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Kurz vor dem Beginn der Veranstaltung irren die 14-jährige Marie und ihre gleichaltrige Freundin Laura noch über den unterirdischen Regional-Bahnhof auf der Suche nach dem versteckten Eingang zum Sony Center. Die beiden sind extra aus dem 180km entfernten Wittenberge angereist, um ihre Lieblinge einmal hautnah zu erleben. Besonders Roy-Peter Link, der bis vor Kurzem die Figur von Jonas Broda verkörperte, hat es den Schülerinnen angetan.
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Als die beiden Freundinnen kurz vor halb zwei im Sony Center ankommen, hat sich bereits eine etwa 100m lange Schlange aus wartenden Fans gebildet. „Hätten wir doch den früheren Zug genommen“, ärgert sich Laura. Es hilft nichts, wie alle anderen Fans stellen sie sich brav und gesittet an. Jeder Autogrammjäger bekommt dann neben der Chance seine Lieblinge kurz aus der Nähe zu sehen auch einen Original-«Anna und die Liebe»-Beutel geschenkt. Unter den Wartenden befinden sich entgegen gängiger Klischees nicht nur kreischende Teenager, sondern auch ein auffallend hoher Anteil an Familienmüttern mit ihren Kindern. Dieses Bild wird allerdings durch die zahlreichen Touristen verzerrt, die zufällig anwesend sind und die unverhoffte Gelegenheit auf ein Autogramm ebenfalls nutzen. Die meisten von ihnen entlarven sich jedoch mit dem Satz: „Da ist die Paula von «GZSZ».“
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Im Saal ist erstmals richtige Fanatmosphäre zu spüren. Die akribischen Sicherheitsvorkehrungen, Formalien und unbeteiligten Touristen ließen diese während der zwei Stunden zuvor auf dem großen, offenen Platz nicht aufkommen. Doch nun sind die Fans unter sich. Auf der Leinwand wechseln sich zahlreiche Standfotos aus der Serie ab, die von den Fans sofort zielsicher zu den Handlungssträngen und Episoden zugeordnet werden können. Nun ist auch die Zusammensetzung des Publikums wesentlich homogener. Unter den Zuschauern sind kaum noch Erwachsene oder Männer zu sehen. Der Anteil an weiblichen Teenagern ist extrem hoch und führt dazu, dass vor dem Beginn der Veranstaltung einige Gespräche über Hausaufgaben zu hören sind.
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Als nach einer kurzen Ankündigung die Weltpremiere der Episoden gestartet werden, sind die Reaktionen recht verhalten. Nur sehr vereinzelt gibt es Szenenapplaus oder lautes Gelächter. Auch der Beifall am Ende der Folgen fällt angesichts von knapp 1.000 Fans eher spärlich aus. Für große Begeisterung sorgt lediglich der neue Vorspann, der an diesem Nachmittag erstmals öffentlich zu sehen ist. Auch Marie und Laura sind sichtlich über diesen erfreut. Die ehemalige Hauptfigur Anna taucht dort nur noch als eine Art übermächtiges Wesen auf, dass die Geschicke der restlichen Figuren in ihrer Schneekugel kontrolliert und beeinflussen kann. Das erinnert unfreiwillig an Ed Wood-Produktionen aus den 50er Jahren.
Dem Geschehen auf der Leinwand ist deutlich anzuerkennen, dass die Geschichte für die Jubiläumsfolge absichtlich zugespitzt wurde, um eine besondere Dramatik zu erzeugen. Das tut der Produktion nicht immer gut. Hervorzuheben ist jedoch im Finale der 400. Folge der Einsatz des Spilt-Screen-Verfahrens in bester «24»-Manier, das erstmals bei «Anna und die Liebe» verwendete wurde und tatsächlich für eine erhöhte Spannung sorgt. Ebenfalls gelungen ist auch die optische Umsetzung der Szenen auf dem Dach von Alexanders Loft. Mit langen Kamerakran-Fahrten wird die beeindruckende Kulisse gut eingefangen. Schade nur, dass die faden Dialoge und das hölzerne Spiel einiger Darsteller diese Bemühungen wieder schwächen.
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Als die beiden Freundinnen gegen 16.30 Uhr wieder auf dem Platz im Sony Center stehen, sind die Zelte, wo die Darsteller noch vor rund einer Stunde ihnen die Autogramme gegeben haben, schon wieder abgebaut. Nur noch das große Plakat am Kino erinnert daran, dass die beiden hier ihren Lieblingen ganz nah waren. Marie ist immer noch aufgeregt: „Echt cool, die alle mal von nahem zu sehen. Und der neue Vorspann ist soooo schön.“ Sie kann es kaum erwarten, wie es weitergeht und wird sich die beiden eben gesehenen Folgen auch noch einmal im Fernsehen anschauen. Eins steht für die beiden fest, beim nächsten Fantag sind sie auf jeden Fall wieder dabei.