Was abseits der Show-Bühne passiert, sieht der TV-Zuschauer kaum. Manchmal lohnt sich aber ein Blick in die Zuschauermenge, meint Jürgen Kirsch.
Als TV-Zuschauer bekommt man nicht immer alles mit, was abseits der gezeigten Bilder passiert. Nicht alles wird von den Kameras eingefangen, nicht alles geht über den Sender. Einige Details bleiben nur dem Zuschauer vor Ort vorbehalten. Einige Szenen gehen jedoch auch unter. So hat es gleichermaßen seine Vor- und Nachteile, ob man im Studio sitzt oder auf der Couch zu Hause. Was hinter den Kulissen passiert, interessiert die Fernseh-Kameras in der Regel nicht. Die Stimmung in einem Fernseh-Studio ist einfach viel besser als sie auf der Mattscheibe rüber kommt. Dafür sorgt der Warm-Upper. Aber auch wie in einem Fußball-Stadion wird man von der freudigen Menge mitgerissen und findet sich dann selbst frenetisch klatschend im Pulk wieder. Natürlich hat der Gruppenzwang hier seine Finger im Spiel. Eben jener ist dann auch schuld, wenn man vor lauter Klatschen das kurze beiläufige Interview-Gespräch nicht mitbekommt. Zu laut die Umgebung. Zu leise die ausgetauschten Worte zwischen Moderator und Befragtem – trotz modernster Mikrofone.
Bei «Unser Star für Oslo» war das nicht anders. Nach den Jury-Statements flippte das Publikum jedes Mal so dermaßen aus, dass man wenige Meter vom Ort des Geschehens weg kein Wort verstand. Dem Kandidaten musste schließlich Tribut gezollt werden – denn die waren wirklich gut. Die Parallele zum Stadion darf hier wieder herhalten: Beim Torjubel geht die Durchsage des Stadionsprechers auch immer unter. Im Fernsehen ist der Kommentar natürlich der Hauptton, die jubelnde Menge nur ein Nebengeräusch. Auch der Blickwinkel spielt selbstverständlich eine Rolle: Vom Sitzplatz im Studio hat man einen Überblick. Als Zuschauer kannst du selbst entscheiden, was gerade interessant ist. Beobachtet man die am Rande sitzenden „Stars“, beobachtet man die gerade etwas erzählenden Moderatoren oder schaut man sich vielleicht im Zuschauerrund um? Alles ist möglich. Doch alles aus der gleichen Perspektive, verschiedene Sichtfelder gibt es nicht.
Auf der Couch zu Hause braucht man sich die Mühe nicht zu machen: Die Regie im Studio wählt bereits die von den Kameras eingefangenen Bilder sorgfältig aus. Das ist noch bequemer. Doch ist der Blickwinkel darauf beschränkt, was der Sender zeigen will. Die Vor-Ort-Atmosphäre ist eben eine andere: Dem TV-Zuschauer sind die Späße Stefan Raabs vor der Show verborgen geblieben, die schon ein eigenes, spontanes Live-Programm hätten abgeben können. Oder die Gesangseinlage: Vielleicht sollte er mit dem späteren Sieger respektive der späteren Siegerin ein Duett in Oslo hinlegen. Wie auch immer: Umfassend gibt es auch während der Sendung jede Menge zu beobachten, je nachdem wohin man schaut.
Alles hat man da aber auch nicht im Blick. Genauso wie die Kameras, die eigentlich nur die Szenerie auf der Bühne fokussieren. Da wäre doch beinahe die dreiste Telefonjoker-Aktion zweier junger Zuschauer bei «5 gegen Jauch» nicht aufgeflogen. Der Kandidat hatte offensichtlich ein gutes Sichtfeld, Günther Jauch und auch Moderator Oliver Pocher merkten nichts, wie auch die RTL-Kameras, die erst auf den Hinweis des Kandidaten die beiden abgezockten Jungs, die sich gegenseitig anrufen ließen, ins Bild setzen. Die Aktion als solche sicherlich recht witzig, wenn auch fragwürdig. Manchmal kommt es eben doch drauf an, was hinter den Kulissen passiert.
«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf - Dienstags nur bei Quotenmeter.de!