In den USA wird die «The Jay Leno Show» zum letzten Mal gesendet. Aber wie ist es in Deutschland um die Late-Night bestellt?
Das Genre der Late-Night bereitet zur Zeit etwas Sorgen. Ein Blick in die USA, wo sie ihren Ursprung hat: Die «The Jay Leno Show» wurde offiziell in der Primetime abgesetzt. Aber geht es uns in deutschen Landen besser? Das Late-Night-Format von Stefan Raab «TV total» ist mittlerweile zurück auf den Schirm gekehrt. Doch kann es diesen Namen noch annehmen? Freilich hat sich die Sendung mit dem Entertainer auf ProSieben seit seiner Erfindung drastisch geändert. Statt vieler Clips und Witze gibt es Gäste, die sich die Klinke in die Hand geben. Stefan Raab, von VIVA kommend, war damals ein Vorreiter in Sachen neuer, aber moderner Late-Night, die eigentlich als Mischung aus gefundenen Kuriositäten aus der Fernsehwelt und spektakulären Aktionen verstanden wurde.
Mittlerweile drücken sich aber auch bei «TV total» nur so genannte Promis die Klinke in die Hand, die etwas zu bewerben haben. Sei es die neue CD, sei es die neue Tour oder ein neuer Fernseh-Auftritt. Davon hat sich einer, der bekanntlich schon seit Jahren nichts anders als Late-Night macht, völlig abgewendet. Harald Schmidt bedient in seiner gleichnamigen Sendung «Harald Schmidt» im Ersten nur noch die Nische. Jenes Programm also, das den vielfach zitierten Altmeister selbst interessiert. Dabei schaut er nicht nur darauf, was aktuell passiert, sondern lädt explizit Leute ein, die ihm am Herzen liegen. Dabei ist dieser Ansatz gar nicht mal so falsch. Denn was möchte auch ein echter Late-Night-Talker mit Gästen, die ihm im Endeffekt völlig egal sind. Diese Brücke baut aber - um wieder zur Konkurrenz zu wechseln - ein Stefan Raab sehr geschickt. Zwar interessiert er sich offensichtlich nicht für alle seiner Gäste, vorbereitet ist er sowieso nie auf sie, macht aber das Beste daraus. So gibt es Studio-Aktionen, die hier und da «TV total» in alte, noch relativ gute Zeiten versetzen lassen. Auch, wenn das eher ungewollt ist. Doch zwischen dem alltäglichen Nonsens findet Raab noch eine gute Mischung, um nicht letztlich alle Zuschauer zu vergraulen. Das soll jetzt nicht gegen Harald Schmidt gehen. Der Altmeister bedient sich zwar seinem selbst ausgewählten Publikum, doch vergisst er dabei nicht diejenigen, die womöglich doch noch zuschauen könnten. Zumindest beim Stand-Up und einigen Einspielern kommen sie noch mit. Dann schalten sie wohl ab, wie viele, die dem Feuilleton nichts abgewinnen können.
Eine ganz neue Art, um gerade das junge Publikum in Deutschland zu bedienen, wagte sich Oliver Pocher. Der Dritte im Bunde, der es in deutschen Gefilden mit dem Genre der Late-Night aufnahm. Die viel verschmähte «Oliver Pocher Show» ist im Endeffekt gar nicht mal so schlecht, wie man sie sieht. Zumindest dann nicht, wenn Oliver Pocher sich auf seine Stärken besinnt und nicht die klassische Late-Night absolviert, sondern spontane Witze, selbst gegen seine eigenen Gäste vorbringt sowie erstklassige Einspieler in seiner Sendung miteinander vereint. Wenn es für jede Sendung ein Thema gibt, auf das sich Pocher konzentriert, dann kann auch mal ein Hund in sein Studio kacken - wie zuletzt geschehen - und es ist nicht die Sensation schlechthin, sondern vielmehr das Gesamtpaket, das man abgibt, um zu überzeugen, selbst dann, wenn die Quote nicht stimmt.
Wir fassen zusammen: Wir haben die altgediente Late-Night-Show mit «Harald Schmidt», die aber nur die Nische und seine Fans bedient, ebenso wie den innovativen Metzger, der nicht mehr die Guerilla-Aktionen wie damals startet, sondern lieber einen Gast nach dem andern auf seine Art begrüßt. Und wir haben den Themen-Talker Oliver Pocher, der noch einiges Potenzial in sich birgt. Armes Deutschland? Nein, wir möchten die «heute show» nicht vergessen, die demnächst wöchentlich die Polit-Schiene aufs Korn nehmen möchte. Auch nicht die aufstrebende und kecke Ina Müller, die mit «Inas Nacht» beim Comedypreis abräumte und auch mit ihrer frischen Art überzeugt. Doch vor allem von den als feste Statuten bekannten Late-Night-Machern möchten wir doch mehr Biss und Zynismus erwarten. Dass es ein Harald Schmidt auch ohne Pocher kann, hat er in einer seiner Shows zuletzt mehr als deutlich bewiesen. Wir möchten mehr davon, Herr Schmidt! Dass Pocher ihm nicht das Wasser reichen kann, ist hinlänglich bekannt. Aber Oliver Pocher sollte sich trotz der vielen Lehrstunden daran nicht messen lassen. Denn er hat auch seine Stärken. Die muss er ausspielen, dann dürften auch die Quoten wieder nach oben klettern. Selbst am Freitag in Sat.1. Wir möchten also mehr verrückte Einspieler, Herr Pocher! Zuletzt muss auch Stefan Raab nachlegen, um nicht nur duch «Schlag den Raab» seinem Namen alle Ehre zu machen. Wir möchten daher mehr spaßige Studio-Aktionen, Herr Raab! Die deutsche Late-Night, unvergleichbar mit der amerikansichen, doch sie hat Potenzial. Um uns zu Unterhalten allemal.
«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf - Dienstags nur bei Quotenmeter.de!