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Und lande bei RTL. «Familien im Brennpunkt». Wieder ein Sozialporno. Diesmal sogar gefaked. Ich erfahre, wie Ritas dreizehnjährige Tochter Justeen von ihrer Lehrerin gemobbt wird. Die zerreißt ihre Schulhefte. Faszinierend. Heute ist wohl Girls' Day im Privatfernsehen. Doch “Mutter Rita gibt nicht auf” und erwirkt ein Gespräch mit dem Schulleiter und der tyrannischen Lehrerin, zu dem die Kameras allerdings keinen Zutritt haben. Man scheint also bei RTL immerhin noch bestrebt zu sein, den Schein einer echten Doku zu wahren. Irgendwie süß. Während der Werbepause, einer willkommenen Abwechslung, denn hier sind zumindest die angepriesenen Produkte echt, entschließe ich mich, zum hippen und coolen zdf_neo zu zappen. Dort läuft die neue Ausgabe einer amerikanischen Doku-Soap namens «Mamas Traumjob». Mutter Tiffany darf bei einer kleinen Lokalstation im Südosten Kaliforniens, die offensichtlich nichts mehr zu verlieren hat, als Reporterin anheuern, während ihr Vater sich um die drei kleinen, schreienden Kinder kümmert. So richtig den Bogen raus mit dem Anmoderieren hat Tiffany noch nicht, aber ihre Producerin gibt sich zuversichtlich. Ich bin da skeptischer.
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Mein Weg führt mich zu EinsPlus. In «Landgasthäuser Franken» kochen zwei übergewichtige Köche Risotto, während mir der Off-Sprecher etwas über den Duft von Jurakräutern erzählt. Da meine Kochkünste mit der Zubereitung von Toastbrot bereits vollständig ausgeschöpft sind, hilft mir das alles herzlich wenig. Als dann noch eine nachgestellte Szene einsetzt, in der mir plastisch nahegebracht werden soll, wie denn die Römer gekocht haben, reicht es mir endgültig. Ich zappe zu «Hier ab Vier» im MDR und lande bei einem Beitrag über ein älteres Ehepaar aus Ostdeutschland, das jedes Jahr zur Weihnachtszeit seinen Garten mit etwa zwanzigtausend Glühlämpchen schmückt. Die obligatorischen Santa Claus- und Rudolph, the Red-Nosed Reindeer-Figuren dürfen natürlich auch nicht fehlen. Wie ich erfahre, wäre das alles dem Erzgebirgsverein Zwönitz wohl ein Dorn im Auge. Der hat dem Lichterterror den Kampf angesagt und die Herrschaften machen in ihrem Ort allabendlich die Runde und begutachten die Fenster der Nachbarschaft. Ich würde sämtlichen in diesem Beitrag vorkommenden Menschen dringlichst empfehlen, sich ein Hobby zuzulegen. Nach Ende dieses Beitrags folgt direkt einer über den aktuellen Klatsch und Tratsch, in dem man sich brennend für die Frage interessiert, ob Bill Kaulitz magersüchtig ist. Vielleicht ist er ja auch nur im Monsun eingegangen.
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Gleich ist es geschafft und ich will noch einmal bei RTL vorbeischauen, um mitzubekommen, wie sich der Streit zwischen Justeen, bzw. ihrer Mutter Rita, und der bösen Lehrerin entwickelt hat. Man trifft sich vor Gericht, wo die Kameras wieder draußen bleiben müssen. Verständlich, schließlich hat RTL genug schlechte Erfahrungen mit Gerichtsshows gemacht. Schließlich und endlich gewinnt jedenfalls die Familie, alle freuen sich und Tochter Justeen verkündet: “Ich bin glücklich, dass alles vorbei ist.” Ich auch.