Die Kritiker

«Kommissarin Lucas: Spurlos»

von

Story


Kommissarin Lucas wird zu einem Einsatzort gerufen. Ein Mann hat sich in einem Regensburger Café verschanzt und droht, die anwesenden Geiseln zu erschießen. Der hoch verschuldete Unternehmer sinnt auf Rache an seiner Bank. Durch ihr beherztes Eingreifen kann Ellen Lucas die Katastrophe gerade noch abwenden. Alle Geiseln werden befreit, nur die 17-jährige Anna Huber bleibt verschwunden. Es beginnt eine aufreibende Spurensuche nach der jungen Bankangestellten. Die Kommissare finden heraus, dass Anna eine besonders innige Beziehung zu ihrem Vater hatte. Die Mutter hingegen ist völlig überrascht, als sie erfährt, dass Anna Regensburg für immer verlassen wollte und ein heimliches Verhältnis mit dem aufstrebenden Politiker Jan Geissler hatte. Um bei der Spurensuche weiterzukommen, gilt es für Ellen Lucas, die familiären und politischen Hintergründe zu klären. Viel Recherchearbeit ist notwendig, da ist die Kommissarin auf die Unterstützung ihres tatkräftigen Teams angewiesen, dass mit frischen Leuten aufgewertet wurde, die in dieser Folge anfangs noch einen Härtetest darstellen, später sich aber als eine echte Hilfe erweisen.

Darsteller


Ulrike Kriener («Klimawechsel») ist Kommissarin Ellen Lucas
Florian Stetter («Nanga Parbat») ist Leander Blohm
Michael Roll («Liebe, Babys und Familienglück») ist Boris Noethen
Inez Björg David («SOKO Köln») ist Julia Brandl
Alexander Lutz («Geld.Macht.Liebe») ist Martin Schiff
Tilo Prückner («Scheidung für Fortgeschrittene») ist Max
Anke Engelke («Ladykracher») ist Rike
Michael Fitz («Sterne über dem Eis») ist Heinz Huber
Amelie Kiefer («Renn, wenn du kannst») ist Anna Huber
Mark Waschke («Unter dir die Stadt») ist Jan Geissler

Kritik


Die Zutaten für einen guten Krimi-Film sind bekannt: Einen spannenden Fall, interessante Nebengeschichten und das Wecken des Hobbydetektiv-Instinkts beim Zuschauer. In «Kommissarin Lucas: Spurlos» wurde dieses Rezept beherzigt und ansprechend umgesetzt. Das ist vor allem Regisseur Thomas Berger zu verdanken, der zum neunten Mal für eine Folge der Krimi-Serie «Kommissarin Lucas» verantwortlich zeichnet und auch als Drehbuchautor gleichermaßen fungierte. Mit der Episode «Spurlos» gelang es ihm nicht nur eine Thematik, die an die Entführung von Natascha Kampusch erinnert, anzusprechen, sondern auch seine Zuschauer auf falsche Fährten zu bringen. Letzteres sorgt für den Nervenkitzel und die Spannung, die die zwölfte Folge der Krimi-Reihe zum Erfolg werden lassen. Zu der hartnäckigen Spurensuche des Ermittlerteams und den zahlreichen Verhören, die mal zum Erfolg, mal zum Rückschlag führen, hat Thomas Berger ein paar Nebenhandlungen installiert, die einen zusätzlichen Anreiz bieten. Geschichten werden gekonnt parallel erzählt, während die fortlaufende Handlung nicht unterbrochen wird. Im Blickpunkt der Erzählungen steht auch die Skizzierung der Kommissarin Lucas in ihrer Entwicklung.

Der erste Teil von «Kommissarin Lucas: Spurlos» beginnt bereits mysteriös. Ein junges Mädchen auf dem Weg zu einer Bushaltestelle mitten auf dem Land. Vorbei an den späteren Zeugen. Ein Bus hält auf der Gegenseite, versperrt die Sicht eines Bauers, der plötzlich Hilfe-Rufe vernimmt. Der Bus fährt, das Mädchen ist weg. Vielleicht die beste Sequenz des Films schon am Anfang, denn die Kamerabilder von Gunnar Fuß schaffen es hier schon Spannung aufzubauen. Der Zuschauer möchte nun wissen, was mit dem Mädchen geschehen ist. In seiner Inszenierung dieser Krimi-Folge lässt Regisseur Thomas Berger sein Publikum aber erst einmal im Dunkeln tappen. Ulrike Kriener als Kommissarin Lucas verabschiedet in der nächsten Szene Rike, gespielt von Anke Engelke. Sie will pilgern. Man mag denken, dass nun ein «Ladykracher»-Sketch folgt. Ganz falsch ist das nicht, denn eine Prise Humor bringt Anke Engelke bei ihrem Auftritt - es ist der achte - mit.

Doch dann wird Kommissarin Lucas zu einem Fall gerufen. Nächster Spielort ist eine Bankfiliale, in der sich der verschuldete Unternehmer Jan Geissler eingeschlossen und Geiseln genommen hat. Während der Verhandlungen mit dem Geiselnehmer spricht Kommissarin Lucas mit ihrem Ehemann über private Probleme. Die junge Polizistin Julia Brandl überwältigt den Geiselnehmer entgegen der Anweisung ihrer Chefin Lucas gewaltsam. Später beginnt bekanntlich auch die Suche nach dem verschollenen Mädchen. Diese gelungenen ersten 20 Minuten der Krimi-Folge zeigen bereits deutlich in welche Richtung es gehen wird: Mehrere Handlungen, die gleichzeitig, teilweise sogar in einander verschachtelt, behandelt werden. Im Mittelteil folgen die diversen Verhöre, die aufwendige Spurensuche wie auch die Charakterzeichnung der Kommissarin, die in dem schwer anmutenden Fall Größe zeigt. Ulrike Kriener spielt mit Bravour und auch ihre jungen Kollegen Inez Björg David und Florian Stetter stehen ihr in nichts nach. Ihre Rollen wurden richtig besetzt, authentisch wirken die Schauspieler auf den Zuschauer sowieso.

Raffiniert wird an machen Stellen das Publikum auch hinters Licht geführt, obwohl der Kidnapper des jungen Mädchen später in einige Sequenzen sehr früh bereits zu sehen ist. Denn die Verdächtigen in den Verhören sind keineswegs Figuren, die in Krimis üblich als Täter offenbart werden. Ein Kommunalpolitiker, eine eifersüchtige Frau und ein seine Tochter zu sehr liebender Vater geraten ins Visier der Ermittler. Ein jeder mit Motiven oder fragwürdigen Albibis. So sind auch die Hobby-Detektive unter den Zuschauer gefragt und kommen auf ihre Kosten. Ein wenig störend ist in diesem Teil die Nebenhandlung rund um den Ehemann von Kommissarin Lucas, dem sie einen Rückfall zu seinen Alkoholproblemen vorwirft. Die einzige der vielen parallel erzählten Geschichten, die nicht so recht in das Gefüge passen will. Doch letztlich gelingt es eine runde Story zu erzählen. Da auch die schon zu Beginn aufgebaute Spannung gehalten werden kann und nur leicht abflaut, steht einem fulminanten Finale nichts mehr entgegen. Da dieses von dem Zeitpunkt an, wo der Täter erstmals ersichtlich ist, eine satte halbe Stunde dauert, werden noch mal alle Register gezogen, um auch Spannung bis zum Schluss zu garantieren. Wer meint, dass die Lüftung des Täter-Geheimnisses wie üblich in Krimi-Filmen der Geschichte den Wind aus den Segel nimmt, wird bei «Kommissarin Lucas» eines Besseren belehrt. Hier geht die Spannungskurve eher noch ein stückweit nach oben. Vielleicht auch deshalb weil die Thematik um das entführte Mädchen an die Geschichte um Natascha Kampusch erinnert. Am Schluss steht ein actionreicher Krimi, der eine vielschichtige Handlung vorzuweisen hat. «Kommissarin Lucas» lebt von einem guten Drehbuch mit Tiefgang, das nahezu perfekt umgesetzt wurde.

Das ZDF zeigt «Kommissarin Lucas: Spurlos» am Samstag, den 01. Mai 2010 um 20.15 Uhr.

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