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Als die «Jay Leno Show» schließlich auf Sendung ging, machte sich schnell Ernüchterung breit. Die Kritikergemeinde zeigte sich erwartungsgemäß unbeeindruckt von Jay Lenos Prime-Time-Debüt. Aber auch die Zuschauer konnte Leno nicht entscheidend mobilisieren. Kaum mehr als fünf Millionen Zuschauer sahen die Sendung an den meisten Tagen – ein sehr guter Wert für das Spätprogramm, weniger gut für die Prime-Time.
Und dann war plötzlich alles wieder vorbei. Keine fünf Monate nach der ersten Sendung verkündete NBC Anfang Januar das Ende der «Jay Leno Show» auf dem 22-Uhr-Sendeplatz und allgemein die Rückkehr zum Status Quo. Offensichtlich hatten die NBC-Verantwortlichen den Negativeffekt der «Jay Leno Show» auf das Folgeprogramm und diesbezüglich die Geduld der Affiliate-Stationen völlig unterschätzt. Folglich wird das Scheitern von Jay Leno in der Prime-Time innerhalb der Branche vor allem als das Scheitern des “herrischen Imperators” (“New York Times”) Jeff Zucker angesehen.
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Natürlich ist Jay Leno alles andere als “gefeuert”. Das vorzeitige Ende der «Jay Leno Show» bedeutet für den notorischen Workaholic lediglich eine Auszeit von wenigen Wochen, bevor er als neuer alter Gastgeber der «Tonight Show» am ersten März auf den Bildschirm zurückkehrt, pünktlich zum Ende der Olympischen Winterspiele, für deren Übertragung auf NBC Leno noch einmal kräftig die Werbetrommel rührte.
Die Resonanz auf diese letzte Ausgabe der «Jay Leno Show» war dem Anlass entsprechend nicht überwältigend. 5,86 Millionen Zuschauer schalteten ein, kaum mehr als sonst auch in der kurzen Geschichte der Show. Kritiker und Kommentatoren ließen kaum ein gutes Haar an der Sendung.
“Es hat nichts von einem Ereignis und das scheint genau passend,” stellte die “L.A. Times” nüchtern fest. “Leno verabschiedete sich von seiner kurzlebigen «Jay Leno Show», als würde er den Müll raustragen,” hieß es auf Boston.com.
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Jay Leno wiederum hat zwar nun “seine” «Tonight Show» wieder, der er längst nicht so überdrüssig war, wie es manche Aussage in der Vergangenheit nahe legte. Sein Ruf als “netter Kerl” ist allerdings beschädigt. Offen hatte sich die Branche im Zuge der Auseinandersetzungen mit “Team Coco” und gegen Jay Leno solidarisiert. So mancher fühlte sich an die wenig elegante Ablösung von Johnny Carson im Jahre 1992 erinnert, die Leno den Vorwurf einbrachte, unkollegial zu sein. Kaum ein Tag verging im Januar, an dem die Late-Night-Konkurrenten David Letterman (CBS) und Jimmy Kimmel (ABC) nicht auf NBC und Jay Leno eindroschen. Dem blieb schließlich nur der Gang zu Talk-Queen Oprah Winfrey, um seinem Image wieder einen positiven Dreh zu geben, nämlich als Opfer der Entscheidungen des Senders.
Einige Veränderungen gegenüber der ersten Inkarnation wird es wohl geben. So steht Lenos langjähriger Bandleader und Sparringspartner Kevin Eubanks, der ihn auch zur «Jay Leno Show» begleitet hatte, vor dem Absprung. Auch John Melendez alias “Stuttering John” wird nicht als Ansager zurückkehren. Dafür bekommt Jay Leno wohl seinen Schreibtisch wieder. Den hatte man in der «Jay Leno Show» wegrationalisiert.
Ob Jay Leno und NBC letztlich die Rückkehr zu altem «Tonight Show»-Glanz gelingt, bleibt abzuwarten. “Es wird nicht über Nacht passieren,” ist sich Marc Berman vom Branchendienst “Mediaweek” sicher. Leno selbst scheint seine Skepsis von einst jedenfalls überwunden zu haben. Seinen geplanten Abgang als «Tonight Show»-Gastgeber hatte der bald 60-Jährige im Jahre 2004 nämlich wie folgt begründet: ”Es gibt nur einen, der so etwas bis in seine Sechziger machen konnte und das war Johnny Carson. Es ist wohl angebracht zu sagen: ich bin kein Johnny Carson.”