Der Superbowl ist mehr Show statt Sport. Droht uns eine solche Entwicklung auch für den Fußball?
Einmal im Jahr zeigt das deutsche Fernsehen ein Spiel des American Football – und zwar immer am Anfang des neuen Jahres, wenn der Superbowl ansteht, die meistgesehene einzelne Sportveranstaltung der Welt. Die NFL, die National Football League, ist die erfolgreichste Sportliga der Welt und doch will sich American Football besonders in Europa nicht als massenkompatible oder überhaupt als Randsportart durchsetzen. Vielleicht mögen wir europäische Zuschauer einfach die Inszenierung des Sportereignisses nicht, die Show, die den Sport umgibt. Doch wenn wir genau überlegen, dann müssen wir wohl feststellen, dass sich auch der Fußball, Europas beliebteste Sportart, sich der Show nicht mehr lange entziehen kann.
In den USA ist die Unterbrechung von sportlichen Duellen mittlerweile Gang und Gäbe. Mehrmals werden beim American Football, Eishockey etc. bei Spielunterbrechungen mehrminütige Pausen zugunsten der Fernsehwerbung eingelegt. Ein 30-Sekunden-Spot während des Superbowls am Sonntagabend kostete 2 Millionen US-Dollar. Einen Großteil der Einnahmen wird durch Werbung während des Spiels generiert, nicht davor oder danach. Im Fußball ist Zwischenwerbung noch ein Sakrileg. Aber wenn es ums Geld geht, ist irgendwann nichts mehr heilig. Schon heute könnte die FIFA problemlos Spielunterbrechungen für Werbung legitimieren, beispielsweise vor einer Ecke oder vor einem Torabstoß. Zwar würde dies die Attraktivität des Live-Sports beeinträchtigen, aber möglicherweise werden durch die Einnahmen Pay-TV-Pakete billiger oder mehr Rechte im Free-TV finanziert.
Schon heute setzen die großen Fußball-Turniere auf spektakuläre Eröffnungs- und Abschiedsshows. Die Hymnen beim Spielereinlauf werden immer pompöser, die Entwicklung des Fußballs hin zum Sport mit Show-Elementen vollzog sich in den vergangenen Jahren rasant, wenn man auf die biedere Provinz-Atmosphäre von Fußballspielen noch aus den 80er Jahren blickt. Die DFL hat kürzlich die Relegation in der Bundesliga wieder eingeführt und damit ein zusätzliches Entscheidungsspiel nach der Saison geschaffen. Nicht auszuschließen ist es, dass in den kommenden Jahrzehnten Playoffs nach der regulären Saison stattfinden, wie es bei den meisten Sportarten der Fall ist. Die besten Teams kämpfen darin um den Meistertitel. Dies würde nicht nur die Spannung am Ende der Saison erhöhen, sondern auch ungeahnte weitere Einnahmemöglichkeiten durch TV-Rechte und zusätzliche Spiele.
Bernhard Peters, einst als Sportdirektor für den ehemaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann im Gespräch, forderte 2008 die Einführung des „fliegenden Wechsels“ im Fußball wie beim Eishockey. Dann könnten die Trainer so oft auswechseln, wie sie wollen und das Spiel damit taktisch sehr stark prägen. Außerdem geht keine Zeit mehr beim Auswechseln verloren. Weitere Argumente Peters: Es gebe ein höheres Spieltempo, die Ausdehnung des Kaders von 11 auf 18 Leute und damit die Möglichkeit, junge Talente besser in das Spiel zu integrieren. Letztlich würde der fliegende Wechsel die Attraktivität des Fußballs erhöhen, ihn taktischer und damit auch für den Zuschauer interessanter machen. Komplett aus der Luft gegriffen sind die Forderungen nicht: Die FIFA führte erst in den 60er Jahren den Wechsel von Spielern ein, seit 1995 gibt es erst die Möglichkeit, drei Spieler pro Partie auszuwechseln. Je mehr man wechseln darf, desto taktischer wird das Spiel und desto mehr Einfluss nimmt der Trainer, desto länger bleibt es auch für die Zuschauer interessant, weil dann gegen Ende noch mehr frische Akteure auf dem Platz stehen. Steigt die Attraktivität des Spiels, so steigen auch die möglichen finanziellen Einnahmen.
Der Fußball birgt also großes Potenzial, sich selbst weiter zu inszenieren, als es schon heute der Fall ist. Dass die große Show um den Fußball kommen wird, steht außer Frage. Nur wie und wann – das kann heute noch nicht beantwortet werden. Wie man die maximale Show mit der größten Popularität auf einen Nenner bringt, hat der Superbowl wieder am Wochenende gezeigt. In den USA bleibt American Football trotz der Entwicklung zum Sport mit Show nämlich so beliebt wie eh und je.
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