Sonntagsfragen

Sonntagsfragen an Nico Hofmann

von
Seine Firma teamworx stellte für Sat.1 den Zweiteiler «Die Grenze» her. Über die ersten Reaktionen des Films und darüber, warum sich beide Teile doch deutlich unterscheiden, sprachen wir mit ihm.

Herr Hofmann, als Sie begonnen haben, den Film «Die Grenze» zu entwickeln, sollte daraus eine Produktion für RTL werden. Nun zeigt ihn Sat.1 – erklären Sie uns doch noch einmal kurz, wie das zu Stande kam.
Es ist richtig, dass wir RTL den Film angeboten haben, letztlich haben wir uns dann aber für Sat.1 entschieden. Ich habe mich ausreichend zu diesem Thema geäußert, RTL und teamWorx haben sich einvernehmlich bei diesem Projekt getrennt - für mich ist das im Moment nicht mehr relevant.

Für unsere Leser vielleicht schon – als kurze Erklärung: Es war in verschiedenen Medien zu lesen, RTL sei der Stoff letztlich zu provokant gewesen. In der Tat – der erste Teil ist sehr realitätsnah, man könnte meinen, das was passiert, könnte wirklich möglich sein. Wie waren die Reaktionen bei den verschiedenen Vorabvorstellungen?
Wir haben den ersten Teil bereits mehrfach gezeigt und jedes Mal ein sehr positives Echo bekommen. Viele der Zuschauer waren enttäuscht, dass sie den zweiten Teil nicht auch haben sehen können. Ich glaube, dass «Die Grenze» durchaus provoziert – oftmals haben sich Zuschauer in den Foyers noch bis ein Uhr nachts über das Gesehene unterhalten, und genau das wollten wir auch erreichen.

Der zweite Teil ist dann deutlich anders als der erste, es entwickelt sich ein Zweikampf, der Film driftet in Richtung Psychothriller ab. Bislang waren ihre Zweiteiler nie so unterschiedlich…
Der erste Teil ist eine Art radikaler Bestandsaufnahme über Deutschland im sozialen Ausnahmezustand. Die ist einfach nötig, um das entsprechende „Was wäre, wenn“-Szenario zu zeichnen. Der zweite Teil bewegt sich noch stärker in Richtung eines Thrillers. Ich finde aber auch Teil eins sehr spannend: dass wir uns im Genre des Polit-Thrillers bewegen, war Wunsch und Wille von Sat.1 Fiction Chef Joachim Kosack und mir. Wir haben den zweiten Teil übrigens nicht mit Absicht ganz anders gestaltet– man entscheidet sich zu Beginn ja immer für ein Gesamtprojekt. Beide Teile verbinden die großartigen Schauspieler Benno Fürmann, Anja Kling, Marie Bäumer und Thomas Kretschmann. In beiden Teilen spielen auch die politischen Inhalte eine große Rolle. Ich mag die sehr provokante Art des Fernsehspiels, die es ja in den 70er und 80er Jahren mit Wolfgang Menges „Smog“ oder Tom Toelles „Millionenspiel“ des Öfteren gab. «Die Grenze» soll durchaus eine Rückblende auf diese Tradition sein.

Eine glänzende Leistung liefert Benno Fürmann ab, der die Figur Rolf Haas spielt. Sie sehen das vermutlich ähnlich.
Seit Jahren bin ich schon ein Fan von Benno Fürmann – habe mit ihm auch den Riesenerfolg «Die Sturmflut» gemacht. Ich kenne kaum einen Schauspieler, der seitdem so zielstrebig weitergearbeitet hat, wie er. Er ist intelligent und auch physisch absolut Spitze. Nach dem Dreh von «Die Grenze» habe ich ihm mit einem langen persönlichen Brief für seine Leistung gedankt.

In dem Zweiteiler gibt es aber wieder eine Lovestory, auch wenn die nicht unbedingt im Vordergrund steht. Was würde denn passieren, wenn eine solche Geschichte einmal nicht in einem Ihrer Zweiteiler vorkommen würde?
Sie müssen da bitte unterscheiden, wie eine Liebesgeschichte gebaut ist: wir erzählen hier eine sehr brüchige Annäherung zwischen Marie Bäumer und Benno Fürmann. Wie können die beiden Figuren trotz ihrer politischen Vergangenheit wieder zusammenfinden? Was den Background und die Differenziertheit angeht, sind wir hier für ein Projekt, das im Privatfernsehen läuft, ganz oben.

Vor allem im zweiten Teil fällt dann aber – wohl auch weil der erste Teil so realistisch ist – auf, dass Sie mit Überspitzungen arbeiten. Mussten Sie das, um gewisse Dinge deutlicher herauszuarbeiten?
Im Gesamtszenario hat sich das empfohlen. Ich finde es entscheidend, dass wir weggehen von naturalistischer Erzählweise – die BBC macht uns das seit Jahren mit ihren Fernsehspielen vor. Dort lief beispielsweise „The Day Britian Stops“, ein Film über ein großes Verkehrschaos. Umweltthemen spielen auch in Zukunft eine große Rolle. Das schönste Kompliment, das mir übrigens bisher zu «Die Grenze» gemacht wurde, kam von Stefan Aust, der mir sagte: „Einer deiner wichtigsten Filme bisher“.

Geben Sie mir recht, wenn ich sage, dass Katja Riemann eine Art Merkel-Klon spielt und dass ich in den Figuren auch noch einen Mix aus Jörg Haider und einem Scientology-Guru erkennen konnte?
Ich finde es beeindruckend, wie Katja Riemann die Hilflosigkeit der Kanzlerin herüberbringt, als der Zuspruch für die bürgerlichen Parteien mehr und mehr wegrutscht. Man kann das ein bisschen auch mit der derzeitigen Lage der FDP vergleichen: Die Debatte, die da momentan geführt wird, hat sehr viel mit unserem Film zu tun. Es geht um die soziale Balance in diesem Land.

Blicken wir kurz in die Zukunft: Welche historischen Stoffe werden Sie demnächst umsetzen?
Zwei große Projekte stehen nun unmittelbar zur Ausstrahlung bevor. Das wäre einmal unser Film zu Scientology und natürlich der bereits jetzt gefeierte Film über Dutschke. Maria Furtwängler hat mit uns den Zweiteiler «Vom Glück nur ein Schatten», unter der Regie von Miguel Alexandre abgedreht. Sascha Schwingel produziert für RTL derzeit «Hindenburg» und 2011 nehmen wir mit dem ZDF ein großes Projekt in Angriff. «Unsere Mütter, unsere Väter» - wir haben ein Budget von 15 Millionen Euro, damit möchte ich an die großen Erfolge wie beispielsweise «Dresden» gemeinsam mit Heike Hempel und dem Autor Stefan Kolditz anknüpfen.

A pro pos Erfolg: Bei «Die Grenze» müssten schon deutlich mehr als fünf Millionen Zuschauer drin sein, oder ist ihnen die Reichweite egal?
Das kann einem nicht egal sein. Sat.1 hat in das Projekt viel Geld und Energie gesteckt und eine vorbildliche Kampagne gestaltet. Aber man muss natürlich realistisch bleiben und betrachten, wo Sat.1 momentan steht. Ich sage immer: Ein Event dieser Größenordnung sollte in der Zielgruppe beim doppelten des Senderschnitts liegen. Alles, was oberhalb der 20 Prozent liegt, würde mich deshalb zufrieden stellen. Fünf Millionen Zuschauer sollten demnach schon möglich sein. Man muss aber sehen, dass der Film sicherlich nicht für alle Generationen gemacht ist, sondern schon sehr deutlich auf die 14- bis 49-Jährigen zugeschnitten ist. Allerdings kann ich auch sagen, dass auch ältere Zuschauer den Film bei der Premiere mit einer sehr positiven Reaktion verfolgt haben.

Kurz noch zu zwei anderen Themen: Die ProSieben-Reihe «Killerjagd» wurde eingestellt – der zweite Film lief nicht gut genug. Sind Sie enttäuschend?
Wenn die Quoten nicht dort sind, wo sie sein sollten, dann geht es nicht weiter. Ich kann die Entscheidung von ProSieben verstehen. Das gilt übrigens jetzt auch für «Die Grenze»: Wenn wir da jetzt bei Sat.1 eine Bauchlandung hinlegen, dann wird es künftig auch keine New Future-Stoffe mehr geben.

Im ZDF läuft seit einigen Tagen nun «Alisa»-Nachfolger «Hanna», den Sie gemeinsam mit der Grundy Ufa produzieren. Sind Sie bislang zufrieden?
Sehr zufrieden – der Hauptdarstellerwechsel hat aus meiner Sicht sehr gut geklappt, wir haben eine tolle neue Protagonistin. Alles Weitere wird man erst in sechs bis acht Wochen genau sagen können.

Vielen Dank für das Gespräch.

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