Die Kritiker

«Den Tagen mehr Leben»

von

Inhalt:


Ursprünglich sollte Anne und Norbert Bruckmanns Reise an die norwegische Küste besinnliche Gesundung der eingerosteten Beziehung mit sich bringen – zudem hegt Anne seit Jahrzehnten den Traum, die majestätischen Pottwale am Nordkap zu sehen. In Dänemark angekommen, trennen sich allerdings die Wege des Paares, da Norbert verkündet, den Urlaub mithilfe eines Luxus-Wohnmobils so schnell wie nur irgend möglich hinter sich zu bringen. Während der Gatte nach einem heftigen Streit also die Heimreise antritt, lernt Anne die Ärztin Katja kennen, bei der sie kurzerhand unterkommt. Auf diese Bekanntschaft folgt das Treffen mit dem Meeresbiologen Konrad, der sich augenblicklich in Anne verliebt.

Durch Konrad entdeckt Anne neue Seiten an der eigenen Persönlichkeit und versteht auch, dass ihre Ehe mit Norbert keine Zukunft hat. Dieser sorgt sich inzwischen um seine Frau - gemeinsam mit der Tochter Sonja, die ihren eigenen Problemen nur zu gerne entflieht. Doch der überraschende Besuch ihrer Familie in Dänemark missfällt Anne, die zunehmend Gefühle für den schwer kranken Konrad entwickelt.

Darsteller:


Thekla Carola Wied («Ich heirate eine Familie») ist Anne Bruckmann
Manfred Zapatka («Kriminaldauerdienst») ist Norbert Bruckmann
Peter Haber («Crashpoint») ist Konrad Hansen
Dörte Lyssewski («Contergan») ist Katja Engel
Esther Zimmering («Der Liebe entgegen») ist Sonja Bruckmann
Peggy Lukac («Die Frau vom Checkpoint Charlie») ist Dorothee Wieland

Kritik:


Man sollte meinen, ein Film mit solch simpler Story wie «Den Tagen mehr Leben» sie hat, könne schlicht nicht auf derart vielen Ebenen enttäuschen. Ein Ehepaar, das seit nunmehr 40 Jahren aneinander gebunden ist, scheint sich gänzlich zu entzweien. Während in einem Partner neue Leidenschaft geweckt wird, entdeckt der andere die vergessen geglaubten Gefühle wieder. Das neue Herzblatt von Partner eins leidet, - wie könnte es anders sein -, an Krebs und hat nicht mehr lange zu leben, weshalb das Grundmotiv auch weiterhin die Frage bleibt, ob das ursprüngliche Paar wieder zu sich findet oder nicht. Regisseur Jan Ruzicka («Der letzte Tanz»), der «Den Tagen mehr Leben» nach einem Drehbuch von Heidrun Arnold iszenierte, vermochte es nicht, wirkendes Mittel gegen die fehlende Chemie der Darsteller zu finden. Vorsätzlich ruhige Pseudo-Verfolgungsjagden mit dem Auto, die ganz nebenbei die malerische Landschaft offenbaren und sich gefühlte Stunden hinziehen, täuschen nicht über die vorhersehbaren Schwachstellen des Skriptes hinweg.

Zu Beginn scheint alles noch im grünen Bereich. Zu verdanken hat man dies dem großartigen Manfred Zapatka, der in drei Staffeln «Kriminaldauerdienst» als Hauptkommissar Jan Haroska den Rest der Besetzung mit seiner faszinierend fieberhaften an die Wand spielte. Der 67-Jährige porträtiert Norbert, Annes engstirnigen Ehemann. Bis dieser entnervt abreist, glaubt man noch an Besserung. Doch mit der auf sich alleingestellten Anne setzt die frustrierende Temperamentlosigkeit ein. Zwei Frauen weinen zurselben Zeit auf benachbarten Parkbanken – das muss Schicksal sein. Anne kommt bei Katja unter, dargestellt von Dörte Lyssewki, die man vermutlich zuerst an ihrer Stimme erkennt. Lyssewki synchronisierte Cate Blanchett in «Der Herr der Ringe»-Trilogie in ihrer Rolle der Galadriel. In «Den Tagen mehr Leben» hat sie verständlich wenig zu tun, dreht sich doch bereits kurz nach ihrem Treffen alles um Anne und die Zuneigung des Meeresbiologen Konrad. Das hölzerne Spiel Peter Habers trägt zur ohnehin belächelbaren Situation bei. Liebe auf den ersten Blick war vermutlich noch nie so unglaubwürdig – bereits im Rahmen des zweiten Treffens spricht der gute Mann von einer ominösen Anziehungskraft, die am Zuschauer unbemerkt vorbei gezogen sein muss.

In dem Augenblick, der die Enthüllung über Konrads Gesundheit mit sich bringt, geht jegliche Spannung verloren. Noch zuvor war von Zeit zu Zeit der besorgte Norbert mit Tochter Sonja zu sehen und es wurde deutlich gemacht, dass die beiden Anne nun aufsuchen würden, um alles wieder ins Lot zu bringen. Ebenfalls deutlich: Konrad sind nur noch wenige Minuten gegönnt, die Zukunft des Ehepaars Bruckmann steht wieder im Mittelpunkt. Leicht bergauf geht es nachdem beide Handlungsstränge wieder zusammen finden, doch auch anschließend werden nur fadenscheinige und vorhersehbare Dialogzeilen ausgetauscht. Nur allzubekannte Aspekte, wie etwa der wütende Ehemann, dessen Duell mit seinem Kontrahenten auf Grund der Krankheit im Endstadium leider ausfallen muss, sorgen für Langeweile. Den Höhepunkt erreicht man mit einer in die schiere Unendlichkeit gestreckten Sequenz, in deren Rahmen Norbert seiner Frau durch ganz Dänemark folgt. Untermalt mit dem Score des Filmes fahren die beiden konsequent weiter, das Publikum versinkt in der mutmaßlich verarbeiteten Szenerie. Wie große Teile des Filmes könnte man diesen schlicht überspringen und das Gesamtbild dennoch ohne Weiteres verstehen – was zweifellos nicht für das Werk spricht. «Den Tagen mehr Leben» versagt beim alleinigen Durchboxen der gesteckten Ziele – geglückte Filmarbeit sieht anders aus.

Das Erste zeigt «Den Tagen mehr Leben» am 4. Juni 2010, um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/42357
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