Popcorn & Rollenwechsel

Spinnenmann rebooted

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Ob das Geschehen vor der Leinwand, auf der Leinwand oder hinter den Kulissen: Unser Filmkolumnist richtet sein waches Auge auf die Filmkultur und lässt uns wissen, was er von den Ereignissen rund ums Kino hält.


Als ich Dienstag las, dass Sony Pictures Regisseur Sam Raimi ziehen ließ und einen Reboot der «Spider-Man»-Filmreihe für das Jahr 2012 plant, traf mich der Schlag. Welcher radioaktive Pfennigfuchser hat denn bitte schön diese Studiobosse gebissen?
Sam Raimi schuf mit seinen drei «Spider-Man»-Filmen eine bei Kritikern beliebte, erfolgreiche und runde Trilogie ab. Der dritte Teil mag einigen Fans der Comicvorlage etwas sauer aufgestoßen haben, für ein weltweites Einspiel von 891 Millionen Dollar reichte es trotzdem, und als bekannt wurde, weshalb der Film eine solche Gestalt annahm (Sony drängte Raimi dazu, Venom als Bösewicht mit einzuschließen), stieg auch wieder die Vorfreude auf «Spider-Man 4».

Diese stellte sich ärgerlicherweise als kleine Qual heraus. Denn seit nunmehr knapp drei Jahren trudeln in regelmäßigen Abständen aufregende Gerüchte ein, die darüber berichten, welche schurkischen Charaktere Mai 2011 Spider-Man auf der Leinwand das Leben zur Hölle machen werden. Und ebenso schnell, wie diese Meldungen auftauchen, dementiert sie jemand. Weshalb? Weil die Produktionsfirmen Horrorregisseur Sam Raimi andauernd reinquatschten und eine Einigung zwischen beiden Seiten unmöglich war. Allein da bekomme ich bereits einen dicken Hals. Unter Raimis Leitung klappte vorher doch alles so gut, «Spider-Man 1 & 2» waren super und sogar Teil 3 (bei dem Sony bereist viel zu viel Einfluss walten ließ) hatte einige großartige Momente zu bieten, wie etwa die nahezu poetische Spezialeffektsequenz, in welcher der Superbösewicht Sandmann “geboren” wird.

Wieso konnten die Studiobosse nicht einfach die Klappe halten, wieso mussten sie Sam Raimi mehr oder minder rauswerfen? Nach außen hin werden die durch Raimis Unzufriedenheit mit dem Skript zu «Spider-Man 4» entstandenen Verzögerungen als Grund genannt, man habe nun das künstlerisch beste getan. Aber ist es für die Qualität der Reihe so viel besser, wenn der nächste Film erst im Sommer 2012 erscheint, statt bereits im Mai 2011? Wenn man scheinbar gewillt ist ein Jahr länger zu warten, wieso dann urplötzlich nur noch ohne die altbekannte Crew? Und weshalb in Dreiteufelsnamen ausgerechnet ein Reboot und keine Fortsetzung der erfolgreich etablierten Reihe?

Ganz klar, für mich gibt es da nur eine Antwort: Arroganz! Die meisten Studiobosse bilden sich ein, sie wären die besseren Filmemacher. Und da, der Kritik zum Trotz, Sonys mit Venom angereicherter «Spider-Man 3» der erfolgreichste Teil der Reihe war, denken die Anzugträger bei Sony natürlich, sie hätten mehr zu sagen als Raimi. Da dieser mit Sonys Einmischerei nichts anzufangen wusste, nimmt das Studio Raimis “Baby”, stempelt es als veraltet ab und modernisiert es bis 2012. Eine frischere und düstere Version von Spider-Man soll uns erwarten. Weil Raimis 2001 begonnene Reihe ja mittlerweile lächerlich geworden ist, mit ihren altmodischen Werten und Effekten… Ich könnte würgen. Und mir ist es egal, wie viele berühmte Regisseure angeblich im Gespräch für das Reboot sind. Michael Bay, James Cameron, Marc Webb («(500) Days of Summer»),u.v.m.…
Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit wird es niemand von ihnen. Sie haben zu viel eigene Meinung, einen zu dicken Kopf. Sony dagegen wird sich ein Studiobückstück suchen, dass alles tut und lässt, was die feinen Herren Geldgeber aus der letzten Marktanalyse rausgelesen haben. Mehr depressive Grübelei über das Selbst des Helden, schnell rauskopiert aus dem Drehbuch von Batman Begins? Check! Mary-Jane Watson in Unterwäsche? Check! Irgendjemand, der sich traut Heath Ledgers Joker nachzuahmen? Check! Zotige Blödeleien in der High School? Doppel-Check!

Mit großem Erfolg kommt große Verantwortung. Sam Raimi wollte sie übernehmen, und wurde deshalb an die Luft gesetzt. Die Realität ist nunmal kein Superheldenfilm…

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