Zielgerade: Auch in den Monaten von September bis Dezember waren den Zuschauern, Verantwortlichen und Branchenbeobachtern lediglich wenige ruhige Tage gegönnt. Der letzte Teil des großen Jahresrückblicks.
• Jahresrückblick Teil I
• Jahresrückblick Teil II
“Die Zuschauer haben fast immer Recht. Wenn die Leute sich Comedy-Formate nicht ansahen, dann lag das daran, dass diese nicht lustig waren. [...] Ich habe den Anspruch den Freitagabend aus dem einstelligen Bereich zu holen.“ Dies sind die Worte des Oliver Pocher. Geäußert wurden sie im September, einer Zeit, die die neue Late-Night des Moderators in Aussicht stellte. Man zeigte sich zuversichtlich, Werte in Höhe des Senderschnitts sollten die unterste Marke bilden – In den folgenden Wochen musste der 31-Jährige feststellen, wie sehr Enttäuschung schmerzen kann.
“Es ist ein Irrglaube, dass Schmidt froh ist, mich los zu sein, und ich froh bin, ohne ihn arbeiten zu können. Es war nur immer klar, dass unsere gemeinsame Sendung ein Projekt ist, bei dem jeder nach einer Zeit lang wieder seine eigenen Wege geht.“, so Pocher im Vorfeld. Harald Schmidt wandelte ohne seinen Sidekick zweifellos auf unbekannten Pfaden, doch keineswegs allein, immerhin leistete ihm Pocher Ex-Freundin Monica Ivancan Gesellschaft. Naive Schüchternheit hat längst jeglichen Reiz verloren, weshalb Schmidt seinem Gast zum Anlass des 50. Jubliäums des Romans «Die Blechtrommel» kurzerhand Brausepulver aus dem Bauchnabel leckte.
Während Oliver Geissen und die Schauspielerin Christina Plate die Heirat vollzogen, der Tod Patrick Swayzes Programmänderungen hervorrief und die neuartige Gewinnspielsatzung Bußgelder für Sat.1 und 9Live implizierte, erschütterte ein eminenter Skandal die Fernsehlandschaft. Doris Heinze, ihres Zeichens Fernsehcheffin des NDR, hatte sich unter Pseudonymen und in Zusammenarbeit mit ihrem Ehemann Drehbücher zugespielt, um diese im Folgenden zu genehmigen und ein Honorar in Höhe von bis zu 60.000 Euro einzustreichen. Konsequenzen waren eine fristlose Kündigung und ein erheblicher Schaden für die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt.
Seit dem Jahr 2002 führte Frank Elstner durch den Samstagabendklassiker «Verstehen Sie Spaß?» und brachte diesen zurück in die Spur des Erfolges. Inzwischen liegt die erste Dekade des neuen Jahrtausends hinter den Deutschen und bereits seit geraumer Zeit war offiziell, dass Elstner die Moderation des Showdinos zu diesem Zeitpunkt fallen lassen würde. Im neunten Monat des vergangenen Jahres wurde letztlich ein Nachfolger gefunden. Es handelt sich hierbei nicht um Jörg Pilawa, dessen Engagement bezüglich der ARD damals ohnehin in Frage gestellt werden musste, sondern um Guido Cantz, dessen eigene Sendung «Deal or No Deal» vor mehr als einem Jahr von Sat.1 abgesetzt wurde.
Im Zuge dieser Veränderungen, wurde die Gerüchte der letzten Wochen schließlich endlich bestätigt: Pilawa wechselt zum Zweiten Deutschen Fernsehen und wird dort, nach seinem Urlaub bis zum Herbst 2010, eine eigene, unkonventionelle Late-Night, sowie die Moderation diverser Shows innerhalb der Primetime erhalten. ARD-Programmdirektor Volker Herres zeigte sich enttäuscht: “Wenn er sich nach Vertragsende mit der ARD neu orientiert, habe ich dafür menschlich viel Verständnis, obwohl ich seine Entscheidung natürlich sehr bedauere.“
Nachwehen dieser Ereignisse war die Vermutung, dass Pilawa nun Thomas Gottschalk beerben würde. Diese Aussagen wurden jedoch zügig dementiert – Stattdessen wurde «Wetten, dass...?» eine andere Personalie hinzugefügt. Michelle Hunzikers Mitwirkung beim Sommerspecial hinterließ Eindruck und sorgte dafür, dass sie auch künftig ein Teil der Show werden sollte. "Es ist mir völlig egal, ob die Leute wegen der Promis, der Wetten oder meinetwegen zuschauen, solange sie einschalten. Und wenn Michelle für einige der einzige Anlass ist, dann ist das völlig in Ordnung.“, so Gottschalk über die neue Situation.
“Mehr ... Veränderung“ - Der Bällchensender hatte bereits zuvor angekündigt, pünktlich zur Champions League in neuem Gewand auf den Fernsehschirmen der Nation zu erscheinen. Im September war es dann letztlich soweit, unter dem Claim “Colour Your Life“ erblickte das neue Sat.1 das Licht der Welt und wurde sogleich mit der rücksichtslosen Realität konfrontiert: Sowohl «Die Promi-Singles», «VIP-Charts», als auch «Das Frühstücksfernsehen» mussten anderen Inhalten weichen. Hintergrund waren die schwachen Quoten. Selbst Senderchef Guido Bolten musste früher oder später einsehen, dass man mit Spielfilmen am Montag besser bedient war.
Auch kabel eins war gezwungen, Änderungen im Programm vorzunehmen. Die Sitcomschiene am Nachmittag war nach wie vor ein Garant für ausgezeichnete Werte, weshalb man mit «Die wilden Siebziger» ein weiteres Format in das Repertoire eingliederte, das jedoch relativ schnell wieder von der Bildfläche verschwand, da man zu besten Sendezeit gnadenlos unterging. Dienstag, Donnerstag und Sonntag waren die Baustellen, doch weder das Genre der Dokusoaps noch Comedy entuppte sich als erfolgreich. «Rules of Engagement» hatte keinen leichten Stand und fiel zurück in die Daytime. Auch «Der Immobilienfürst» und «Schluss mit Hotel Mama!» ertranken in unruhigen Gewässern, bedingt durch die äußerst starke Konkurrenz.
Der ehemalige Comedychef von RTL wurde neuer RTL II-Programmdirektor. ARD und ZDF schlossen Verträge ab, die die Ausstrahlung von Handballspielen in der Zukunft sicherte. Die Mainzer präsentierten zudem das farbenfrohe Design des Familiensenders ZDFneo und dessen Programminhalte. Das Bundessozialgericht in Kassel entschied unterdessen, dass Dieter Bohlen ein Künstler ist und deshalb mit der Künstlersozialabgabe seitens RTL rechnen darf. Inwiefern dieses Urteil der Wahrheit entspricht oder nicht, «Deutschland sucht den Superstar» amüsiert weiterhin zahllose Zuschauer. Und eben diese haben ja fast immer Recht. Eigentlich.
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