Die Extreme von zu wenig und zu viel Werbung waren am vergangenen Freitag bei ProSieben Trumpf. Wie kommt das beim Zuschauer an?
Wer am Freitagmorgen oder später am Nachmittag bei ProSieben vorbeischaute, kam in den Genuss eines Privilegs, das es bei Privatsendern nur selten gibt: Kurze und seltene Werbepausen zwischen einer ganzen Reihe von Sitcoms und ein paar Filmen. Der Grund: Jeder Sender darf nur eine bestimmte Sendezeit für Werbung beanspruchen und da am Abend die «WOK-WM 2010» von Stefan Raab als Dauerwerbesendung gekennzeichnet werden musste, wurden die Werbepausen für das restliche Tagesprogramm deutlich reduziert. Geballte Werbepower stand dann bei der Live-Sendung in der Primetime an. Die Sprüche des Kommentators wurden gnadenlos für einen kurzen Werbespot abgewürgt. ProSieben-Kurve, kabel-eins-Kurve, Merkur-Spielothek-Team oder der chai-Latte-Wok – warum es eine Dauerwerbesendung war, leuchtete jedem ein, denn die Sponsoren hörten den Namen ihres Unternehmens oder ihres Produkts ziemlich oft an diesem Abend. Werbebotschaften zwischendurch miteingeschlossen. Für den Zuschauer hielt das einen Nerv-Faktor bereit, denn bei soviel Produktempfehlung, wusste man am Tag darauf gar nicht mehr, was man sich eigentlich alles aufgrund der Spitzen-Werbebotschaft zulegen wollte.
Der Wok gehörte beim wöchentlichen Einkauf jedoch auf alle Fälle dazu. Allein schon, weil er den ProSieben-Zuschauern bis zum Abend einen weitgehend werbearmen Tag beschert hatte. So könnte es doch immer sein: Die Lieblingsserie beginnt, fast ohne Werbeunterbrechung lässt sich diese dann entspannt genießen, ohne dass man wild herum zappen muss zwischendurch, geschweige denn die Hälfte des bisher gesehenen schon wieder vergessen hat, weil die aufdringlichen Produktempfehlungen die interessanten Geschichten aus dem Kopf wieder verdrängt haben. Meistens sind es dann auch noch die Musiktitel, die zum einen die Werbebotschaft untermalen sollen, aber auch zum Ohrwurm werden, sich in das Gedächtnis hineinfressen und dann spätestens ab der zwanzigsten Wiederholung des Werbespots den Nerv-Faktor in die Höhe treiben. Doch einprägsame Werbebotschaft ist das Ziel aller Marketing-Abteilungen. Glückwunsch also an alle jene Werbe-Experten, die mit ihrem Spot ein Augenrollen oder genervtes Seufzen in meinem Inneren hervorrufen. Denn ihr habt es geschafft: Euren Werbesport werde ich so schnell nicht vergessen. Und wenn doch, erinnere ich mich bestimmt daran, wenn ich mich das nächste Mal darüber ärgere diesen schon gefühlte tausendmal gesehen zu haben. Wie bei einem Chart-Hit im Radio, den man irgendwann einfach nicht mehr hören kann.
Dabei geht es auch anders. Der bald neue Frauensender der ProSiebenSat.1-Gruppe möchte seine Serien nicht mit Werbung unterbrechen. Das klingt für den Zuschauer wie ein kleiner Fernsehtraum. Von der nervigen Werbung nicht bei der spannenden Serie gestört werden, keine Werbejingles, die von der Story ablenken. Die andere Seite: Keine Pause, um die Toilette aufzusuchen. Keine Unterbrechungen, um eben mal eine weitere Flasche Bier aus dem Keller zu holen oder die Schüssel mit Chips aufzufüllen. Aus dieser Perspektive gesehen, sind wir auch teilweise dankbar, dass es sie gibt, die Werbung. Ohne würde man während des Toilettengangs vermutlich was verpassen. Aber auch nur dann, wenn die Werbung zu jenem Zeitpunkt kommt, in dem man sie braucht. Das tut sie meistens nicht, was den Nerv-Faktor beim Zuschauer wieder ins Spiel bringt. Meistens geht es ohne Werbepausen. Wenn man sie braucht, lässt sie auf sich warten. Aber jedes Mal, wenn wir uns über sie ärgern, dann hat sie ihr Ziel schon fast erreicht. Aus dem Programm der Privaten ist sie jedenfalls nicht wegzudenken, die Werbung – und auch ihr Nerv-Faktor als Mitbringsel gehört irgendwie einfach dazu.
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