Seine Comedy-Show läuft schwach, nun probiert es Pocher in Sat.1 mit einer WM-Sendung. Ein Kommentar zur Personalie Pocher.
Als Oliver Pocher im vergangenen Jahr zu Sat.1 kam, war er zusammen mit Johannes B. Kerner einer der Hoffnungsträger des Senders. Ein halbes Jahr danach ist Pocher zum Sat.1-Sorgenkind geworden. Seine groß angekündigte und massiv beworbene «Oliver Pocher Show» am Freitagabend kam in den ersten zwölf Ausgaben des Jahres 2009 durchschnittlich nur auf 9,2 Prozent in der wichtigen werberelevanten Zielgruppe. Zuletzt aber bewegten sich die Marktanteile noch nicht einmal mehr auf diesem Niveau: In den letzten drei Folgen erreichte Pocher 5,5 Prozent (12. März), 5,3 Prozent (19. März) und 7,7 Prozent der 14- bis 49-Jährigen. Durchschnittlich kommt der gesamte Sender Sat.1 im Fernsehjahr 2009/10 auf 10,9 Prozent. Angetreten war der junge Comedian, um den Sat.1-Freitag zu retten – nun muss er das retten, was überhaupt noch zu retten ist. Und das ist nicht viel.
Bei den Quoten, die Pocher aktuell erzielt, wäre fast jeder andere Moderator hochkant aus dem Sender geflogen. Doch wen hat Sat.1 noch, wenn Pocher wieder weg ist? Sat.1 muss ihn halten, Sat.1 muss nun Wege finden, den TV-Star so an sein Publikum zu bringen, dass es auch einschaltet. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die «Oliver Pocher Show» auf den TV-Friedhof verschwindet. Denn lange wird der Bällchensender nicht mehr Geld in eine teure Show pumpen, die genauso hohe Zuschauerzahlen erzielt wie eine wiederholte Sketch-Comedy. Erste Anzeichen für eine Absetzung gibt es bereits. Denn eigentlich sollte Fußball-Fan Pocher die WM 2010 in Südafrika in seiner Freitags-Show begleiten. Nun aber strickt man ein eigenes Fußball-Format für ihn, das nicht in der Show selbst gesendet wird. Die Hoffnung darauf, dass König Fußball den Gaukler Pocher noch einmal aus dem Quotensumpf ziehen kann, hat Sat.1 wohl völlig aufgegeben.
Hätte Sat.1 der «Oliver Pocher Show» doch noch einmal eine letzte Chance geben wollen, hätte man sie während der WM womöglich auf mehrere Sendetage pro Woche ausgedehnt, damit Zuschauer eingefangen werden, die dann vielleicht auch freitags zur regulären Sendung einschalten. So aber scheint das Schicksal des Formats besiegelt: Anfangs sprach Pocher sogar von einer täglichen Ausstrahlung, wenn es funktioniert. Nun haben noch nicht einmal mehr starke konzeptuelle Änderungen etwas gebracht. Im Gegenteil sank die Quote immer weiter ab.
Dies sagt nichts über die inhaltliche Qualität seiner Show aus. Wer das Programm von Anfang an verfolgt hat, wird konstatieren, dass Pocher und seine Sendung sich inhaltlich gegenüber den ersten Folgen deutlich gesteigert haben. Doch all dies nützt nichts, wenn das Publikum – auch bedingt durch den generell zuschauerschwachen Freitag – von vornherein nicht einschaltet. Kerner hat nach den desaströsen Anfangsquoten seines neuen Sat.1-Magazins schon nach drei Sendungen die Reißleine gezogen und einen anderen Sendeplatz eingenommen. Bei Pocher ist es wohl nun zu spät.
Dies bedeutet nicht, dass er in Sat.1 gescheitert ist. Er hat einen langjährigen Vertrag mit dem Sender und präsentiert bald neben der Fußball-WM-Show, die sich wohl «Pochers Sommermärchen» nennen wird, vielleicht auch eine zweite Staffel des erfolgreichen «Sportfreunde Pocher» aus dem vergangenen Sommer. Sat.1 hat mit Pocher also sicherlich noch viel vor. Allerdings bestimmt nicht mehr am Freitagabend um 22.15 Uhr.
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.