Hingeschaut

«Die Model-WG»: Kein Job - kein Loft!

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Zwar mangelt es etwas an Spannung, aber der Cast des «Germany's Next Topmodel»-Ablegers verspricht einiges an Potential.

Die Vorbereitungen zur fünften Staffel von «Germany's Next Topmodel» sind schon in vollem Gange, da startet ProSieben den Versuch, noch ein wenig mehr Kapital aus seiner erfolgreichen Castingshow zu schlagen. Wenig überraschend handelt es sich dabei nicht etwa um eine reine Männer-Staffel, ein Konzept das bereits im Rahmen der vorletzten Staffel kurz ausgetestet worden war, sondern um die Rückkehr bekannter Gesichter. Fünf ehemalige Kandidatinnen sowie ein weiteres Model wurden in «Die Model-WG» geschickt, um unter der Führung von Agent Peyman Amin erneut auf die Jagd nach Modelaufträgen zu gehen und natürlich das komplizierte Leben unter einem Dach zu meistern.

Das Konzept, das zuvor bereits in Österreich umgesetzt worden war, klingt eigentlich ziemlich clever: mit mindestens einer der bekannten, geliebten oder auch gehassten Kandidatinnen der letzten Staffeln von «Germany's Next Topmodel» kann sich jeder Zuschauer, der die Castingsendung mit Heidi Klum verfolgt hat, sofort identifizieren. Und die Mühe, Streit und Emotionen zu inszenieren oder Models mitzuschleifen, die zwar das Talent für eine Modelkarriere mit sich bringen, aber für keine dramatischen Ausbrüche vor der Kamera sorgen, kann man sich sparen, denn natürlich wurde dieses Mal von vornherein direkt nach Charakter gesiebt.

So sind die Rollen, die die sechs Kandidatinnen in der Dramaturgie der neuen Serie einnehmen werden, in der ersten Ausgabe auch schnell ausgemacht: Tessa und Larissa, beide aus der im letzten Frühjahr gelaufenen vierten Staffel von «Germany's Next Topmodel» bekannt, sind auf Zoff programmiert, Anni, die Zweitplatzierte von 2007 und mit 24 Jahren die Älteste im Cast, gibt die WG-Mutti und Beschützerin für Sarina, mit ihren zarten 16 Jahren das noch etwas hilfebedürftige Küken unter den Models. Aline Annabelle, das "Profi-Model", soll offenbar einen Neid-Faktor schaffen, bekommt sie doch zu Beginn ohne eigenes Zutun direkt zwei Jobs in London und ist die gesamte Folge unterwegs, während sich die übrigen Mädchen durch Castings kämpfen müssen und zu fünft akklimatisieren. Da ist das Außenseiter-Dasein vorprogrammiert. Es ist allerdings auch ein bisschen schade, dass man sie bislang nur alleine zu sehen bekam. Irgendwie nicht in dieses Gefüge passt Denise, die die ganze erste Folge über ziemlich im Hintergrund bleibt und zu keiner anderen Kandidatin ein besonderes Verhältnis aufbaut - im positiven wie im negativen.

Das mit den vorherbestimmten Konfliktherden hat in der ersten Ausgabe allerdings noch nicht geklappt. Zwar verdrehten Larissa und Tessa angesichts der Tatsache, mit der jeweils anderen nun ihre Freizeit verbringen zu dürfen, durchaus mal die Augen und Tessa hatte ihr forsches Mundwerk ohnehin nicht unter Kontrolle, Gemeinheiten und offener Zickenterror blieben aber aus. ProSieben kaschierte das einfach, indem gefühlt alle dreißig Sekunden ein frecher Szenenkommentar von Tessa von der Interviewcoach hineingeschnitten wurde. Auf die gewohnte Dosis Model-Tränen musste dennoch kein Zuschauer verzichten. Gerade einmal 26 Minuten lief die Sendung, da heulte sich Küken Sarina bei Peyman ob ihrer allgemeinen Unzufriedenheit mit sich selbst aus.

Viele Szenen aus der WG selbst gab es sonst aber ohnehin nicht, da nach der Vorstellung der Kandidatinnen auch noch zwei Castings, ein Fotoshoot für einen Londoner Schmuckdesigner und eine Modenschau in Düsseldorf untergebracht werden mussten die Sendezeit mit einer Stunden knapp angesetzt ist. Trotzdem fanden genug Szenen ihren Weg auf den Fernsehschirm, die einem seltsam bekannt vorkommen: ein Model, das beim Casting erst redet ohne vorher darüber nachzudenken was, damit bei den Verantwortlichen gleich unten durch ist und von Modelcoach Peyman dafür zurecht gewiesen wird. Ein anderes, das Probleme damit hat, im Bikini vor die Castingjury zu treten. Eben die Klassiker, die sich auch in jeder «Tomodels»-Staffel finden.

«Die Model-WG» komprimiert «Germany's Next Topmodel» auf die vermeintlich wichtigsten Elemente: ein klar differenzierter Cast, bei dem die großen Emotionen nur darauf warten, auszubrechen sowie einen Blick hinter die Kulissen und auf die Highlights des Modellebens: banges Warten beim Casting, Fotoshoots an ungewöhnlichen Orten und in ungewohnten Outfits, Modenschaus mit Glamourfaktor. Und obwohl das alles genauso erstklassig inszeniert ist wie das Format, von dem es abstammt und durch die gestraffte Form zuweilen sogar etwas flotter daherkommt, fehlt am Ende doch eines: die Spannung. Zwar wird gleich zu Beginn das Motto "Kein Job - kein Loft" ausgegeben, aber Aussieben ist bei einer Gruppe von sechs Mädchen, von denen fast jedes seine ganz eigene Rolle im großen Gefüge der Sendung hat, ohnehin nicht möglich. Ohne Konsequenzen bleibt ein verpatztes Casting aber nur halb so dramatisch, auch für den Zuschauer. Und so muss am Ende dann die Frage "Model-WG oder Matura?" für den Cliffhanger herhalten.

Im Vergleich mit anderen Dokusoaps - das Genre, in das man «Die Model-WG» zweifelsohne einzuordnen hat - ist dies dennoch schon beinahe ein Premium-Format. Und wenn in den nächsten Folgen dem WG-Miteinander noch etwas mehr Zeit eingeräumt wird, dürfte sich auch der clever zusammengestellte Cast auszahlen und eigene Geschichten liefern ohne dass die Produktion wie bei so vielen anderen Sendungen nachhelfen muss.

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