» inzwischen schon zum Establishment und wir müssen uns fragen, wo der klare Kern der Serie ist. Durch den Weggang von Tanja Szewczenko ist die Serie deutlich in die Breite gegangen, was uns aber glaube ich ganz gut getan hat. Aktuell stellen wir uns die Fragen: Was ist das für ein Format? Wo liegt der USP? Das sind grundlegende, tiefgehende Analysen, die wir betreiben, von denen der Zuschauer aber nichts mitbekommen. Der sagt höchstens: Die Geschichte fesselt mich zur Zeit nicht. Erst kürzlich haben wir aus diesem Grund auch Veränderungen im Cast beschlossen. Es wird Ausstiege geben und es werden zwei neue Figuren hinzustoßen. Beide haben wir auch bereits schon angedreht.

Liegt das Problem also etwas an dem Ausstieg von Tanja Szewczenko?
Das wurde lange im Vorfeld kommuniziert – wir konnten uns darauf vorbereiten. Die Probleme haben eher etwas mit dem Markenkern zu tun, den sie aber natürlich auch zu einem Teil bedient hat.

Wie sieht es bei «Alisa» aus? Geben Sie mir Recht, wenn ich sage, dass die Quoten klar unterhalb der Erwartungen liegen?
Da gebe ich Ihnen Recht. Auch da sind wir dran, deutliche Veränderungen vorzunehmen. Das Problem bei «Alisa» war das Ursprungskonzept. Es hat uns da – natürlich nicht so stark – aber ähnlich wie «Eine wie keine» getroffen. Wir haben versucht eine äußerst realistische Arbeitswelt zu zeigen, mussten dann aber feststellen, dass die Menschen in Zeiten der Wirtschaftskrise darauf offenbar nur wenig Lust haben. Die Wirklichkeit hat uns da schlicht eingeholt. Zwar haben wir versucht im Laufe der Zeit einige Korrekturen vorzunehmen, jedoch gelang es natürlich nicht das Ruder ganz herumzureißen. Auch das ZDF wollte die Geschichte so haben – mit einer starken Frau, die weiß, was sie will.

Im Januar läuft die Geschichte mit Alisa aus – und dann?
Ende November haben wir die Hochzeitsfolge gedreht und werden nach der Hochzeit in ein komplett anderes Umfeld wechseln. Wir gehen raus aus der Welt der Castellhoff-Werke und hinein in ein deutlich sinnlicheres Umfeld. Davon konnten wir das ZDF überzeugen. Auch im Cast wird es dann viel neu zu entdecken geben. In der Fortsetzung werden wir gern gesehene Gesichter an Bord haben.

Last but not least – kommen wir zu «Unter Uns». Dort befinden Sie sich im Umbruch, erzielten im November rund 18 Prozent Marktanteil und liegen damit wieder im erfreulichen Bereich.
Ich kenne «Unter Uns» nun seit 15 Jahren – das Projekt begleitet mich also schon eine ganze Zeit, ich bin mit ihm groß geworden, könnte man sagen. Es ist aber vollkommen normal, dass man eine solche Serie nach einer gewissen Zeit verändern muss. Das gleiche haben wir vor zwei Jahren auch bei «GZSZ» gemacht.

Verändert wird sie unter anderem durch den Ausstieg von Holger Franke, der seit Beginn an die Figur des Wolfgang Weigel gespielt hat. Er war nicht sonderlich glücklich über den Tod der Figur.
Die Entscheidung ist auch uns nicht leicht gefallen und es ist vollkommen normal, dass langjährige Darsteller nicht erfreut sind, wenn sie vom Ende einer Serienfigur erfahren. Die Weigels sind bei «Unter Uns» eine Institution und sie werden es auch bleiben. Wir richten den Blick nun wieder auf eine Generation, die so ist wie es Wolfgang Weigel zu Beginn der Serie selbst war. Es geht um junge Väter mit jungen Kindern. Durch die lange Laufzeit – wir haben 15-jähriges Jubiläum gefeiert – hatte sich hier einfach der Schwerpunkt verschoben.

Musste man die Figur deshalb wirklich gleich komplett rausschreiben?
Wir haben uns dafür entschieden, weil wir durch diese Geschichte Stoff für ein oder zwei Jahre haben werden. Es wird also eine ganz große Geschichte rund um dieses Thema geben. So hoffen wir, dass wir die Quoten, mit denen ich jetzt schon wieder sehr zufrieden bin, noch weiter ausbauen.

Vielen Dank für das Interview.

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