Person der Woche

Das entscheidende Blatt des Charlie Sheen

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Der Gehaltspoker ist beendet, die Zukunft der zweieinhalb Buben gesichert. Ein abschließender Kommentar.

Kein Aprilscherz: Vor rund sieben Wochen, am Nachmittag des medial stets mit Vergnügen beherzigten ersten Aprils 2010, hatten Anhänger der bemerkenswert erfolgreichen Sitcom «Two and a Half Men» wenig zu lachen. Hauptdarsteller Charlie Sheen, der seit nunmehr sieben Jahren den lasterhaften Protagonisten Charlie Harper porträtiert, machte deutlich, seinen Vertrag für die beliebte Serie nicht verlängern zu wollen. Einerseits konnte man diese überraschende Gesinnung den turbulenten Vormonaten zuzuschreiben. Von besinnlicher Weinachtszeit konnte in den ausklingenden Tagen des Jahres 2009 bekanntlich keine Rede sein, wurde der 44-Jährige doch auf Grund häuslicher Gewalt von Beamten festgenommen. Angeblich sei Sheen gegenüber seiner Gattin Brooke Mueller tätlich geworden, die daraufhin die Polizei alarmierte. Nachdem seine Kaution gestellt und ein Gerichtsverfahren für den Februar festgesetzt wurde, dementierte der Mime diese Vorwürfe strikt.

Was die Branchenbeobachter an einem familiären Motiv zweifeln ließ, waren die zahllosen Trümpfe in Sheens Händen. Das amerikanische Network CBS, das «Two and a Half Men» den sicheren Stand am Montagabend zu verdanken hat, honorierte den durchschlagenden Erfolg bereits vor einem Jahr mit zwei weiteren Staffeln. Nicht gerechnet hatte man offensichtlich mit Sheen, der weiterhin die Möglichkeit besaß, seinen Vertrag zu lösen. Es mag beharrliche Stimmen geben, die den beiden anderen Hauptdarstellern Jon Cryer und Angus T. Jones denselben Status einräumen, den Sheen inne hat. Tatsache ist, dass sich die Sitcom überwiegend auf dessen früheren tugendlosen Lebenstil beruft und damit auch an Interesse gewinnt. Charme und Nutzen kann den Figuren Alan und Jake nicht abgesprochen werden, doch verschmerzbar wäre ihr Abschied trotz allem. Ohne Sheen und seine unmoralische Haltung, die Dialoge mit dem Bruder oder Neffen lediglich zu Vorlagen macht, könnte «Two and a Half Men» nicht funktionieren.

Das Problem für den Sender: Bei der verantwortlichen Produktionsschmiede Warner Bros. handelt es sich um einen nicht zugehörigen Konzern, der keinen Vorteil darin sähe, die Order zweier weiterer Staffeln ruhen zu lassen, auch insofern Sheen von Bord ginge. Die einzig vernünftige Option war also den Wünschen des Schauspielers zu entsprechen und ihm eine Gehaltserhöhung zu gewähren. Bisher verdiente Sheen etwa 850.000 Dollar mit einer Episode, womit er zum bestbezahlten Seriendarsteller Hollywoods avancierte. Die Vergütung seiner Kollegen ist deutlich geringer: Circa 450.000 sowie 200.000 Dollar erhalten Cryer bzw. Jones für ihr Spiel – oder treffender: Ihre Interaktion. Ganz im Gegensatz zu anderen Networks, konnte sich CBS mit den Ergebnissen des Jahres gänzlich zufrieden zeigen, weshalb der Ausgang des Gehaltspokers um Sheen neben den neuen Formaten für den Herbst als Highlight der Upfronts galt. Doch bereits zwei Tage vor diesen wurde offiziell, dass Sheen für zwei weitere Jahre «Two and a Half Men» unterschrieben habe und diesen freudig entgegen blicke. Sein aufgestocktes Einkommen beläuft sich nun auf etwa 900.000 US-Dollar.

Auch die teils ironische, teils bittere Seite der Ereignisse darf an dieser Stelle beleuchtet werden. Nur das Szenario müsste hierbei zwangsläufig ein anderes Ende erhalten: Ein gebrochener, aber fideler Charlie Sheen, dem vermutlich die Scheidung von Mueller bevorsteht und der nicht zum Set der Serie zurückkehrt. Einen Teil des Tages würde er künftig verschlafen, die restlichen Stunden mit Alkohol und Frauen verbringen. Von Zeit zu Zeit kämen seine Kinder zu Besuch, eine mürrische Reinigungskraft hielte das Hauswesen in Stand – alles in allem sehr gewöhnungsbedürftig. Die zweite Sicht desselben Standpunktes: Tom Cruise wäre höchstwahrscheinlich am nächsten Montagabend in Shorts und Hawaiihemd bei «Two and a Half Men» zu Gast. Fehlen würde dennoch etwas.

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