Das «DSDS»-Finale hatte zwei Sieger. Für einen war es jedoch der inoffizielle Titel des Boulevards.
Es ist vollbracht: Deutschland hat seinen Superstar bekommen. Es hat ihn selbst gewählt. Manche sind gar erleichtert, dass der «DSDS»-Spuk nun vorbei ist, doch er fängt gerade erst an. Nach dem Ja-Wort seiner Frau, hat auch Deutschland Mehrzad Marashi sein Ja-Wort zum Titel bei «Deutschland sucht den Superstar» gegeben. Ganz klar: Er ist ein verdienter Sieger. Wer sich über all' die Wochen der Spannung und Verspannung konstant in seiner Leistung hält, darf das Prädikat „Superstar“, das schon sechs andere Kandidaten vor ihm bekommen haben, für sich behaupten. Noch dazu ist er mit weniger Schlagzeilen ausgekommen als sein Konkurrent, wenn er auch davon ob seiner ebenfalls schweren Vergangenheit auch nicht verschont geblieben ist. Mehrzad Marashi ist zudem ein überraschender Sieger, dem man es abkauft, dass er seinen Triumph gegen seinen ärgsten Gegner Minuten nach der langwierigen Verkündung nicht glauben konnte. Die deutliche Mehrzahl im Studio des Kölner Coloneum war in roten T-Shirts gekleidet und für Menowin Fröhlich, der ohnehin als Favorit und sicherer Sieger in personalunion galt. Zumal auch deshalb, weil die Jury ihn im Finale in höchsten Tönen lobte. Alle drei - Bohlen, van der Vaart und Neumüller - hätten ihn zum Superstar des Abends gemacht. Und das müssen auch die Mehrzad-Fans vor dem Bildschirm erkannt haben: Menowin sang im Finale etwas besser. Der neutrale Zuschauer kann das auch nicht leugnen.
Dies vielleicht auch deshalb, weil der Siegertitel „Don’t believe“, den beide Finalisten sangen, für ihn maßgeschneidert war. Es passt wie die Faust aufs Auge: Die Komposition und das, was Menowin draus machte. Dass er am Ende doch nicht der strahlende Sieger war, erstaunte nicht nur Dieter Bohlen, für den möglicherweise auch eine kleine Welt zusammengebrochen sein mag an diesem Abend. Es mag aber etwas damit zu tun haben, dass er nicht nur den Titel des guten Zweiten bekommen hat. Insgeheim kann man Menowin in dieser Staffel zum Schlagzeilen-Superstar küren. Das Instrument der schlagzeilenträchtigen Ausschlachtung seiner Kandidaten ist nichts Neues bei «Deutschland sucht den Superstar» und RTL. Eine Symbiose bilden hier Produktion, Sender und die Boulevard-Medien – allen voran jene mit den vier großen Buchstaben. Logisch, dass es da nicht immer ungewollt ist, wenn Finalist Menowin mal mächtig in die Schlagzeilen um Drogen, Schlägerei, Flucht und Knast gerät und daraus weitere Gerüchte, Spekulationen oder gar ganze Kampagnen gegen ihn geschürt werden. Denn das haben wir in den letzten Wochen gelernt: Eine Portion Misstrauen des Gesagten und Hinterfragen der Umstände ist in solchen Fällen durchaus angebracht. So bedeutet es nicht, dass wenn man dem Boulevard das Futter liefert, es dies auch brav aus der Hand frisst. Da kann der Schuss auch schon mal nach hinten losgehen, fällt ein Kandidat, den die Macher gerne auf dem Thron gesehen hätten, bei dem einen oder anderen Medium in Ungnade. Polarisiert eine Figur, kann dann auch die Stimmung bei manchen Sympathisanten umschlagen.
Das Resultat aller Negativ-Meldungen hat man am Samstagabend in der viel zu langen Entscheidungsshow beobachten können: Plötzlich leben die Totgesagten doch wieder länger. Am Montag darauf war über die Inszenierung dieser elend langen Entscheidungsverkündung durch Marco Schreyl im Feuilleton einer anerkannten, überregionalen Frankfurter Tagesszeitung von „menschenverachtend“ die Rede. Dies kann man nicht leugnen. Denn für die beiden Kandidaten war der elfminütige Monolog des Marco Schreyl eine Qual, die einen Druck auf sie entfachte. Als es raus war, wer der Superstar ist, entlud sich das in geballten Emotionen, die keine Grenzen kannten: Bildlich für die Kamera wunderbar, menschlich eine Hölle, die auch der eine oder andere Fan durchschritten hatte. Himmelhochjauchzend auf der einen Seite, zu Tode betrübt auf der anderen Seite. Menowin verfiel gar in Schockstarre, auch Dieter Bohlen wirkte versteinert. Da wird man den Gedanken nicht los, dass man fest mit Menowin als Sieger gerechnet hat, zumal auch alle Mehrzad-Fans sich aufgrund der großen Überraschung vor Unglauben die Freudentränen aus den Augen wischten. Ohne etwas unterstellen zu wollen: Schaut man sich den Refrain des Siegertitels an, der da lautet „Don’t believe on what they tell about me“, so mag das doch besser auf den Schlagzeilen-Superstar passen, auch wenn es in dem Bohlen-Song selbstredend um etwas ganz anderes geht.
Am Ende haben die Schlagzeilen Menowin aber um den Sieg und auch um die Gunst vieler «DSDS»-Fans gebracht. Vermutlich fährt RTL mit dem Sieger Mehrzad auch besser – auch wenn die Dramaturgie des Superstars, der am Boden lag, gekämpft hat und plötzlich ganz oben steht, auf Menowin besser gepasst hätte. Denn sollten sich die neuerlichen Drogen-Vorwürfe bestätigen, hätte auch RTL mit einem Drogen-Superstar ein kleines Image-Problem, das zwar die Spitzenquote dieser Staffel mehr als wett macht, aber als Schlagzeilen-Superstar fährt man mit Menowin eben besser. Ganz unglücklich wird man beim Kölner Sender also auch nicht gewesen sein. Mehrzad hingegen hat sich mit Familie, Kind und bevorstehender Hochzeit zum Superstar-Vorbild entwickelt. Beide werden ihren Weg gehen – auch mit Dieter Bohlen.
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